Entscheidungsstichwort (Thema)
unselbständige Anschließung; kein Mehrheitsbeschluß über Strafanzeige. Wohnungseigentumssache
Leitsatz (amtlich)
1. Nach Ablauf der Anfechtungs- oder Beschwerdefrist kann ein Wohnungseigentümer nicht im Wege der Anschließung die Ungültigkeit eines Eigentümerbeschlusses geltend machen. Der nicht angefochtene Eigentümerbeschluß wird bestandskräftig.
2. Regelmäßig besteht kein Bedürfnis für die Wohnungseigentümergemeinschaft, mehrheitlich zu beschließen, daß eine Strafanzeige gestellt werde. Ein dahingehender Eigentümerbeschluß ist auf Anfechtung hin für ungültig zu erklären.
Normenkette
WEG § 23 Abs. 4, § 43
Beteiligte
weitere Beteiligte zu 2. – 13., 17. und 18. wie aus dem Beschluß des Landgerichts Berlin vom 8. Juni 1990 – 150/191 T 15/88 – ersichtlich |
Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Aktenzeichen 70 II 83/86) |
LG Berlin (Aktenzeichen 150/191 T 15/88 (WEG)) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller in zu 1. wird zurückgewiesen und ihr Anschlußrechtsmittel als unzulässig verworfen. Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 14. (C.) und 16. (H. S.) wird zurückgewiesen.
Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 15. (E.) wird der angefochtene Beschluß teilweise aufgehoben und auf ihre Erstbeschwerde der Beschluß des Amtsgerichts Tiergarten vom 6. Januar 1988 – 70 II 83/86 – teilweise dahin geändert, daß die Anfechtungsanträge der Antragstellerin zu 1. hinsichtlich der Eigentümerbeschlüsse vom 8. Dezember 1986 zu den Tagesordnungspunkten 9, 10, 11, 15, 18, 19 und 20 zurückgewiesen werden, hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 18 und 20 mit der Maßgabe, daß die betreffenden Sonderumlagen nur 5.919,45 DM bzw. 65.000,– DM betragen. Hinsichtlich der Eigentümerbeschlüsse vom 8. Dezember 1986 zu den Tagesordnungspunkten 21, 22, 25 und 26 wird die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 15. zurückgewiesen.
Zu den Tagesordnungspunkten 2 Abs. 2 sowie 5, 8 und 29, ferner zu den Kosten bleibt eine Entscheidung des Senats vorbehalten.
Gründe
A. Rechtsmittel der Antragstellerin
I. Tagesordnungspunkte 17 und 23
Die gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässige sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin ist sachlich nicht gerechtfertigt, weil der angefochtene Beschluß rechtsfehlerfrei ist,
Die am 8. Dezember 1986 zu TOP 17 beschlossene Erhöhung der Instandhaltungsrücklage auf 65.000,– DM wegen der starken Sanierungsbedürftigkeit der Wohnanlage hat das Landgericht ohne Rechtsirrtum als von den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung gedeckt angesehen. Entgegen der Rechtsauffassung der Rechtsbeschwerde sind größere Umlagen nicht nur in bezug auf konkrete Reparaturen zulässig. Im Rahmen ihres weiten Ermessens kann die Eigentümergemeinschaft bei ersichtlichem Bedarf eine starke Anhebung der Rücklage beschließen.
Rechtlich einwandfrei hat der angefochtene Beschluß die am 8. Dezember 1986 unter TOP 23 erteilte Ermächtigung der Beteiligten zu 18. für gültig angesehen, für die Dauer ihrer Verwaltung im Namen der Wohnungseigentümer Ansprüche gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen. Ungeachtet der Namensnennung bezieht sich der Eigentümerbeschluß auf den jeweiligen Verwalter. Daß die Beteiligte zu 18. später abberufen wurde, macht den Eigentümerbeschluß zu TOP 23 nicht nachträglich fehlerhaft. Gegen die Ermöglichung der Prozeßstandschaft bestehen regelmäßig keine Bedenken, zumal der Verwalter gegenüber der Eigentümergemeinschaft seine Maßnahmen rechtlich zu verantworten hat.
II. Tagesordnungspunkte 3 und 12
Gegen die Zurückweisung ihrer Anfechtungsanträge zu den Tagesordnungspunkten 3 und 12 hat die Antragstellerin nicht innerhalb der seit dem 9. Juli 1990 laufenden Rechtsmittelfrist sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Erst mit dem am 18. August 1990 eingegangenen Anwaltsschriftsatz hat die Antragsteller in insoweit unselbständige sofortige weitere Beschwerde erhoben. Eine derartige Rechtsmittelanschließung ist im Beschlußanfechtungsverfahren unzulässig.
Regelmäßig ist zwar in Verfahren nach § 43 WEG auch die unselbständige weitere Anschlußbeschwerde unbefristet zulässig (BGHZ 71, 314; BGHZ 95, 118 = NJW 1985, 2717). In diesen von dem Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen ging es um Wohngeldansprüche. Für Beschlußanfechtungsverfahren ergibt sich aus deren Eigenart aber etwas anderes. Die Monatsfrist des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG dient als Ausschlußfrist der Rechtssicherheit (vgl. BGHZ 54, 65 = NJW 1970, 1316). Sie kann dieser Aufgabe nur gerecht werden, wenn der Richter in seiner Entscheidungsbefugnis entsprechend § 308 ZPO auf die innerhalb der Antragsfrist gestellten Sachanträge beschränkt ist (vgl. BayObLG NJW 1974, 1910). Ob und inwieweit ein Beschluß der Wohnungseigentümer angefochten wird, ist Sache der Beteiligten, nicht des Gerichts. Der gestellte Sachantrag setzt daher dem Beschlußanfechtungsverfahren in Wohnungseigentumssachen Grenzen. Die Anfechtung eines Beschlusses zu einem Tagesordnungspunkt eröffnet nicht die Möglichkeit der Anfechtung anderer in der Versammlun...