Leitsatz (amtlich)
Die für das Revisionsverfahren vorgesehene Verfahrensgebühr wird nicht schon dadurch ausgelöst, dass der Verteidiger der Revision - vor Abgabe der Revisionsbegründung - der Staatsanwaltschaft mit einem Schriftsatz entgegentritt, in dem er allein darauf hinweist, die Urteilsgründe hielten rechtlicher Nachprüfung stand und die Verwerfung des Rechtsmittels beantragt.
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 09.08.2005; Aktenzeichen (538) 34 Js 4651/01 KLs (3/05)) |
Tenor
Die Beschwerde des Rechtsanwalts H., gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 9. August 2005 wird verworfen.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Der Beschwerdeführer hat aufgrund gerichtlicher Bestellung den ehemaligen Angeklagten verteidigt. Dessen Verurteilung durch das Landgericht Berlin zu einer deutlich hinter dem Antrag des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft zurückbleibenden Gesamtfreiheitsstrafe ist inzwischen dadurch rechtskräftig geworden, dass die Staatsanwaltschaft ihre zunächst eingelegte Revision zurückgenommen hat, ohne sie noch begründet zu haben. Der Revision, von der der Beschwerdeführer durch einen auf der zugestellten Urteilsurkunde angebrachten Hinweis erfahren hat, ist der Beschwerdeführer vor der Zurücknahme sogleich noch mit einem Schriftsatz entgegengetreten, mit dem er mit der Begründung, die Urteilsgründe hielten rechtlicher Nachprüfung stand, die Verwerfung des Rechtsmittels beantragt hat. Dieses Tätigwerden im Revisionsverfahren will er vergütet sehen.
Seinen Antrag, die für den gerichtlich bestellten Verteidiger nach Nr. 4130 des Vergütungsverzeichnisses Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG vorgesehene Verfahrensgebühr für das Revisionsverfahren in Höhe von 412,00 Euro zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer festzusetzen, insgesamt demnach 477,92 Euro, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Landgerichts als des Gerichts des ersten Rechtszuges mit Beschluss vom 11. Juli 2005 zurückgewiesen. Durch den angefochtenen Beschluss hat das Landgericht durch den Vorsitzenden der verurteilenden Strafkammer die Erinnerung des Verteidigers als unbegründet verworfen. Auch seine zulässige befristete Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Dem Beschwerdeführer ist die beantragte Vergütung zu Recht versagt geblieben. Die Einreichung des Schriftsatzes mit dem Antrag, die Revision der Staatsanwaltschaft zu verwerfen, stellt keine den erhobenen Vergütungsanspruch auslösende Tätigkeit im Revisionsverfahren außerhalb der Hauptverhandlung dar. Als solche ist nur sinnvolles prozessuales Handeln anzuerkennen. Der Schritt des Beschwerdeführers war aber eine vorauseilende Reaktion, die zu der Zeit offensichtlich überflüssig und nicht geeignet war, das Revisionsverfahren zu fördern oder in irgendeiner Weise zu beeinflussen.
Gesetzlich ist die Anhörung des Gegners des Rechtsmittelführers erst später vorgesehen, nämlich nach § 347 Abs. 1 StPO erst dann, wenn bei wie hier rechtzeitiger Revision auch die Revisionsanträge rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form angebracht sind, wozu es hier gar nicht mehr gekommen ist. Erst in diesem Verfahrensstadium verfügt der Verteidiger über die Möglichkeit, sich sinnvoll auf das weitere Verfahren und die relevanten Rechtsprobleme einzustellen, weil ihm erst die Revisionsrechtfertigung Umfang und Zielrichtung des gegnerischen Rechtsmittels aufzeigt. Zudem lag hier nahe, dass es sich um ein nur vorsorglich eingelegtes Rechtsmittel handelte, dessen weitere Durchführung davon abhing, ob das gegenüber dem Antrag des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft deutlich mildere Strafmaß in den Urteilsgründen tragfähig oder angreifbar begründet werden würde. Tatsächlich ist denn auch, als die Urteilsgründe vorlagen, die Revision nicht begründet, sondern sie zwei Wochen nach dem Tag der Urteilszustellung zurückgenommen worden, was erkennbar auf eigene Prüfung der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels durch die Revisionsführerin zurückging, zumal der vorauseilende Erwiderungsschriftsatz insofern schon gar nicht geeignet war, Einfluss auszuüben, als er sich nur auf die pauschale Angabe beschränkt hatte, die Urteilsgründe hielten rechtlicher Nachprüfung stand. Die Akten lassen überdies nicht einmal erkennen, dass der Schriftsatz des Verteidigers überhaupt der Staatsanwaltschaft zur Kenntnis gelangt ist.
Der Senat knüpft mit dieser rechtlichen Bewertung des erhobenen Vergütungsanspruchs an die Rechtsauffassung an, die das Oberlandesgericht Düsseldorf unter der Geltung des früheren Vergütungsrechts nach der BRAGO für die vergleichbare prozessuale Situation vertreten hat (JurBüro 1998, 424). Gleichermaßen sah der Senat sich außerstande, sich der abweichenden Auffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart (DAR 1984, 86, 87) anzuschließen.
Auch soweit der Beschwerdeführer mit seinem Rechtsmittel geltend macht, es sei zumindest die Verfahrensgebühr für die Anfertigung oder Unterzeichnung einer Schrift zur Erklärung auf die von dem Staatsanwalt eingelegte Revisi...