Leitsatz (amtlich)

Eine Liquidation ist beendet und eine Eintragung nach § 74 GmbHG gerechtfertigt, wenn keine Abwicklungsmaßnahmen mehr erforderlich sind. Grundsätzlich ist dazu erforderlich, dass alle Pflichten gemäß §§ 70 - 73 GmbHG erfüllt sind. Hierzu gehört auch, dass die Gesellschaft durch eine entsprechende Bekanntmachung die Auflösung der Gesellschaft publik macht und zugleich die Gläubiger der Gesellschaft auffordert, sich bei ihr zu melden (§§ 65 Abs. 2, 73 Abs. 1 GmbHG).

 

Normenkette

GmbHG § 74

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Beschluss vom 02.02.2022; Aktenzeichen 81 HRB 196056)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 02. Februar 2022 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Beteiligte ist seit dem Jahr 2014 im Handelsregister B eingetragen, seit dem Jahr 2018 im Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg, nachdem sie ihren Sitz aus Freiburg dorthin verlegt hatte.

Am 07. Dezember 2018 stellte die Beteiligte einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Dieser Antrag wurde vom Insolvenzgericht mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse mit Beschluss vom 07. Februar 2019 rechtskräftig abgewiesen. Am 09. April 2019 wurde im Handelsregister eingetragen, dass die Gesellschaft aufgrund des § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbH-Gesetz aufgelöst sei. Am 24. Juli 2019 erfolgte die Eintragung, dass der bisherige Geschäftsführer, Herr E..., nunmehr Liquidator der Beteiligten sei.

Unter dem 09. Juli 2020 meldete der Liquidator in notariell beglaubigter Form zum Handelsregister an, dass die Liquidation der Gesellschaft beendet und die Firma erloschen sei. Die Veröffentlichung der Auflösung unter gleichzeitigem Gläubigeraufruf sei jedoch versehentlich unterblieben. Zudem gab er Versicherungen zum Vermögen der Beteiligten und zur Beendigung der Abwicklung der Geschäfte der Beteiligten ab. Unter dem 09. August 2021 erklärte der Liquidator in notariell beglaubigter Form ergänzend, dass die Beteiligte "wie bereits festgestellt vermögenslos" sei.

Auf Anfrage des Amtsgerichts erklärte das zuständige Finanzamt unter dem 16. Juli 2020, gegen eine Löschung der Beteiligten im Handelsregister bestünden Bedenken. Das Finanzamt beabsichtige, die noch ausstehende Veranlagung der Beteiligten "nach Abschluss einer derzeit stattfindenden Außenprüfung" durchzuführen. Wenn die Beteiligte im Handelsregister gelöscht würde, hätte dies zur Folge, dass Steuerbescheide nicht mehr an einen gesetzlichen Vertreter zugestellt werden könnten und dann ein Nachtragsliquidator bestellt werden müsse. Auf erneute Anfrage des Amtsgerichts erklärte das Finanzamt unter dem 11. August 2021, gegen die beabsichtigte Löschung bestünden immer noch Bedenken; zu "gegebener Zeit" würde das Amtsgericht "weitere Nachricht" erhalten.

Das Amtsgericht hat die Anmeldung mit Beschluss vom 02. Februar 2022 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ohne Zustimmung des Finanzamtes käme eine Löschung der Beteiligten im Handelsregister nicht in Betracht, denn ohne diese sei die Liquidation noch nicht beendet.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten vom 02. März 2022. Die Beteiligte ist der Ansicht, sie sei im Handelsregister zu löschen, da sich aus dem vom Insolvenzgericht im Eröffnungsverfahren eingeholten Gutachten des Sachverständigen ergebe, dass sie vermögenslos sei. Zudem hindere eine fehlende Zustimmung des Finanzamtes nicht die Löschung im Handelsregister.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist form- (vgl. § 64 Abs. 2 FamFG) und fristgerecht (vgl. § 63 Abs. 1 FamFG) eingelegt. Die nach § 59 Abs. 1 FamFG erforderliche Beschwer folgt aus der Tatsache, dass der Beteiligten die Eintragung der Löschung der Firma gemäß § 74 Abs. 1 GmbHG und demnach die Eintragung ihrer Löschung in das Handelsregister verwehrt wird. Auch der notwendige Beschwerdewert gemäß § 61 Abs. 1 FamFG von mehr als 600,00 EUR wird erreicht. Die sich aus der Nichteintragung der Löschung ergebende Beschwer führt bereits aufgrund der mit der fortbestehenden Registereintragung verbundenen Pflichten zum Übersteigen des Beschwerdewerts (vgl. Senat, Beschluss vom 10. September 2021 - 22 W 51/21 -, Rn. 11 f., juris).

2. In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg, da die Voraussetzungen der Löschung der Beteiligten im Handelsregister nicht vorliegen.

a) Gemäß § 74 Abs. 1 GmbHG ist das Erlöschen der Firma mit der Folge der Durchstreichung des gesamten Registerausdrucks vorzunehmen, wenn die Liquidation beendet, die Schlussrechnung gelegt ist und die Liquidatoren den Schluss der Liquidation zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet haben (vgl. Senat, Beschluss vom 23. Juli 2019 - 22 W 29/18 -, Rn. 10, juris).

b) Die Liquidation ist beendet, wenn keine Abwicklungsmaßnahmen mehr erforderlich sind. Grundsätzlich ist dazu erforderlich, dass alle Pflichten gemäß §§ 70 - 73...

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