Normenkette
PflVG § 3 Nr. 3 S. 3
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 17 O 4/04) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.
Gründe
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat folgt den im Wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung, die sich überwiegend in der Wiederholung der bereits erstinstanzlich von der Beklagten vorgetragenen Argumente erschöpft, nicht entkräftet worden sind.
A. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Verjährung durch das Schreiben vom 16.11.1998 nicht gem. § 208 BGB a.F. unterbrochen worden. Die Verjährung wird gem. § 208 BGB unterbrochen, wenn der Verpflichtete den Anspruch dem Berechtigten ggü. anerkennt. Ein solches Anerkenntnis erfordert keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung; vielmehr genügt jedes Verhalten dem Gläubiger gegenüber, aus dem sich das Bewusstsein des Schuldners vom Bestehen des Anspruchs unzweideutig ergibt. Ob ein Anerkenntnis im Einzelfall vorliegt, hängt von den Umständen ab und bedarf tatrichterlicher Würdigung. (BGH NJW 1985, 2945 [2947]).
Im Streitfall ist dem vorgenannten Schreiben der Beklagten aber gerade nicht unzweideutig deren Bewusstsein vom Bestehen des Anspruchs zu entnehmen. Vielmehr wird in diesem Schreiben die Frage, ob der Anspruch besteht oder nicht, von der Beklagten offen gelassen, ihre Beantwortung bis zum Abschluss des von ihrem Versicherungsnehmer eingeleiteten Rechtsstreites aufgeschoben.
Dass die Beklagte sich in diesem Schreiben ggü. dem Kläger bereit erklärt, seine "Ansprüche analog dem rechtskräftigen Urteil im zivilrechtlichen Verfahren zu regulieren", ändert hieran nichts. Die Beklagte hält sich hiermit auch die Option offen, die Regulierung der Ansprüche des Klägers (für den Fall des Obsiegens ihres Versicherungsnehmers) vollständig abzulehnen. Dies ist mit einem Verhalten, aus dem sich für den Kläger unzweideutig das Bewusstsein der Beklagten vom Bestehen des Anspruchs ergibt, nicht vereinbar.
B. Zu Recht ist das LG davon ausgegangen, dass die Anspruchshemmung nicht gem. § 3 Nr. 3 S. 3 PflVG durch den Eingang des Schreibens vom 16.11.1998 bei dem Kläger beendet worden ist. Dieses Schreiben stellt keine schriftliche Entscheidung im Sinne dieser Vorschrift dar.
1. Zwar ist grundsätzlich anerkannt, dass auch eine positive Entscheidung des Versicherers eine schriftliche Entscheidung im Sinne der zitierten Norm darstellen kann.
Auch hängt die Wertung, ob eine Erklärung des Versicherers den insoweit maßgeblichen Anforderungen genügt, wesentlich von der Würdigung der Umstände des Einzelfalles ab (BGH, Urt. v. 5.12.1995 - VI ZR 50/95, MDR 1996, 259 = VersR 1996, 369).
Jedoch kann die Verjährungshemmung nur dann ihr Ende finden, wenn dem Geschädigten durch die Erklärung zweifelsfrei Klarheit über die Haltung des Haftpflichtversicherers des Schädigers ggü. seinen Forderungen als Grundlage für die sachgerechte Durchsetzung seiner Ansprüche verschafft wird (vgl. grundlegend BGH, Urt. v. 30.4.1991 - VI ZR 229/90, MDR 1991, 947 = NJW 1991, 1954; Urt. v. 5.12.1995 - VI ZR 50/95, MDR 1996, 259 = VersR 1996, 369 = NJW-RR 1996, 474; KG, Urt. v. 29.3.1999 - 12 U 8899/97, VM 1999, 92 Nr. 94; Urt. v. 27.2.2006 - 12 U 262/04).
Dem Inhalt des Schreibens muss der Charakter einer erschöpfend, eindeutig und endgültig den Schadensersatzanspruch im Hinblick auf das Interesse des Gläubigers an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit bejahenden schriftlichen Erklärung zukommen. (BGH, Urt. v. 5.12.1995 - VI ZR 50/95, MDR 1996, 259 = VersR 1996, 369; Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 3 Nr. 3 PfIVG Rz. 7). Der mit § 3 Nr. 3 S. 3 PflVG verfolgte Schutzzweck ist erst dann erfüllt, wenn für den Geschädigten klar ist, ob der Versicherer die angemeldeten Schadensersatzansprüche umfassend zu befriedigen bereit ist oder nicht.
2. Diese Voraussetzungen erfüllt das Schreiben der Beklagten vom 16.11.1998 nach Auffassung des Gerichts nicht.
Dabei ist für die Frage, ob die schriftliche Erklärung eine Entscheidung i.S.d. § 3 Nr. 3 S. 3 PfIVG darstellt auf die Umstände des Einzelfalls, insb. auch das Verfahren und die Konkretisierung der Schadensanmeldung abzustellen (BGH, Urt. v. 30.4.1991 - VI ZR 229/90, MDR 1991, 947 = NJW 1991, 1954).
a) Entgegen der Ansicht des LG fehlt es schon an einer eindeutigen schriftlichen Entscheidung zur Haftungsfrage dem Grunde nach.
Das Schreiben lässt nämlich offen, ob und wenn ja in welcher Höhe die Beklagte für den Schaden des Klägers der Höhe nach einstehen will. Die Erklärung, die Ansprüche des Klägers analog dem (im Zeitpunkt des Zugangs des Schreibens noch nicht vorliegenden) "rechtskräftigen Urteil im zivilrechtlichen Verfahren" regulieren zu wollen, enthält keine erschöpfende, eindeutige und endgültige Entscheidung zum Haftungsgrund.
Es stand nämlich seinerzeit noch gar nicht fest, ob...