Leitsatz (amtlich)
1. Die Löschung einer Eintragung im Handelsregister nach § 395 FamFG kommt nur dann in Betracht, wenn ihre Unzulässigkeit nach Überprüfung aller hierfür maßgebenden Umstände ohne vernünftigen Zweifel zu bejahen ist.
2. Wird in einer Beschwerdeentscheidung festgestellt, das Amtsgericht ein Löschungsverfahren einzuleiten hat, kann dies auch dann zu einer Bindungswirkung nach § 69 Abs. 1 Satz 4 FamFG, wenn der Tenor keine Zurückverweisung enthält.
3. Wird eine GmbH 1955 in das Handelsregister C (Register der volkseigenen Wirtschaft beim Magistrat von Groß Berlin) ohne die hierfür notwendige Anweisung und ohne Hinweis darauf eingetragen, dass es sich nicht um einen volkseigenen, sondern einen sog. organisationseigenen Betrieb handeln soll, und werden 1990 dem Handelsregister durch die letzten Vertretungsorgane des Betriebs die Angaben nach § 15 Abs. 2 THG zur Eintragung des Betriebs als GmbH im Aufbau von Amts wegen mitgeteilt, spricht dies gegen eine Unzulässigkeit dieser Eintragung.
Normenkette
FamFG § 395; THG § 11 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 84 HRB 35991 B) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 4) wird der Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 24. Juli 2014 aufgehoben. Das Verfahren auf Löschung des Vermerks in Spalte 6 unter lit. b) nach § 395 FamFG wird eingestellt.
Von der Erhebung von Gerichtskosten wird für das gesamte Verfahren abgesehen.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 10.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1) ist seit dem 29. November 1990 in das Handelsregister Abteilung B des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragen. Die Eintragung unter der lfd. Nr. 1 enthält in Spalte 6 unter lit. b) den Hinweis, dass die Gesellschaft nach dem Treuhandgesetz durch die Umwandlung des A... V... Berlin und Weimar entstanden ist. Am 1. September 2008 ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beteiligten zu 1) eröffnet und der Beteiligte zu 5) zum Insolvenzverwalter bestellt worden.
Ein zu dem Umwandlungsvermerk korrespondierender Vermerk findet sich als letzte Eintragung des Registers der volkseigenen Wirtschaft Abteilung C der Nummer 538 für den dort eingetragenen A... V... Berlin und Weimar. Dieser ist nach der Eintragung Nr. 8 in Spalte 6 des Handelsregister B des Amtsgerichts Berlin-Mitte zu HRB 4001 (vorher Amtsgericht Charlottenburg HRB 86 Nz, nun Amtsgericht Charlottenburg HRB 4001 Ost) vom 19. April 1955 aus der am 16. August 1945 gegründeten A... V... Gesellschaft mit beschränkter Haftung (im folgenden A... V... GmbH alt) entstanden, die mit Eintragung des Vermerks auch im Register B gelöscht worden ist.
Im April 2010 regten der Beteiligte zu 2) und die Beteiligte zu 3) an, den Umwandlungsvermerk im hiesigen Register zu löschen. Der Beteiligte zu 2) hatte zunächst alle Anteile an der Beteiligten zu 1) mit notarieller Urkunde vom 18. September 1991 (Bl. 5ff. Bd. I des Hauptbandes zu HRB 4001 Ost) von der Beteiligten zu 4), die damals noch unter der Bezeichnung Treuhandanstalt handelte, erworben, diese aber dann alle mit notarieller Urkunde vom 27. September 1991 (Bl. 19ff. Bd. I des Hauptbandes zu HRB 4001 Ost) weiterveräußert, davon 75% der Anteile an die Beteiligte zu 3), deren Gesellschafter er ist. Am 6. August 1992 ist die Fortsetzung der Gesellschaft, eine Neufestsetzung des Stammkapitals und Feststellung eines Gesellschaftsvertrages eingetragen und der Zusatz "im Aufbau" gelöscht worden. Die Beteiligten zu 2) und 3) sind der Auffassung, der Umwandlungsvermerk sei fehlerhaft, weil der Verlag kein Volkseigentum gewesen sei, sondern auch während der DDR-Zeit im Eigentum des früheren Alleingesellschafters, des K ... . gestanden habe. Durch die Maßnahmen nach § 19 THG sei es deshalb unabhängig von dem Weiterbestehen des A... V... GmbH alt vielmehr zu einer Neugründung gekommen. Die Durchführung dieser Anregung lehnte das Amtsgericht Charlottenburg mit einem Beschluss vom 4. Oktober 2011 ab. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) und der Beteiligten zu 3) hob das Kammergericht diese Entscheidung zum Az.: 12 W 32/12 mit einem Beschluss vom 16. Dezember 2013 auf. Die Eintragung der Beteiligten zu 1) als GmbH im Aufbau sei fehlerhaft, weil der A... V... Berlin und Weimar ein sogenannter organisationseigener Betrieb gewesen sei und nicht im Volkseigentum gestanden habe. Dies stünde aufgrund eines Zivilprozesses, der vor dem Landgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 18. November 2005, 2-27 O 238/04) und dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 17. August 2006, 16 U 175/05, juris; die Revision ist vom BGH, Beschluss vom 3. März 2008, II ZR 203/06, nach § 552a ZPO zurückgewiesen worden) fest, den der Beteiligte zu 2) gegen die Beteiligte zu 1) geführt hat und in dem festgestellt worden ist, dass die Beteiligte zu 1) nicht die Rechtsnachfolgerin der A... V... GmbH alt ist, sondern der Beteiligte zu 2). Hier bestünde aber auch eine Pflicht zur Löschung nach § 395 FamFG, weil angesichts der zahlreichen Prozesse...