Leitsatz (amtlich)
Dem Hersteller können Ansprüche wegen eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aufgrund einer gegen einen seiner Abnehmer ausgesprochenen unberechtigten Schutzrechtsverwarnung nur dann zustehen, wenn auch er selbst nach der der Verwarnung zugrunde gelegten Rechtsauffassung als Verletzer erscheint. Bei unberechtigten Verwarnungen, die nur Angebote seiner Abnehmer betreffen, stehen dem Hersteller auch dann keine Ansprüche gegen den Verwarnenden zu, wenn er die vermeintliche Schutzrechtsverletzung verursacht hat.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1, § 1004
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 33 O 19313/16) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Landgerichts München I vom 26.09.2017, berichtigt durch Beschluss vom 13.11.2017, aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
III. Dieses Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung wegen einer kennzeichenrechtlichen Abmahnung einer ihrer Abnehmerinnen in Anspruch.
Die Klägerin ist eine deutsche Bekleidungsherstellerin. Sie vertreibt ihre Bekleidungsstücke über eigene Läden, über sog. "Shop-In-Shops" sowie über das Internet. Sie ist Inhaberin der Bekleidungs-Produktmarke "EUREX" und tritt im Verkehr zumeist unter ihrer Unternehmensmarke "BRAX" auf. Die Produkte der Klägerin werden auch von verschiedenen gewerblichen Abnehmern der Klägerin eigenständig und eigenverantwortlich angeboten und vertrieben.
Die Beklagte stellt Bekleidungsstücke her und vertreibt diese. Sie ist Inhaberin der am 27.09.1991 für "Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" eingetragenen deutschen Wortmarke "SAM" (vgl. Registerauszug, Anlage K 9).
Die Klägerin verkaufte an die D. AG Hosen der Marke EUREX (bzw. EUREX BY BRAX), welche durch die D. AG im Internet mit der in der Produktbeschreibung enthaltenen Angabe "Modell: Sam" wie aus der auszugsweise eingelichteten Anlage K 2 (im Tenor des landgerichtlichen Urteils vollständig eingelichtet) ersichtlich angeboten wurden.
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Die Klägerin hat den Modellnamen "Sam" im Rahmen der Belieferung der D. AG verwendet. Die streitgegenständlichen Online-Angebote wurden durch die D. AG erstellt.
Die Beklagte mahnte die D. AG mit Schreiben vom 25.03.2015 (Anlage K 1, im Tenor des landgerichtlichen Urteils vollständig eingelichtet) wegen der Angebote unter der Bezeichnung "Modell: Sam" ab. Die D. AG gab keine Unterlassungserklärung ab. Auf Klage der hiesigen Beklagten wurde die D. AG durch Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 12.05.2016, Az. 2-03 O 318/15 (Anlage B 2) zur Unterlassung des Angebots von Bekleidungsstücken unter den Bezeichnung "Modell: SAM", wenn dies geschieht wie aus den dortigen Angeboten, die mit den streitgegenständlichen Angeboten identisch sind, ersichtlich, verurteilt. Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. hat die Berufung mit Urteil vom 26.10.2017 (GRUR-RR 2018, 102) zurückgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision der Beklagten durch Urteil vom 07.03.2019 (GRUR 2019, 522 - SAM) das Urteil das OLG Frankfurt a.M. aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses hat durch Urteil vom 01.10.2019, Az. 6 U 111/16 (Anlage K 106) die Klage abgewiesen.
Die Klägerin hatte die Bezeichnung SAM im Jahr 2014 im Rahmen eines Angebots in ihrem Internetshop in der Form genutzt, dass sie eine Hose unter der Bezeichnung
SAM 340 - HERRENJEANS FIVE POCKET IN BLUE STONE
angeboten hat. Auf eine Berechtigungsanfrage der Klägerin hin (vgl. Anlage B 23) hat sie die Bezeichnung "SAM" in ihrem Internetshop gelöscht (vgl. Anlage B 24).
Die Beklagte hatte auch bereits vor der streitgegenständlichen Abmahnung die D. AG wegen der Verwendung der Bezeichnung "SAM" in Anspruch genommen. So wurde der D. AG durch Beschluss des OLG Frankfurt a. M. vom 23.04.2013, Az. 6 W 41/13 (Anlage B 3) im Wege der einstweiligen Verfügung verboten, Bekleidung unter der Bezeichnung "BOGNER JACKE SAM SCHWARZ" anzubieten, wenn dies wie in der dortigen in Bezug genommenen konkreten Verletzungsform geschieht. Die D. AG hat die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung akzeptiert.
Eine von der Klägerin gegen die Beklagte erhobene Klage auf Feststellung, dass der Beklagten kein Anspruch gegen die D. AG zustehe, dass diese es zu unterlassen habe, unter der Bezeichnung Sam Bekleidungsstücke zum Kauf anzubieten hat, der Senat als unzulässig angesehen (Senat, Urteil vom 12.10.2017, Az. 29 U 3823/16).
Die Klägerin trägt vor, es sei seit Jahrzehnten in der Bekleidungsbranche üblich und gängige Praxis, dass zur Benennung der Modelle innerhalb einer Kollektion eines Herstellers Vorn...