Leitsatz (amtlich)
Die Vermietung von Wohnungseigentum eines Betreuungsvereins an Suchtkranke, die aus der Anstaltsunterbringung entlassen worden sind, kann sich im Rahmen zulässiger Wohnzwecke halten. Die Nutzung zweier Wohnungen in einem Reihenhaus mit acht Wohnungen durch Betreuungspersonen für die Suchtkranken beeinträchtigt die Wohnungseigentümer in daneben stehenden Reihenhäusern nicht stärker als eine Wohnnutzung.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 31.10.2003; Aktenzeichen 85 T 126/03 WEG) |
AG Berlin-Wedding (Aktenzeichen 70-II 132/02 WEG I) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen als Gesamtschuldner die Gerichtskosten dritter Instanz. Außergerichtliche Kosten dritter Instanz sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 19.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1) (Antragsteller), 2) (T.) und 4) (übrige Wohnungseigentümer) bildeten bei Verfahrenseinleitung die Eigentümergemeinschaft der Wohnanlage, die von der Beteiligten zu 3) verwaltet wird. Die Wohnanlage auf einem Eckgrundstück besteht aus 15 zumeist direkt aneinander gebauten Häusern mit eigenem Treppenaufgang und insgesamt 120 Wohneinheiten. Im Eigentum des Antragsgegners, einem Trägerverein für soziale Aufgaben, stehen die acht Wohnungen des Hauses Nr. 1 5, eines Reihenendhauses der mittleren, um die Straßenecke führenden Häuserreihe. In der Teilungserklärung v. 21.7.1998 ist in § 3 Abs. 1 bestimmt, dass die Nutzung der Einheiten nur zu Wohnzwecken gestattet ist. Gewerbe oder Beruf dürfen nur mit Zustimmung der Verwaltung ausgeübt werden. Diese Zustimmung ist stets widerruflich und darf nur aus wichtigem Grund verweigert werden. Als wichtiger Grund gilt insb., wenn die Ausübung eines Berufs oder Gewerbes eine unzumutbare Beeinträchtigung der anderen Wohnungseigentümer oder Hausbewohner befürchten lässt, wenn sie den Charakter des Hauses beeinträchtigt oder wenn gesetzliche Nutzungsbeschränkungen bestehen. In § 5 der Teilungserklärung werden für bestimmte Gemeinschaftsangelegenheiten Untergemeinschaften gebildet, die sich in Gebäude- und Aufgangsgemeinschaften unterteilen. Die Untergemeinschaften sollen in allen Angelegenheiten - soweit rechtlich zulässig - im Verhältnis zueinander so behandelt werden, als ob es sich um real geteilte Grundstücke handelt. Nach § 11 Ziff. 1 der Teilungserklärung gewährt jede Einheit eine Stimme.
Der Antragsgegner, ein eingetragener Verein, widmet sich der gesellschaftlichen Wiedereingliederung suchtkranker, physisch kranker sowie geistig behinderter Menschen. Als Satzungszweck ist ausgewiesen die Förderung von ambulanten, komplementären, rehabilitativen, teilstationären und stationären Projekten im Rahmen des regionalen und überregionalen Versorgungsauftrags für physisch Kranke und geistig Behinderte, insb. für Patienten einer Nervenklinik. Der Antragsgegner hat mit der teilenden Eigentümerin und Mehrheitseigentümerin einen Kaufvertrag über das Reihenendhaus mit acht Wohnungen an einem Treppenaufgang abgeschlossen, der ihn zum Rücktritt berechtigt, wenn eine Nutzung zu Vereinszwecken nicht möglich sein sollte.
Mit Schreiben der Verwaltung v. 15.1.2002 wurden die Beteiligten über den Verkauf des Hauses Nr. 15 informiert. In der Eigentümerversammlung v. 12.2.2002 wurden zu TOP 3 Erklärungen über die beabsichtigte Nutzung durch den Antragsgegner abgegeben. Mit Schreiben v. 15.2.2002 suchte der Antragsgegner bei der Verwaltung um Zustimmung zur Einrichtung von zwei Betreuerwohnungen in dem Haus Nr. 15 "für die Kontaktaufnahme, Begegnungsräume und für die Verrichtung von Bereitschaftsdiensten für die in den anderen Wohnungen dieses Hauses wohnenden Mieter" nach. Die Zustimmung wurde am 20.2.2002 erteilt.
Mit Anwaltsschreiben v. 20.3.2002 forderten die Antragsteller den Antragsgegner auf, die beabsichtigte Nutzung zu unterlassen. In der Eigentümerversammlung v. 2.5.2002 wurde u.a. - soweit es im Beschwerdeverfahren noch von Bedeutung ist - zu TOP 3 mehrheitlich der Beschlussantrag abgelehnt, mit dem die Zustimmung der Verwaltung zur Nutzung von zwei Wohnungen als Betreuerwohnungen widerrufen werden sollte. Die teilende Mehrheitseigentümerin hat bei diesem Beschluss mit 79 Stimmen gegen den Widerruf gestimmt, 22 Stimmen der übrigen Eigentümer waren dafür. Der Antragsgegner wurde mit seinen 8 Stimmen ausgeschlossen.
In der Eigentümerversammlung am 9.10.2002 wurde ein Misstrauensantrag gegen die Verwaltung mit den Stimmen der Mehrheitseigentümerin abgelehnt. Am 23.10.2002 wurde auf Veranlassung des Verwaltungsbeirats eine weitere Eigentümerversammlung abgehalten. Zu TOP 3 wurde ein Misstrauensantrag gegen die Verwaltung abgelehnt, zu TOP 4 die Beschränkung der Verwaltervollmacht, zu TOP 5 die Rückabwicklung des Kaufvertrages mit dem Antragsgegner, zu TOP 6 die Rücknahme der Zustimmungserklärung, zu TOP 8 die Abberufung der Verwaltung und zu TOP 9 die Neuwahl eines Verwaltungsbeirats. Diese Eigentümerbeschlüsse waren auch Gegenstand des erstinstan...