Leitsatz (amtlich)
Bei einem auf einem Kleidungsstück abgedruckten Zeichen oder einer Zeichenkombination, die dem angesprochenen Verkehr als "Botschaft nach außen" entgegentritt, liegt nahe, dass der angesprochene Verkehr in den Zeichen lediglich ein Gestaltungsmittel und keinen Herkunftshinweis sieht.
Im Verhältnis zwischen Mitbewerbern kann eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung, die nach den von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätzen einen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellt, auch den Tatbestand der unlauteren Mitbewerberbehinderung gemäß § 4 Nr. 4 UWG erfüllen. Für die Prüfung der Unlauterkeit der durch eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung ausgelösten Betriebsstörung sind im Ausgangspunkt dieselben Maßstäbe wie bei der Beurteilung der Rechtswidrigkeit des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb anzulegen.
Auch die von einem Mitbewerber veranlasste Sperrung eines in die Internethandelsplattform eBay eingestellten Angebotes kann je nach den Umständen des Einzelfalles den Tatbestand einer unlauteren Mitbewerberbehinderung gemäß § 4 Nr. 4 UWG erfüllen.
Eine unberechtigte Verwarnung oder Anzeige der Verletzung eines Schutzrechtes verstößt nicht erst dann gegen § 4 Nr. 4 UWG, wenn der Verwarner von ihrer mangelnden Berechtigung weiß. Es genügt vielmehr, dass der Verwarner Anlass hatte, die Voraussetzungen der von ihm behaupteten Schutzrechtsverletzung kritisch zu prüfen und sich - etwa durch die Einholung fachkundigen Rechtsrates - nähere Kenntnis von der Sach- und Rechtslage zu verschaffen und eine solche Prüfung unterblieben ist.
Die bei der Bestimmung des Gebührenstreitwertes gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG zu beachtende Identitätsformel ist dann nicht anzuwenden, wenn mit Klage und Widerklage Teilansprüche aus demselben Rechtsverhältnis geltend gemacht werden, die sich zwar wechselseitig ausschließen, aber dennoch zu einer wirtschaftlichen Werthäufung führen.
Normenkette
GKG § 45 Abs. 1 S. 3; MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 1; UWG § 4 Nr. 4
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 07.11.2019; Aktenzeichen 91 O 114/18) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das am 7. November 2019 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin, Kammer für Handelssachen, - 91 O 114/18 - bei einem Streitwert von 140.000,00 EUR durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
A. Die Parteien vertreiben u.a. mit Aufdrucken versehene Textilien im Fernabsatzhandel, wobei sie ihre Produkte auch über Internethandelsplattformen wie eBay und Amazon anbieten. Zugunsten der Klägerin sind bei dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) seit dem 26. September 2016 zur Registernummer: 302016221967 die Wort-/Bildmarke mit dem Wortbestandteil "QUEEN 01" und seit dem 8. August 2016 zur Registernummer: 302016218701 die Wortmarke "KING01" eingetragen, und zwar jeweils unter anderem in der Nizza-Klasse 25 für Bekleidungsstücke. Darüber hinaus verfügt die Beklagte über eine seit dem 15. August 2018 bei dem Europäischen Amt für Geistiges Eigentum (EUIPO) zur Registernummer: 017944400 ebenfalls unter anderem für Bekleidung eingetragene Wortmarke "Queen01".
Im April 2018 bot die Klägerin über die Internethandelsplattform eBay unter anderem Kapuzenpullover ("Hoodies") für Partner/Pärchen an, bei denen auf dem Rückenteil der Aufdruck "QUEEN 01" bzw. "KING 01" angebracht war. Die Artikelüberschrift zu diesem Angebot lautete wie folgt: "Partner Pärchen Herren + Damen Hoodies Modell 'KING 01 & QUEEN 01' in GOLD". Wegen der Einzelheiten wird auf den als Anlage K8 vorgelegten Screenshot Bezug genommen. Dieses Angebot wurde von eBay auf Veranlassung der Beklagten hin am 13. April 2018 als markenrechtsverletzend gelöscht. In der diesbezüglich an die Klägerin gerichteten E-Mail-Nachricht heißt es:
"Ihr Angebot wurde entfernt, da uns der Rechtsinhaber mitgeteilt hat, dass Ihr Artikel seine Markenrechte verletzt. Wenden Sie sich bitte an den Rechtsinhaber um zu erfahren, warum er die Entfernung Ihres Angebotes verlangt hat und ob Sie den Artikel wiedereinstellen dürfen. [...]
Beachten Sie bitte, dass Ihr eBay-Konto bei weiteren Verstößen gesperrt werden kann. Wir haben volles Verständnis dafür, dass Sie diese Situation möglicherweise beunruhigend finden. [...]
Der Rechteinhaber (...) oder ein von ihm beauftragter Vertreter hat eBay darüber informiert, dass durch Ihr Angebot seine/ihre immateriellen Rechte, wie Urheber-, Marken- oder sonstige gewerbliche Schutzrechte verletzt werden. Wenn Rechteinhaber eBay auf eine Verletzung derartiger Rechte hinweisen, sind wir unter Einhaltung bestimmter Kriterien gehalten, das betreffende Angebot zu entfernen.
Falls Sie Fragen zu diesem Verstoß haben, wenden Sie sich bitte direkt an den Rechteinhaber (...)"
Wegen der weiteren Einzelheiten der an die Klägerin gerichteten Nachricht wird auf die als Anlage K 7 zu den Akten gereichte E-Mail vom 13. April 2018 Bezug genommen.
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 21. August...