Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 07.02.2017; Aktenzeichen 35 O 471/16)

 

Nachgehend

KG Berlin (Beschluss vom 08.08.2017; Aktenzeichen 23 U 25/17)

 

Tenor

In dem Rechtsstreit ... weist der Senat darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg und die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch gemäß §§ 812 I 1, 818 II BGB auf Rückgewähr des an diese gezahlten Betrages von 22.090,45 EUR.

 

Gründe

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Ausübung des reklamierten Rücktrittsrechts abweichend von § 11 Nr. 4 des Kaufvertrages (im Folgenden: KV) in Anlehnung an § 12 VII FlErwV a.F. durch Forderung einer Verkehrswertnachzahlung ohne den Kaufvertrag ergänzende notarielle Beurkundung "als milderes Mittel" ersetzt werden konnte. Denn die Klägerin will ihre Zahlung nur wegen des vermeintlichen Fehlens eines Rücktrittsgrundes zurückfordern.

Die Klägerin verkennt bereits, dass die Beklagte von Anfang an ein Rücktrittsrecht ausschließlich gemäß § 11 Nr. 2 lit. d KV reklamiert hat. Ihre, der Klägerin, Ausführungen zu einem solchen gemäß § 11 Nr. 2 lit. b KV sind daher von vornherein nicht einschlägig.

Entgegen der Ansicht der Klägerin liegt der Rücktrittgrund gemäß § 11 Nr. 2 lit. d KV vor. Die Klägerin hat, indem sie einen Teil der erworbenen Grundstücke zu einem festen Zins verpachtet hat, die Selbstbewirtschaftung im Sinne des § 2 I FlErwV aufgegeben.

Eine Selbstbewirtschaftung gemäß § 2 I 4 FlErwV liegt insbesondere vor, wenn dem Erwerber das wirtschaftliche Ergebnis des landwirtschaftlichen Betriebes unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht und er die für die Führung des Betriebes wesentlichen Entscheidungen selbst trifft. In der Praxis wird daher der Erwerber nur dann die Voraussetzung einer Selbstbewirtschaftung erfüllen können, wenn er nicht die Flächen zwecks Bewirtschaftung an einen anderen Betrieb verpachtet; eine Ausnahme von dieser Regelung besteht dann, wenn zwischen Erwerber und Pächter ein Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen wurde (Reese in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, § 2 FlErwV, Rn. 4). Verpachtet der Erwerber an einen anderen Landwirt, verstößt er gegen das Prinzip der Selbstbewirtschaftung nach § 2 I 4 FlErwV (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 18. Februar 2010 - 5 U 106/08 -, juris Rn. 93); grundsätzlich ist die Privatisierungsstelle in diesen Fällen nach § 12 I FlErwV zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt (Reese, a.a.O., § 12 FlErwV, Rn. 23).

Der Klägerin gereicht das wirtschaftliche Ergebnis nicht mehr unmittelbar zum Vorteil. Denn sie trägt das Risiko des wirtschaftlichen Ergebnisses der verpachteten Flächen nicht mehr, da sie unabhängig von dem wirtschaftlichen Ergebnis einen festen Zins erhält. Auch trifft sie hinsichtlich der verpachteten Flächen nicht mehr die für die Bewirtschaftung wesentlichen Entscheidungen.

Anders als die Klägerin meint, setzt der Rücktrittsgrund gemäß § 11 Nr. 2 lit. d KV nicht voraus, dass von der Aufgabe der Selbstbewirtschaftung ein mindestens wesentlicher Teil der erworbenen Flächen betroffen ist. Dies ergibt sich bereits aus einem Vergleich des Wortlauts der Abrede mit der von der Klägerin irrig für einschlägig gehaltenen Regelung in § 11 Nr. 2 lit. b KV. Die Klägerin kann sich für ihre Ansicht auch nicht auf die Kommentierung von Reese, a.a.O., § 3 AusglLeistG, Rn. 99 berufen. Diese Fundstelle befasst sich mit der für eine Selbstbewirtschaftung notwendigen Übernahme des finanziellen Betriebsrisikos und wirft lediglich die Frage auf, ob der Erwerber darüber hinaus auch die Betriebsführung vollumfänglich innehaben muss.

§ 11 Nr. 2 lit. d KV setzt andererseits nicht voraus, dass die Selbstbewirtschaftung aller erworbenen Flächen aufgegeben worden sein muss. Die für alle Gründe eingeräumte Berechtigung der Beklagten, ganz oder teilweise von dem Vertrag zurückzutreten, verlöre in der zweiten Alternative sonst ihren Sinn. Zudem wäre bei einer solchen Betrachtungsweise der Subventionszweck nicht gewahrt. Mit dem Erfordernis der Selbstbewirtschaftung soll verhindert werden, dass die Flächen als reine Kapitalanlage oder zu Spekulationsflächen missbraucht werden (Meixner in Rädler/Raupach/Bezzenberger, Vermögen in der ehemaligen DDR, § 3 AusglLeistG, Rn. 25; BGH, Urteil vom 04. Mai 2007 - V ZR 162/06 -, juris Rn. 40).

Ohne Erfolg beruft die Klägerin sich schließlich auf die Entscheidung des Kammergerichts, Urt. v. 21. Dezember 2016 - 28 U 7/15 -. Gegenstand jenes Verfahrens waren Vertragsbestimmungen, die nach Ansicht des 28. Zivilsenats den Erwerber in seinem Recht, mit dem Eigentum nach Belieben zu verfahren...

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