Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 02.06.2004; Aktenzeichen (503) 83 Js 587/03 (45/03)) |
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 29.10.2002; Aktenzeichen 351 Gs 4675/02) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Angeschuldigten werden der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 2. Juni 2004 und der Haftbefehl des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 29. Oktober -2002 - 351 Gs 4675/02 -aufgehoben.
Die Kosten der weiteren Beschwerde werden der Landeskasse Berlin auferlegt.
Gründe
Mit der Anklageschrift vom 11. Dezember 2003 legt die Staatsanwaltschaft dem Angeschuldigten eine Wertpapierfälschung (§§ 14 6 Abs. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 2, 151 Nr. 3, 52 StGB) zur Last. Dem Angeschuldigten wird vorgeworfen, von einer unbekannten Person eine nicht bekannte Anzahl gefälschter Anteilszertifikate des Anlagefonds INTER-RENTA der Fondgesellschaft XY mit dem Ziel übernommen zu haben, die Zertifikate als Sicherheit für Darlehen einzusetzen. Von den übernommenen Zertifikaten soll er wenige Tage vor dem 22. Februar 1999 insgesamt 3.405 Stück mit einem vorgeblichen Kurswert von 11.794.170,90 DM einem Dritten übergeben haben, damit diese als Sicherheit für Darlehen in Millionenhöhe eingesetzt werden. Für den Fall der Eröffnung des Hauptverfahrens hat die mit der Sache befasste Strafkammer einen Beginn der Hauptverhandlung im Oktober 2004 in Aussicht gestellt.
Der Beschwerdeführer verbüßt derzeit in der Justizvollzugsanstalt Moabit aus dem Urteil des Landgerichts Berlin vom 30. Juli 2003 - (534) 83 Js 527/02 KLs (47/02) - eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten. Das Strafende ist auf den 31. Mai 2006 notiert. In der vorliegenden Sache hat das Amtsgericht Tiergarten in Berlin gegen ihn am 11. Januar 2001 - 352 Gs 180/01 - einen Haftbefehl erlassen, der neben einem weiteren - inzwischen aufgehobenen - Haftbefehl zur internationalen Fahndung ausgeschrieben wurde. Der Beschwerdeführer wurde am 16. April 2001 auf den Flughafen in Malaga/Spanien festgenommen. Er befand sich bis zu seiner Überführung nach Deutschland am 10. September 2002 in Auslieferungshaft, zuletzt in der Haftanstalt Madrid-Valdemoro.
Den Haftbefehl vom 11. Januar 2001 hat das Amtsgericht Tiergarten am 29. Oktober 2002 - 351 Gs 4675/02 - durch den angefochtenen Haftbefehl ersetzt. Er hat die Wertpapierfälschung aus der hiesigen Anklageschrift und darüber hinaus vier Fälle des (versuchten) Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung zum Inhalt und ist auf den Haftgrund der Fluchtgefahr gestützt.
Der Vorwurf des (versuchten) Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in vier Fällen wurde am 13. Februar 2003 abgetrennt; insoweit wurde der Haftbefehl vom 29. Oktober 2002 durch den Haftbefehl des Landgerichts Berlin vom 14. Mai 2003 (522 - 23/03) ersetzt, für den seither eine Überhaftnotierung besteht. Der Beschwerdeführer wurde in dem abgetrennten Verfahren vom Landgericht Berlin am 14. Juni 2004 - (522) 83 Js 31/03 KLs (23/03) - wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung in drei Fällen und wegen versuchten gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts Berlin vom 30. Juli 2003 - (534) 83 Js 527/02 KLs (47/02) - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt, über die noch nicht entschieden wurde.
Gegen den Haftbefehl vom 29. Oktober 2002 hat der Angeschuldigte mit Schriftsatz seiner Verteidigerin vom 11. Mai 2004 Beschwerde mit dem Ziel eingelegt, den Haftbefehl aufzuheben. Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss die Beschwerde des Angeschuldigten gegen den Haftbefehl verworfen. Dessen weitere Beschwerde ist nach § 310 Abs. 1 StPO zulässig.
Der Beschwerde kann der Erfolg auch nicht versagt werden. Zwar geht der Senat gleichfalls davon aus, dass der Angeschuldigte der ihm vorgeworfenen . Straftat dringend verdächtig ist und Haftgrund der Fluchtgefahr nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO besteht. Gleichwohl kann der Haftbefehl aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht aufrecht erhalten bleiben. Das aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG und Art. 5- Abs. 3 Satz 1 MRK folgende Beschleunigungsgebot (vgl. BVerfG StV 1992, 121, 122; Meyer-Goßner, StPO 47. 'Aufl., § 121 Rdn. 1 m. weit. Nachw.) gilt auch dann, wenn der Haftbefehl nicht vollzogen wird, weil sich der Beschwerdeführer in anderer Sache in Strafhaft befindet und daher für das anhängige Verfahren nur Überhaft notiert ist (vgl. OLG Stuttgart NStZ-RR 2003, 29; OLG Karlsruhe StV 2002, 317; OLG Bremen StV 2000, 35; OLG Brandenburg, StV 1999, 161; OLG Frankfurt/Main StV 1994, 665; OLG Düsseldorf StV 1991, 474; KG StV 2002, 554).
Die Sachbehandlung der Strafkammer ist mit dem Beschleunigungsgebot jedoch nicht mehr in Einklang zu bringen. Sie hat noch immer nicht über die Eröffnung des Hauptverfahrens entschieden, obwohl seit Erhebung und Zustellung der Ankla...