Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrenskosten aufgrund Verwalterverschuldens

 

Leitsatz (amtlich)

Leitet der Wohnungseigentumsverwalter ein gerichtliches Wohngeldverfahren gegen einen Wohnungseigentümer ein und teilt er dem Gericht im Verhandlungstermin nicht die sechs Wochen zuvor erfolgte Zahlung des Wohngelds mit und erklärt er auch nicht das Verfahren wegen des Wohngelds in der Hauptsache für erledigt, hat der Verwalter die vermeidbaren Mehrkosten des Weiteren Verfahrens zu tragen.

 

Normenkette

WEG § 47; BGB §§ 276, 675

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 10.05.2004; Aktenzeichen 85 T 162/03 WEG)

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 07.02.2003; Aktenzeichen 72-II 211/02 WEG)

 

Tenor

Unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und teilweiser Änderung des Beschlusses des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 7.2.2003 - 72-II 211/02 - werden auferlegt:

a) die Gerichtskosten erster Instanz den Antragsgegnernals Gesamtschuldnern auferlegt,

b) von den außergerichtlichen Kosten erster Instanz den Antragsgegnern als Gesamtschuldner die bis zum 23.12.2002 entstandenen Kosten sowie

c) die erstinstanzliche Verhandlungsgebühr nach dem Wert der Kosten zu a) und b) und

d) der Verwalterin persönlich die übrigen Kosten erster Instanz sowie die gesamten gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten zweiter und dritter Instanz.

Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 900 EUR festgesetzt. Für die Vorinstanzen verbleibt es bei der Festsetzung des LG.

 

Gründe

I. Antragsteller sind die Wohnungseigentümer der im Rubrum bezeichneten Wohnanlage mit Ausnahme der Antragsgegner, die unter Berufung auf strittige Gegenforderungen fällige Wohngelder für April bis November 2002 nicht zahlten und mit der Verwalterin eine Stundung der Wohngelder bis zum 30.11.2002 vereinbarten. Mit der Antragsschrift vom 28.11.2002, die den Antragsgegnern am 10.12.2002 zugestellt worden ist, haben die Antragsteller beantragt, die Antragsgegner als Gesamtschuldner zu verpflichten, an sie zu Händen der Verwaltung 2.358,85 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Am 20.12.2002 zahlten die Antragsgegner den geforderten Hauptbetrag. Die Antragsgegner behaupten, sie hätten durch ein Fax-Schreiben vom 20.12.2002 das Gericht über die Zahlung unterrichtet; das Fax-Schreiben ist zum damaligen Zeitpunkt nicht zu den Gerichtsakten gelangt. Auch die Verwalterin teilte die Zahlung dem Gericht nicht mit. Der von ihr beauftragte Verfahrensbevollmächtigte stellte in der mündlichen Verhandlung am 7.2.2003 den Zahlungsantrag aus der Antragsschrift. Das AG verpflichtete die Antragsgegner antragsgemäß zur Zahlung und zur Tragung der gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten. Auf die Erstbeschwerde der Antragsgegner erklärten die Antragsteller die Hauptsache für erledigt; die Antragsgegner schlossen sich dieser Erklärung an. Das LG hat den Antragsgegnern als Gesamtschuldnern die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten erster und zweiter Instanz auferlegt, weil die Antragsgegner den Erfüllungseinwand rechtzeitig hätten vortragen müssen, was sie nicht getan hätten. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner mit dem Ziel, dass sämtliche gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten den Antragstellern aufzuerlegen seien. Das Rechtsmittel hatte nur teilweise Erfolg.

II. Die sofortige weitere Beschwerde ist gem. § 20a Abs. 2 FGG zulässig. Das Rechtsmittel ist auch teilweise gerechtfertigt, weil die Kostenentscheidung des LG nicht in allen Punkten rechtsfehlerfrei (§ 27 Abs. 1 FGG) ist.

Zutreffend führt das LG aus, dass die Kostenentscheidung gem. § 47 WEG und in entsprechender Anwendung des § 91a Abs. 1 ZPO für die Kosten erster und zweiter Instanz unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu treffen ist. Bereits die Erstbeschwerde hätte aus Rechtsgründen teilweise Erfolg haben müssen.

Rechtlich einwandfrei führt das LG aus, dass die Berufung der Antragsgegner auf die bis zum 30.11.2002 mit der Verwalterin vereinbarte Stundung unerheblich ist, die Antragsschrift ist den Antragsgegner am 10.12.2002 zugestellt worden. Spätestens mit diesem Zeitpunkt waren die Antragsgegner im Zahlungsverzug, weshalb sie grundsätzlich die Gerichtskosten des Zahlungsverfahrens zu tragen und regelmäßig dem Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten haben. Der Zugang des Fax-Schreibens vom 20.12.2002 an das AG konnte nicht festgestellt werden; er ist erst in zweiter Instanz in das Verfahren eingeführt worden.

Aus Rechtsgründen zu beanstanden ist jedoch die Annahme des LG, es sei zunächst Sache der Antragsgegner, den Erfüllungseinwand vorzutragen, wohingegen es bei den Antragstellern nur darauf ankomme, ob sie die Zahlung rechtsmissbräuchlich verschwiegen haben. Dem LG ist nur darin zu folgen, dass die Feststellungslast für die Erfüllung bei den Antragsgegnern liegt, wenn die Erfüllung streitig ist. Ansonsten hat wie im Zivilprozess...

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