Leitsatz (amtlich)
1. Die Anordnung der Kostenerstattung im Falle der Rücknahme der Erstbeschwerde in Wohnungseigentumssachen ist geboten, wenn bereits das Betreiben des Verfahrens eine positive Vertragsverletzung darstellt.
2. Die Geltendmachung vermeintlicher, jedoch tatsächlich unbegründeter Ansprüche gegen den Verwalter stellt nicht an sich schon eine pVV dar, sondern erst dann, wenn weitere besondere Umstände hinzutreten. Hierzu zählt insb. die völlige Aussichtslosigkeit des eingelegten Rechtsmittels.
3. Eine Erstbeschwerde ist nicht bereits aussichtslos, wenn das AG den Antrag des Antragstellers mangels Verfahrensbefugnis zurückgewiesen hat. Abgesehen davon, dass die Verfahrensbefugnis bei Individualansprüchen gegen den Verwalter auch für einen einzelnen Wohnungseigentümer bestehen kann, kann die fehlende Verfahrensbefugnis auch nachträglich durch Ermächtigung geheilt werden (§ 56 Abs. 2 ZPO analog).
Normenkette
WEG § 47 S. 2
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 46/02 WEG) |
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 70 II 353/01 WEG) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten dritter Instanz werden der Antragsgegnerin auferlegt.
Außergerichtliche Kosten dritter Instanz sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 250 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller ist Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft der im Rubrum genannten Wohnanlage, die durch die Antragsgegnerin verwaltet wird. Die Antragsgegnerin hat einen Wohnungseigentümer mit der entgeltlichen Durchführung von Instandhaltungsarbeiten an der Wohnungseigentumsanlage beauftragt. Dieser Wohnungseigentümer nutzt zugleich den Heizungskeller für gewerbliche Zwecke. Der Antragsteller hat in erster Instanz beantragt, der Antragsgegnerin zu untersagen, den Wohnungseigentümer mit der entgeltlichen Durchführung von Instandhaltungsarbeiten zu beauftragen. Darüber hinaus hat er beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Wohnungseigentümer die Nutzung des Heizungskellers zu verbieten. Das AG hat mit Beschluss vom 11.1.2002 diese Anträge mit der Begründung zurückgewiesen, dass ihm die Verfahrensbefugnis fehle. Hiergegen hat der Antragsteller die sofortige Beschwerde aus Gründen der Fristwahrung eingelegt und im nachfolgenden Schriftsatz die Hauptsachenerledigung erklärt. Dieser Hauptsachenerledigung hat sich die Antragsgegnerin nicht angeschlossen. Das LG hat dem Antragsteller mit Schreiben vom 31.5.2002 mitgeteilt, dass die sofortige Beschwerde wegen Fehlens des Antragsrechts derzeit unbegründet sei, es dem Antragsteller jedoch unbenommen bleibe, seine Begehren auf einer Eigentümerversammlung als Beschlussantrag zu verfolgen. Daraufhin hat der Antragsteller die sofortige Beschwerde zurückgenommen. Das LG hat mit Beschluss vom 13.8.2002 dem Antragsteller die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt, eine Erstattung außergerichtlicher Kosten jedoch nicht angeordnet. Zur Begründung der Auferlegung der Gerichtskosten hat das LG ausgeführt, dass sich der Antragsteller mit der Rechtsmittelrücknahme in die Position des Unterlegenen begeben habe und mit seiner sofortigen Beschwerde aller Voraussicht nach unterlegen wäre. Dagegen bestehe kein Anlass, von dem in Wohnungseigentumssachen geltenden Grundsatz abzuweichen, wonach jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen habe. Dies folge vor allem daraus, dass der Antragsteller seine Beschwerde auf den gerichtlichen Hinweis vom 31.5.2002 aus eigener Entschließung zurückgenommen habe. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin, welche die Ablehnung der Kostenerstattung zweiter Instanz für ermessensfehlerhaft hält.
II. Die nach den §§ 20a, 27, 29 FGG, 45 WEG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist in der Sache nicht gerechtfertigt, weil die Ablehnung der zweitinstanzlichen Kostenerstattung durch das LG aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist.
Verfahrensgegenstand in dritter Instanz ist die vom LG nach § 47 S. 2 WEG getroffene Entscheidung über die Nichterstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin im Erstbeschwerdeverfahren. Auf die Entscheidung des AG bezieht sich die weitere sofortige Beschwerde nicht, weil durch die Rechtsmittelrücknahme der Beschluss des AG einschl. der darin enthaltenen Kostenentscheidung rechtskräftig geworden ist.
Da die weitere Beschwerde in Wohnungseigentumssachen generell nur auf eine Rechtsverletzung (§ 27 Abs. 1 und 2 FGG) gestützt werden kann, gilt dies auch für die Überprüfung der zweitinstanzlichen isolierten Kostenentscheidung. Bei der Rechtskontrolle von Ermessensentscheidungen hat die nächste Instanz nicht ihre Ermessensausübung an die Stelle der Entscheidung der Vorinstanz zu setzen, sondern lediglich zu prüfen, ob die rechtlichen Grenzen des Ermessens verletzt sind, die Kostenentscheidung also unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist. Sie kann die Kostenentscheidung nur daraufhin überprüfen, ob die Vorinstanz wesentliche Gesic...