Entscheidungsstichwort (Thema)
Inhalt der Zweckbestimmung "Laden"; Überschreitung des zulässigen Gebrauchs durch Nutzung als "Begegnungsstätte"
Leitsatz (amtlich)
1. Die Bezeichnung von Räumlichkeiten als "Laden" in einer Teilungserklärung bedeutet nicht, dass die Räume uneingeschränkt gewerblich genutzt werden dürfen, sondern enthält für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter des Inhalts, dass sich der einzelne Erwerber von Wohnungseigentum oder Teileigentum jedenfalls darauf verlassen kann, dass keine gewerbliche Nutzung zugelassen wird, die mehr als ein Laden stört oder sonst beeinträchtigt.
2. Nach allgemeinem Sprachgebrauch wird unter einem Laden eine Verkaufsstätte zum Vertrieb von Waren an jedermann verstanden.
3. Die Zweckbestimmung als "Laden" steht einer Nutzung der betreffenden Räumlichkeiten als "Begegnungsstätte für Menschen" entgegen, wenn bei einer typisierenden Betrachtungsweise davon auszugehen ist, dass die von der Begegnungsstätte ausgehenden Geräuschemissionen die anderen Wohnungseigentümer in stärkerem Maße beeinträchtigen, als dies bei einer Ladennutzung der Fall wäre.
Normenkette
WEG § 15 Abs. 1, 3; BGB § 1004 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 29.08.2006; Aktenzeichen 85 T 433/05 WEG) |
AG Berlin-Wedding (Aktenzeichen 70 II 144/05) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat die Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten dritter Instanz wird nicht angeordnet.
Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die nach §§ 27, 29 FGG, § 45 WEG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist unbegründet. Der angefochtene Beschluss des LG beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, § 27 Abs. 1 Satz 1 FGG.
1. Der Antragsteller zu 2. ist befugt, den den einzelnen Wohnungseigentümern zustehenden Unterlassungsanspruch im Wege der gewillkürten Verfahrensstandschaft geltend zu machen.
Es ist anerkannt, dass der Verwalter Ansprüche der Wohnungseigentümer auch im eigenen Namen, also in Verfahrensstandschaft, gerichtlich geltend machen kann. Voraussetzung dafür ist eine entsprechende Ermächtigung durch die Wohnungseigentümer (§ 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG), die in der Gemeinschaftsordnung oder im Verwaltervertrag enthalten sein, sich aber auch aus einem Eigentümerbeschluss ergeben kann (BayObLG v. 10.10.1996 - 2Z BR 76/96, BayObLGReport 1997, 10 = ZMR 1997, 42, Rz. 12 nach juris). Die Ermächtigung kann auch in der Teilungserklärung, welche nach § 8 Abs. 2 Satz 1, 5 Abs. 4 WEG Vereinbarungscharakter hat, enthalten sein (Merle in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl. 2003, § 44 Rdnr, 39). Weitere Voraussetzung der Zulässigkeit einer Verfahrensstandschaft ist, dass der Verfahrensstandschafter ein eigenes rechtsschutzwürdiges Interesse an der gerichtlichen Geltendmachung des fremden Rechts hat; für den Verwalter ergibt sich ein derartiges Interesse bereits aus der Pflicht, die ihm übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen (Merle, a.a.O.). Vorliegend hat das LG zutreffend eine Ermächtigung des mit Beschluss 5/01 zu TOP 7 der Eigentümerversammlung vom 12.6.2001 (Anlage K 13 = Bl. 98 ff., dort Bl. 104 d.A.) für den Zeitraum vom 1.1.2002 bis 31.12.2006 zum Verwalter bestellten Antragstellers zu 2. aus § 15 Ziff. 2. f. der der Teilungserklärung angeschlossenen Gemeinschaftsordnung (Anlage K 2 = Bl. 11 ff., dort Bl. 37 d.A.) - wonach der Verwalter u.a. bevollmächtigt ist, Ansprüche gerichtlich gegen Wohnungseigentümer im eigenen Namen geltend zu machen, sofern nicht ein gegenteiliger Beschluss der Wohnungseigentümer im Einzelfall gefasst wird - und aus dem Mehrheitsbeschluss zu TOP 6 der Eigentümerversammlung vom 10.3.2005 (Bl. 49 d.A.) - mit welchem die Miteigentümer den Verwalter beauftragt haben, alle notwendigen, gegebenenfalls auch gerichtlichen Schritte einzuleiten, um die Nutzung der Einheit des Antragsgegners auf eine mit der Gemeinschaftsordnung übereinstimmende Form zurückzuführen - hergeleitet. Zutreffend hat das LG den Antragsteller auch für befugt gehalten, einen Rechtsanwalt mit der Durchführung des gerichtlichen Verfahrens zu beauftragen (vgl. Merle, a.a.O., § 27 Rz. 156).
Für die Entscheidung unerheblich ist der Umstand, dass während des drittinstanzlichen Verfahrens die Verwalterbestellung des Antragstellers zu 2. geendet hat und keine Neubestellung mitgeteilt worden ist. Denn die dem Antragsteller zu 2. in seiner Eigenschaft als Verwalter durch die Gemeinschaftsordnung und zusätzlich durch einen den konkreten Streitgegenstand betreffenden Eigentümerbeschluss erteilte Ermächtigung, Ansprüche der Wohnungseigentümer im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen, ist dahin auszulegen, dass sie nicht von selbst mit dem Verwalteramt endet, sondern, im Rahmen der Pflicht des Antragstellers zu 2. zur Abwicklung des beendeten Verwalterverhältnisses, erst mit dem Abschluss anhängiger Verfahren oder durch einen - für das vorliegende Verfa...