Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 24.04.2012; Aktenzeichen (568) 275 Js 1806/11 Ns (29/12))

 

Tenor

1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin - kleine Jugendkammer - vom 24. April 2012 wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.

2. Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten wird die im vorgenannten Urteil ergangene Kosten- und Auslagenentscheidung aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

Von den Kosten der Berufung und den insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten tragen die Landeskasse Berlin zwei Drittel und der Angeklagte ein Drittel; die Gebühr für das Berufungsverfahren wird um zwei Drittel ermäßigt.

3. Der Angeklagte hat die Kosten seiner Revision zu tragen (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO). Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die dem Angeklagten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen trägt die Landeskasse Berlin.

 

Gründe

1. Die Revision ist aus den Gründen der Zuschrift der Generalstaatsanwaltschaft Berlin im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO offensichtlich unbegründet.

2. Die gemäß § 464 Abs. 3 StPO zulässige Beschwerde gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung, mit der der Beschwerdeführer geltend macht, seine Berufung habe überwiegend Erfolg gehabt, weshalb ihm nicht die gesamten Kosten des Berufungsverfahren hätten auferlegt werden dürfen, ist begründet.

a) Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hatte den Beschwerdeführer wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Auf die unbeschränkte Berufung des Angeklagten, der seine Freisprechung erstrebte, hat das Landgericht demgegenüber wegen versuchter (einfacher) Körperverletzung eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen ausgesprochen.

Bei der Frage, ob eine Billigkeitsentscheidung nach § 473 Abs. 4 StPO angebracht ist, ist entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht allein entscheidend, ob der Angeklagte das Rechtsmittel auch dann eingelegt hätte, wenn schon das Amtsgericht so wie die Kammer entschieden hätte. Vielmehr kommt es darüber hinaus wesentlich auch auf den Umfang des erzielten Teilerfolges an. Ist dieser Teilerfolg groß, so kann die Erwägung, ob der Beschwerdeführer darüber hinaus einen Freispruch oder die Einstellung des Verfahrens erstrebt hat, demgegenüber an Bedeutung ganz zurücktreten (vgl. BGH StV 1989, 401; OLG Düsseldorf NStZ-RR 2011, 293; StV 1996, 613, 614 mit zahlr. Nachw.; KG, Beschlüsse vom 16. März 2005 - 5 Ws 92/05 -, 6. Juni 2001 - 5 Ws 248/01 - und 6. März 2006 - 3 Ws 95/06 -; Senat, Beschluss vom 29. September 1999 - 4 Ws 152/99 -; Meyer-Goßner, StPO 55. Aufl., § 473 Rn. 26; Gieg in KK-StPO 6. Aufl., § 473 Rn. 27; Hilger in LR-StPO 26. Aufl., § 473 Rn. 51).

Bei Anwendung dieser Grundsätze erachtet es der Senat für unbillig, den Beschwerdeführer mit den gerichtlichen Auslagen und den eigenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen aus dem Berufungsverfahren uneingeschränkt zu belasten. Vielmehr ist es geboten, diese so zu verteilen, wie aus der Beschlussformel ersichtlich. Der Angeklagte hat, gemessen am Schuldumfang und an der Strafhöhe, in der Berufungsinstanz einen beträchtlichen Teilerfolg erzielt. Er hat sowohl eine für ihn günstige Veränderung des Schuldspruchs als auch eine erhebliche Herabsetzung der Strafhöhe erreicht. Die nunmehr ausgesprochene Geldstrafe stellt nach Art und Umfang gegenüber der vom Amtsgericht Tiergarten verhängten Strafe eine deutliche Verbesserung dar; zudem wird sie nicht in ein polizeiliches Führungszeugnis eingetragen.

b) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Landeskasse Berlin zur Last, weil sonst kein anderer dafür haftet. Die Entscheidung über die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI3565559

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