Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 09.02.2005; Aktenzeichen (571) 95 Js 751/03 Ls Ns (4/05)) |
Tenor
1.
Dem Angeklagten wird auf seine Kosten Wiedereinsetzung in vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anbringung der Revisionsanträge und deren Begründung gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 9. Februar 2005 gewährt.
2.
Auf die Revision des Angeklagten wird das genannte Urteil mit den Feststellungen aufgehoben.
3.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung in zwei Fällen und fahrlässiger Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt, ihm die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen entzogen, den ihm erteilten Führerschein eingezogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, ihm vor Ablauf von 60 Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht die Berufung des Angeklagten verworfen. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft, deren Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch das Landgericht als unwirksam angesehen hat, hat es das amtsgerichtliche Urteil aufgehoben und den Angeklagten wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung in zwei Fällen und fahrlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt, ihm die Fahrerlaubnis entzogen, den ihm erteilten Führerschein eingezogen und eine fünfjährige Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis verhängt.
Der Angeklagte hat gegen das Urteil rechtzeitig Revision eingelegt, diese jedoch verspätet begründet. Daraufhin hat das Landgericht durch Beschluß vom 8. April 2005 das Rechtsmittel gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen. Gegen die Versäumung der Frist des § 345 Abs. 1 StPO hat der Angeklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Wiedereinsetzungsgesuch und Revision haben (letztgenannte vorläufigen) Erfolg.
1.
Dem Angeklagten ist auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist gegen das Urteil des Landgerichts zu gewähren, da glaubhaft gemacht ist, daß er ohne Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten.
Damit ist der Beschluß des Landgerichts vom 8. April 2005 gegenstandslos geworden; der für den Fall der Nichtgewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellte Antrag nach § 346 Abs. 2 StPO hat sich erledigt.
Gemäß § 473 Abs. 7 StPO hat der Angeklagte die Kosten der Wiedereinsetzung zu tragen.
2.
Die Revision rügt zutreffenderweise die Verletzung sachlichen Rechts wegen Verstoßes gegen das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG. Danach dürfen u. a. für den Fall, daß eine Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt worden ist, Tat und Verurteilung nicht mehr zum Nachteil des Betroffenen verwertet werden. Dies gilt auch als Indiz gegen den Angeklagten im Rahmen der Beweiswürdigung (vgl. BGH StV 1990, 340; Götz/Tolzmann, BZRG 4. Aufl., § 51 Rdn. 33). Derartiges hat das Landgericht jedoch getan.
Nach den Feststellungen verursachte der Angeklagte am 29. September 2002 etwa gegen 1.20 Uhr in der Märkischen Allee im Einmündungsbereich der Wittenberger Straße in Berlin mit seinem Pkw bei einer Geschwindigkeit zwischen 95 bis 120 km/h trotz zugelassener erlaubter Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h bei einer Blutalkoholkonzentration von 2,31 Promille um 3.19 Uhr einen Verkehrsunfall mit einem anderen Pkw, in dessen Folge Fahrer und Beifahrerin dieses Fahrzeugs ums Leben kamen und der Sohn des Angeklagten als dessen Beifahrer verletzt wurde (UA S. 7). In den Feststellungen zum Vorleben des Angeklagten heißt es unter anderem, dem Angeklagten sei wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung bei einer Blutalkoholkonzentration von 2,68 Promille durch das Amtsgericht Tiergarten in Berlin am 27. Mai 1997 die Fahrerlaubnis entzogen worden (UA S. 5). Zur Strafzumessung heißt es, die Strafkammer behandele den Angeklagten als bisher nicht bestraft, da die frühere Verurteilung getilgt sei (UA S. 11). Hingegen wird bei der Beweiswürdigung zum Schuldspruch ausgeführt, der Vorsatz des Angeklagten werde durch das Maß seiner Alkoholisierung nicht berührt. Zwar habe er bei Rückrechnung vom Blutentnahmezeitpunkt um 3.19 Uhr mit einem stündlichen Abbauwert von 0,2 Promille und einem einmaligen Sicherheitszuschlag von 0,2 Promille um 1.20 Uhr eine Blutalkoholkonzentration von noch 3,21 Promille gehabt, was bereits für sich genommen rechtsfehlerhaft ist, da der errechnete Wert allenfalls etwa 2,91 Promille beträgt, aber - so heißt es im Urteil weiter - bei dem Angeklagten, der schon im Januar 1997 eine Blutalkoholkonzentration von 2,68 Promille gehabt und noch Auto habe fahren können, liege eine hohe Alkoholverträglichkeit vor. Auch f...