Entscheidungsstichwort (Thema)
Erfolgreiche Beschwerde im Anhörungsrügeverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Ein im Nachverfahren gemäß § 33a StPO ergangener Beschluss ist mit der Beschwerde insoweit anfechtbar, als zur Überprüfung gestellt wird, ob eine Ablehnung der Durchführung des Nachholungsverfahrens zu Recht ergangen ist, unabhängig davon, ob die Anhörungsrüge als unzulässig oder unbegründet zurückgewiesen worden ist. Dagegen ist die im Überprüfungsverfahren, das den zweiten Teil des mit der Anhörungsrüge nach § 33a StPO eröffneten Nachverfahrens bildet, getroffene Überprüfungsentscheidung in der Sache der inhaltlichen Kontrolle durch das Beschwerdegericht entzogen.
2. Zur Verletzung des rechtlichen Gehörs im Zwischenverfahren durch ungenügende Gewährung von Akteneinsicht.
Normenkette
StPO §§ 33a, 203, 304
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 17.06.2015; Aktenzeichen (526 KLs) 241 Js 25/14 (4/14)) |
Tenor
1. Das Verfahren wird betreffend den Angeklagten A unter Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts Berlin vom 17. Juni 2015 in die Lage zurückversetzt, die vor dem Eröffnungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 18. Dezember 2014 bestand.
2. Der Eröffnungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 18. Dezember 2014 ist gegenstandslos, soweit er den Angeklagten A betrifft.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Beschwerdeführer insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Landeskasse Berlin.
Gründe
I.
Die Angeklagten G und A haben sich in dem vorliegenden Verfahren wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr zu verantworten. Mit Beschluss vom 18. Dezember 2014 hat die Wirtschaftsstrafkammer die entsprechende Anklage der Staatsanwaltschaft Berlin vom 27. Mai 2014, die sich noch gegen einen weiteren Angeklagten richtet, zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet.
Mit einem gegen diesen Beschluss gerichteten Schriftsatz seines Verteidigers vom 28. April 2015 hat der Angeklagte A beantragt, den Eröffnungsbeschluss gemäß § 33a StPO für gegenstandslos zu erklären, das Verfahren wieder in den Stand des Zwischenverfahrens zurückzuversetzen und im Rahmen des Nachverfahrens die Nichteröffnung zu beschließen. Die Anhörungsrüge nach § 33a StPO sei begründet, weil der Eröffnungsbeschluss unter Verletzung der gebotenen vorherigen Gewährleistung rechtlichen Gehörs zu seinem Nachteil ergangen sei. Trotz schon im Ermittlungsverfahren wie auch im Zwischenverfahren mehrfach vorgetragener, entsprechender Anträge seien seinem Verteidiger zwei näher bezeichnete Beweismittelordner nicht zugänglich gemacht worden. Es sei diesem nach der von der Wirtschaftsstrafkammer gewählten Verfahrensweise deshalb unmöglich gewesen, wie ausdrücklich erbeten und angekündigt, unter Verwertung von sich aus den Beweismittelordnern ergebenden Erkenntnissen noch vor der - sodann für ihn überraschend ergangenen - Eröffnungsentscheidung Stellung zu nehmen. Bei der gebotenen rechtlichen Würdigung des gesamten Ermittlungsergebnisses ergebe sich, dass die Eröffnung des Hauptverfahrens mangels hinreichenden Tatverdachts abzulehnen sei. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf den Schriftsatz vom 28. April 2015 (Bd VI, Bl. 129 ff) verwiesen.
Dieser Antrag wurde mit dem angefochtenen Beschluss der Wirtschaftsstrafkammer vom 17. Juni 2015 als unbegründet zurückgewiesen, weil eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht gegeben sei. Hiergegen wendet sich der Angeklagte A mit seiner Beschwerde vom 7. Juli 2015. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
II.
1. Die Beschwerde ist zulässig erhoben.
a) Ein im Nachverfahren gemäß § 33a StPO ergangener Beschluss ist nach ganz herrschender Meinung mit der Beschwerde insoweit anfechtbar, als zur Überprüfung gestellt wird, ob eine - wie hier - erfolgte Ablehnung der Durchführung des Nachholungsverfahrens zu Recht ergangen ist, unabhängig davon, ob die Anhörungsrüge als unzulässig oder unbegründet zurückgewiesen worden ist (vgl. Senat StraFo 2007, 241; KG NJW 1966, 991; Beschlüsse vom 6. April 2006 - 5 Ws 176/06 Vollz - und 10. September 2010 - 3 Ws 354/10 -; OLG Hamburg NJW 1972, 219; Graalmann-Scheerer in LR, StPO 26. Aufl., § 33a Rn. 26f.; Weßlau in SK-StPO 4. Aufl., § 33a Rn. 31; Valerius in MüKoStPO, § 33a Rn. 21 mwN; a.A.: OLG Frankfurt NStZ-RR 2012, 315). Dagegen ist (lediglich) die nach einer im Nachholungsverfahren erfolgten Gewährung rechtlichen Gehörs und der sodann erfolgten Stellungnahme oder nach Kenntnisnahme des zunächst unberücksichtigt gebliebenen Vortrags hin im Überprüfungsverfahren, das den zweiten Teil des mit der Anhörungsrüge nach § 33a StPO eröffneten Nachverfahrens bildet, getroffene Überprüfungsentscheidung in der Sache der inhaltlichen Kontrolle durch das Beschwerdegericht entzogen. Denn § 33a StPO eröffnet keinen neuen Rechtszug zur Nachprüfung einer unanfechtbaren Sachentscheidung (vgl. KG NJW aaO.; Senat aaO.; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 58. Aufl., § 33a Rn.10; OLG Celle NJW 2012, 2899, 2900 mwN)
b) Die danach hier zulässige Beschwerde...