Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 10.02.2005; Aktenzeichen H 11/70 Js 428/03 VRs - 501 Qs 7/05) |
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 21.06.2004; Aktenzeichen 270 Ds 403/04) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Rechtsanwältin G. R. aus Berlin gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 10. Februar 2005 wird verworfen.
Das Verfahren über die weitere Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Rechtsanwältin R. vertrat die Geschädigte I. in dem vorliegenden Verfahren anwaltlich aufgrund der Strafprozessvollmacht vom 24. Juli 2003. Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin ließ die Geschädigte mit Beschluss vom 21. Juni 2004 als Nebenklägerin zu (§ 395 Abs. 1 Nr. 1 c StPO) und bewilligte ihr durch Beschluss vom 24. August 2004 gemäß § 397 a Abs. 2 StPO Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin R. Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten am 25. August 2004 rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe mit Strafaussetzung zur Bewährung.
Mit ihrem Antrag vom 30. August 2004 begehrte Rechtsanwältin R., die ihr aus der Landeskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen nach §§ 2, 14,45 Abs. 1, 55 Abs. 1 Satz 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG), das gemäß Art. 8 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG) vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 850) als dessen Art. 3 (BGBl. I S. 788) am 1. Juli 2004 in Kraft getreten ist, in Höhe von 824,88 EUR festzusetzen. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Amtsgerichts setzte die Vergütung demgegenüber nach dem alten Recht (BRAGO) - rechnerisch richtig - auf 410,76 EUR fest. Die Erinnerung der Rechtsanwältin (§ 56 Abs. 1 Satz 1 RVG) verwarf das Amtsgericht durch Beschluss vom 16. Dezember 2004 als unbegründet. Das Landgericht Berlin verwarf die dagegen rechtzeitig erhobene befristete Beschwerde (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Sätze 1, 3 RVG) mit dem angefochtenen Beschluss (§ 33 Abs. 8 Satz 2 RVG) vom 10. Februar 2005. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache ließ die Strafkammer die weitere Beschwerde gemäß § 33 Abs. 6 Satz 1 RVG zu.
II.
Die zulässige (§ 33 Abs. 6 Satz 1 RVG), insbesondere gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 RVG in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Satz 3 und Abs. 6 Satz 4 RVG rechtzeitig erhobene weitere Beschwerde bleibt aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses erfolglos.
1.
Mit Recht hat das Landgericht den vorliegenden Fall der nach dem Stichtag (1. Juli 2004) erfolgten Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Hinzuziehung eines bereits zuvor mandatierten Rechtsanwalts (§ 397 a Abs. 2 StPO) abweichend von den Fällen beurteilt, in denen ein vormals als Wahlverteidiger tätiger Rechtsanwalt dem Angeklagten nach dem Stichtag gemäß § 141 Abs. 1 StPO zum Pflichtverteidiger bestellt worden ist.
a)
Betreffend die letztgenannte Konstellation hat der Senat in seinem Beschluss vom 11. Februar 2005 - 5 Ws 656/04 - (RVGreport 2005, 186) seine Rechtsprechung zu § 134 BRAGO für den Fall des § 61 Abs. 1 RVG nicht mehr aufrechterhalten und sich insoweit der - neuen - Rechtsprechung des 1. Strafsenats des Kammergerichts in dessen Beschluss vom 17. Januar 2005 - (1) 2 StE 10/03-2 (4/03) - (RVGreport 2005, 100), dem OLG Schleswig (NJW 2005, 234) sowie dem OLG Hamm (Beschluss vom 10. Januar 2005 - 2 (s) Sbd. VIII 267, 268 und 269/04 - veröffentlicht in www.burhoff.de/burhoff/rvginhalte/20.htm) angeschlossen. Danach bemisst sich in jenen Fällen die Pflichtverteidigervergütung nach dem neuen Gebührenrecht des RVG. Die Mandatsniederlegung ist die zwingende Voraussetzung für die Bestellung des vorher aufgrund eines Wahlmandates tätigen Rechtsanwalts zum Pflichtverteidiger nach § 141 Abs. 1 StPO, weil danach die Bestellung nur erfolgt, wenn der Beschuldigte noch keinen Verteidiger hat. Mit ihr endet das zivilrechtliche Auftrags- bzw. Geschäftsbesorgungsverhältnis (§ 675 BGB) des Rechtsanwalts und gibt einer öffentlich-rechtlichen Bestellung Raum, auf deren (alleiniger) Grundlage der Pflichtverteidiger arbeitet. Die gerichtliche Bestellung zum Verteidiger ist eine besondere Form der Indienstnahme Privater zu öffentlichen Zwecken (vgl. BVerfGE 39, 238, 241 = NJW 1975, 1015).
Die mit der Mandatsniederlegung und dem öffentlich-rechtlichen Bestellungsakt eintretende Änderung der Rechtsgrundlage des Verteidigungsverhältnisses rechtfertigt es, die Bestellung als maßgebliches Anknüpfungsmerkmal dafür anzusehen, ob altes oder neues Gebührenrecht anzuwenden ist.
b)
Eine solche oder vergleichbare Änderung des Rechtsgrundes der Tätigkeit des Rechtsanwalts ist mit dessen Beiordnung im Rahmen der Nebenklage nach § 397 a Abs. 2 StPO, der nicht auf § 141 StPO, sondern auf die Regeln der Prozesskostenhilfe der §§ 114 ff. ZPO verweist, nicht verbunden. Abweichend von der Pflichtverteidigerbestellung nach § 141 Abs. 1 StPO setzt die Beiordnung eines von dem Nebenkläger bereits beauftragten Rechtsanwalts im Zusammenhang mit der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 397 a Abs. 2 StPO gerade k...