Entscheidungsstichwort (Thema)
nachträgliche schriftliche Zustimmung. Wohnungseigentumssache betreffend die Wohnungseigentumsanlage
Leitsatz (amtlich)
Eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer kann auch in der Weise Zustandekommen, daß ein Teil der Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung, der restliche Teil nachträglich schriftlich zustimmt.
Normenkette
WEG § 10 Abs. 1 S. 2, § 23 Abs. 3
Beteiligte
weitere Beteiligte wie aus dem Beschluß des Landgerichts Berlin vom 25. Mai 1988 – 191 T 241/87 (WEG) ersichtlich |
Verfahrensgang
AG Berlin-Spandau (Aktenzeichen 70 II 25/87 (WEG)) |
LG Berlin (Aktenzeichen 191 T 241/87 (WEG)) |
Tenor
Auf die sofortige weitere Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird der angefochtene Beschluß des Landgerichts teilweise aufgehoben.
Auf die Erstbeschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird – unter Zurückweisung der Erstbeschwerde im übrigen – der Beschluß des Amtsgerichts Spandau vom 6. Oktober 1987 – 70 II 25/87 (WEG) – teilweise geändert:
Der Antrag der Antragsteller zu 1) bis 4) auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses vom 27. Januar 1987 zu TOP 4 wird zurückgewiesen, soweit in dem Eigentümerbeschluß die Zahlung eines vorläufigen Wohngeldes in der bestimmten Höhe einschließlich des Verwalterhonorars beschlossen worden ist.
Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller zu 1) und 2) wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller zu 1) bis 4) haben die halben Gerichtskosten der ersten Instanz, die Antragsteller zu 1) und 2) die halben Gerichtskosten zweiter und dritter Instanz zu tragen; im übrigen fallen die Gerichtskosten der Eigentümergemeinschaft (Verwaltungsvermögen) zur Last. Außergerichtliche Kosten sind in allen Instanzen nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert wird auf 50.000,– DM festgesetzt.
Gründe
Die sofortigen weiteren Beschwerden der Erstbeschwerdeführerin und der Antragsteller zu 1) und 2) sind gemäß §§ 22, 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig.
Die Rechtsbeschwerde der Erstbeschwerdeführerin betrifft den Eigentümerbeschluß vom 26. Januar 1987 zu Tagesordnungspunkt 4. Der Eigentümerbeschluß sieht vor, daß in der Anlage aufgeführte Eigentümerbeschlüsse während der Verwaltungstätigkeit der Vorverwaltung D. J. generell aufgehoben bzw. daß auf deren Durchführung verzichtet wird; ferner wird ein vorläufiges Wohngeld festgesetzt. Auf Anfechtung der Antragsteller zu 1) bis 4) hat das Amtsgericht den Eigentümerbeschluß für ungültig erklärt, das Landgericht hat diese Entscheidung bestätigt. Die Rechtsbeschwerde der Erstbeschwerdeführerin hat teilweise Erfolg. Die landgerichtliche Entscheidung ist insoweit nicht frei von Rechtsfehlern (§ 27 FGG).
Ohne Rechtsirrtum führt das Landgericht aus, daß das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung der Eigentümerbeschlüsse den Antragstellern nicht deshalb fehlt, weil sie der Beschlußfassung zugestimmt haben. Vielmehr ist das Rechtsschutzinteresse auch in diesem Fall gegeben, weil der Beschluß unabhängig von der sachlichen Zustimmung fehlerhaft sein kann (KG MDR 1981, 407).
Die Verneinung der Einstimmigkeit der Beschlußfassung zu TOP 4 ist rechtlich nicht unbedenklich. Zwar ist die Auslegung des Umfanges der Vollmacht Aufgabe der Tatsacheninstanzen. In diesem Rahmen durfte das Landgericht davon ausgehen, daß sich die von der Antragstellerin zu 1) der Antragstellerin zu 2) erteilte Vollmacht nur auf die Beschlußfassung betreffend diejenigen Tagesordnungspunkte beziehen konnte, die in dem Einladungsschreiben vom 16. Januar 1987 angegeben waren, was hinsichtlich TOP 4 nicht der Fall war. Freilich hätte es dazu der/Aufklärung bedurft, ob die Vollmachtgeberin durch die informelle Zusammenkunft einzelner Wohnungseigentümer am Tage vor der Eigentümerversammlung Kenntnis auch von diesem Beschlußgegenstand hatte. Einer weiteren Sachaufklärung in diese Richtung bedarf es indessen nicht, weil die rechtliche Entscheidung nicht davon abhängt.
Der Eigentümerbeschluß zu TOP 4 setzt sich aus mehreren Einzelbeschlüssen zusammen, die gesonderter rechtlicher Untersuchung bedürfen.
Nach Auffassung des Senats kann auch durch Vereinbarungsform, also durch einstimmigen Beschluß, regelmäßig nicht beschlossen werden, daß eine Gesamtzahl früherer Eigentümerbeschlüsse generell aufgehoben bzw. auf deren Durchführung verzichtet wird. Das gilt selbst dann, wenn die betroffenen früheren Eigentümerbeschlüsse in einer Anlage aufgeführt werden. Denn der spätere abändernde Beschluß ist inhaltlich viel zu weitgehend und vor allem zu unbestimmt. Die während der Verwaltungstätigkeit einer Vorverwaltung gefaßten Eigentümerbeschlüsse mögen sich teilweise als nicht sachgerecht herausstellen. Dennoch geht es nicht an, sie generell aus der Welt zu schaffen. Es ist keineswegs ausgeschlossen, daß die früheren Eigentümerbeschlüsse auch vernünftige Regelungen enthalten, die durchaus aufrechtzuerhalten sind. Durch einen generellen späteren Eigentümerbeschluß entstehen untragbare Unklarheiten, inwieweit die früheren Eigentümerbeschlüsse fortgelten oder entfallen sind. Dies würde unabsehbare weitere gerichtliche Verf...