Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 26.09.2002; Aktenzeichen 542 StVK 617/02 Vollz)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Leiters der Justizvollzugsanstalt Tegel gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 26. September 2002 wird verworfen.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die dem Gefangenen in diesem Rechtszug entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Landeskasse Berlin zur Last.

 

Gründe

Der Gefangene, der voraussichtlich bis zum 25. März 2003 Freiheitsstrafen zu verbüßen hat, stellte sich am 11. Dezember 2001 zum Strafantritt in der Justizvollzugsanstalt Hakenfelde. Er wurde dort im offenen Vollzug untergebracht und zum Freigang zugelassen. Seiner Arbeit ging er ohne Beanstandungen nach.

Am 08. Mai 2002 zeigte der Gefangene bei einer Fahrausweiskontrolle in der S-Bahn eine gefälschte Monatskarte Standard und eine weitere ebenfalls gefälschte Fahrkarte vor. Er wurde festgenommen und der Vollzugsanstalt Hakenfelde zugeführt. Nachdem das mit der Angelegenheit befaßte Bundesgrenzschutzamt der Anstalt fernmündlich mitgeteilt hatte, daß gegen den Gefangenen Strafanzeige wegen des Verdachts des Betruges, der Wertzeichenfälschung und des Erschleichens von Leistungen gestellt worden sei, ordnete der Anstaltsleiter noch am 08. Mai 2002 die Verlegung des Gefangenen in den geschlossenen Vollzug der Justizvollzugsanstalt Tegel an. Die Verlegung wurde unverzüglich durchgeführt.

Am 27. Juni 2002 beantragte der Gefangene seine Wiederzulassung zum offenen Vollzug. Er gab an, er habe die Monatskarte von einem Mitgefangenen in der Vollzugsanstalt Hakenfelde für 30 Euro erworben, aber keine Kenntnis davon gehabt, daß sie gefälscht gewesen sei. Zu den Umständen bei dem Erwerb der Karte benannte er vier Gefangene als Zeugen und wenige Tage später den inzwischen ebenfalls in der Justizvollzugsanstalt Tegel untergebrachten Gefangenen Schirrmeister als den angeblichen Verkäufer der Monatskarte. Mit Bescheid vom 11. Juli 2002 lehnte der Leiter der Justizvollzugsanstalt Tegel die Wiederzulassung des Gefangenen zum offenen Vollzug ab. Zur Begründung führte er aus, bis zum Abschluß des Ermittlungsverfahrens müsse befürchtet werden, daß der Gefangene die Möglichkeiten des offenen Vollzuges zu Straftaten mißbrauchen werde. Es bleibe dem Ermittlungsverfahren vorbehalten zu klären, ob sich der Gefangene strafbar gemacht habe. Eine erneute Prüfung der Eignung des Gefangenen für den offenen Vollzug werde erst nach dem Abschluß des Ermittlungsverfahrens erfolgen.

Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung begehrt der Gefangene, den Anstaltsleiter unter Aufhebung des Bescheides vom 11. Juli 2002 zu verpflichten, ihn in den offenen Vollzug zu verlegen. Hilfsweise hat er beantragt, den Anstaltsleiter zu verpflichten, über seinen - des Gefangenen - Antrag auf Verlegung in den offenen Vollzug unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Mit dem Beschluß vom 26. September 2002 hat die Strafvollstreckungskammer dem Hilfsantrag des Gefangenen stattgegeben. Sie hat bemängelt, daß der Anstaltsleiter es versäumt habe, die für die Entscheidung über die Wiederzulassung des Gefangenen zum offenen Vollzug erheblichen Tatsachen zu ermitteln. Der Anstaltsleiter habe sich zumindest Gewißheit darüber verschaffen müssen, in welchem Stand sich das gegen den Gefangenen eingeleitete Ermittlungsverfahren befindet und ob gegen den Gefangenen noch immer der hinreichend konkretisierte Verdacht einer Straftat besteht. Desgleichen sei der Anstaltsleiter verpflichtet gewesen, den von dem Gefangenen zu seiner Entlastung benannten, in der Justizvollzugsanstalt Tegel untergebrachten Zeugen Sch. zu vernehmen.

Der Anstaltsleiter beanstandet mit seiner Rechtsbeschwerde das Verfahren und rügt die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel erfüllt die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG. Der Senat hält klärende Ausführungen zu der Frage für geboten, wie weit die Aufklärungspflicht des Anstaltsleiters reicht, wenn er die Eignung eines Gefangenen für den offenen Vollzug verneinen will, weil gegen den Gefangenen ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts einer neuen Straftat eingeleitet worden ist. Das Rechtsmittel erweist sich aber im Ergebnis als unbegründet, wenngleich der Rechtsauffassung der Strafvollstreckungskammer nicht in vollem Umfang gefolgt werden kann.

I.

Die Verfahrensrüge, mit der der Anstaltsleiter beanstandet, daß die Strafvollstreckungskammer es unterlassen hat, den Zeugen Sch. zu vernehmen, ist nicht entsprechend den Anforderungen des § 118 Abs. 2 Satz 2 StVollzG ausgeführt und daher unzulässig. Die Rechtsbeschwerde teilt nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit mit, welche entscheidungserheblichen Tatsachen der Zeuge bei seiner Vernehmung bekundet hätte.

Die Rüge wäre aber auch unbegründet. Die Rechtsbeschwerde verkennt die Grenzen der Aufklärungspflicht der Strafvollstreckungskammer in Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz.

Hat die Vollzugsbehörde eine ihr...

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