Leitsatz (amtlich)

Zwar kann der Angeklagte einen Antrag auf Nachholung des rechtlichen Gehörs gemäß § 33 a StPO gegen den Eröffnungsbeschluss anbringen, wenn dieser ohne vorherige Zustellung der Anklageschrift erlassen worden ist. Die daraufhin ergangene sachliche Überprüfungsentscheidung ist jedoch mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 305 Satz 1 StPO).

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 09.01.2008; Aktenzeichen (514) 1 St Js 528/02 KLs (6/06))

 

Tenor

Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 9. Januar 2008 wird als unzulässig verworfen.

Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

Die Staatsanwaltschaft Berlin legt dem Angeklagten zur Last, in 197 Fällen Beihilfe zum Betrug sowie zur tateinheitlichen Steuerhinterziehung begangen zu haben. Mit Beschluss vom 18. Dezember 2007 hat das Landgericht Berlin das Hauptverfahren eröffnet. Mit Schriftsatz vom 8. Januar 2008 hat der Angeklagte beantragt, den Eröffnungsbeschluss aufzuheben und das rechtliche Gehör nachzuholen, weil seinem Verteidiger die Anklageschrift nicht zugestellt worden sei. Diesen Antrag hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 9. Januar 2008 abgelehnt. Die hiergegen gerichtete, in der mittlerweile begonnenen Hauptverhandlung eingelegte Beschwerde des Angeklagten ist unzulässig.

1.

Zwar kann ein Angeklagter einen Antrag auf Nachholung des rechtlichen Gehörs gemäß § 33 a StPO anbringen, wenn der Eröffnungsbeschluss ohne vorherige Zustellung der Anklageschrift erlassen worden ist (vgl. LR-Rieß, StPO 25. Aufl., § 201 Rdn. 34). Die daraufhin ergangene sachliche Überprüfungsentscheidung ist jedoch mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 305 Satz 1 StPO).

2.

Gemäß § 305 Satz 1 StPO unterliegen Entscheidungen der erkennenden Gerichte, die der Urteilsfällung vorausgehen und nicht zu den Ausnahmen des § 305 Satz 2 StPO gehören, nicht der Beschwerde. Die Einschränkung trägt wichtigen Verfahrensrücksichten für das Hauptverfahren Rechnung und hat daher lediglich in diesem Verfahrensabschnitt Geltung. Sie gewährleistet die Verfahrensherrschaft des erkennenden Gerichts sowie die Beschleunigung und Konzentration des Hauptverfahrens. Ferner soll sie Verfahrensverzögerungen verhindern, die eintreten würden, wenn Entscheidungen der erkennenden Gerichte sowohl auf eine Beschwerde als auch auf das Rechtsmittel gegen das Urteil überprüft werden können (vgl. LR-Matt, a.a.O., § 305 Rdn. 2). Dabei liegt eine der Urteilsfällung vorausgehende Entscheidung vor, wenn sie in einem inneren Zusammenhang mit dem Urteil steht, ausschließlich seiner Vorbereitung dient, bei der Urteilsfällung selbst der nochmaligen Prüfung des Gerichts unterliegt und keine weiteren Verfahrenswirkungen erzeugt, die nicht mehr mit einem Rechtsmittel angefochten werden können (ständige Rechtsprechung des Kammergerichts, vgl. Beschluss vom 21. Juli 2003 - 4 Ws 126/03 -; Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl., § 305 Rdn. 1; jeweils mit weit. Nachw.).

Vorliegend hat das Landgericht im Hauptverfahren eine sachlich-rechtliche Entscheidung über den Antrag des Angeklagten auf Nachholung des rechtlichen Gehörs getroffen. Diese Entscheidung kann lediglich mit der Revision gegen das Urteil gerügt werden (vgl. BGH NStZ 1982, 125; LR-Rieß a.a.O., § 201 Rdn. 39; KK-Tolksdorf, StPO 5. Aufl., § 201 Rdn. 21) und ist daher mit der Beschwerde nicht anfechtbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2567740

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