Leitsatz (amtlich)
Eine nach In-Kraft-Treten des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungen vom 24.11.2011 (BGBl. I, Seite 2302) erhobene Untätigkeitsbeschwerde ist unzulässig. Ihr fehlt das Rechtsschutzbedürfnis.
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 32 O 460/11) |
Tenor
Die Untätigkeitsbeschwerde des Klägers vom 14.2.2012 gegen die Terminsanberaumung zum 9.8.2012 wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens bei einem
Beschwerdewert von 500 EUR zu tragen.
Gründe
I. Der Kläger hat am 21.9.2011 Räumungs- und Zahlungsklage gegen die Beklagten eingereicht und mit Faxmitteilung vom gleichen Tage wegen möglicherweise außergerichtlicher Lösung "bis auf weiteres um Rückhaltung der Klageeinreichung" gebeten. Das LG hat mit richterlicher Verfügung vom 24.11.2011 schriftliches Vorverfahren angeordnet und den Kläger darauf hingewiesen, dass es sich um eine unzulässige Saldoklage handele. Mit einem bei Gericht am 5.12.2011 eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger hierzu Stellung genommen. Gegen den Beklagten zu 2) hat das LG am 12.1.2012 Versäumnisteilurteil erlassen und im Übrigen Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 9.8.2012 anberaumt. Mit Schriftsatz vom 26.1.2012 hat der Kläger Verzögerungsrüge wegen des am 8.8.2012 (richtig 9.8.2012) anberaumten Verhandlungstermins erhoben und beantragt, einen Termin spätestens Ende März 2012 anzuberaumen. Das LG hat mit Beschluss vom 2.2.2012 den Antrag zurückgewiesen. Mit einem bei Gericht am 16.2.2012 eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger hiergegen Beschwerde eingelegt, der das LG mit Beschluss vom 16.2.2012 nicht abgeholfen hat.
II. Die Untätigkeitsbeschwerde des Klägers gegen die Terminsanberaumung zum 9.8.2012 ist unzulässig.
Nach bisheriger Rechtslage war für den Bereich der ZPO, des FGG und des FamFG für gravierende Fälle der außerordentliche Rechtsbehelf der Untätigkeitsbeschwerde anerkannt. Es war deshalb ein Gebot der Rechtsstaatlichkeit, in derartigen Fällen die Beschwerde zu eröffnen, sofern der Rechtszug gegen die ergangene Entscheidung, deren Erlass unzumutbar im Sinne einer Rechtsverweigerung hinausgezögert wird, eröffnet wäre (KG MDR 2005, 455; OLG Naumburg OLGReport Naumburg 2006,408; OLG Schleswig NJW 2011, 1823; Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 567 ZPO Rz. 21 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Voraussetzung für die Zulässigkeit der Untätigkeitsbeschwerde war, dass eine über das Normalmaß hinausgehende, den Parteien unzumutbare Verzögerung dargetan wird und sich die Untätigkeit bzw. verzögerte Tätigkeit des Gerichts bei objektiver Betrachtung als Rechtsschutzverweigerung darstellt (vgl. BVerfG NJW 2008, 503; Brandenburg FamRZ 2008, 288; OLG Schleswig, a.a.O.). Es ist bereits zweifelhaft, ob dies Voraussetzungen hier vom Kläger ausreichend dargetan sind, was letztlich für die Entscheidung dahin gestellt bleiben kann.
Die Untätigkeitsbeschwerde vom 16.2.2012 kommt aber nach dem am 3.12.2011 in Kraft getretenen Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungen vom 24.11.2011 (BGBl. I, Seite 2302) nicht mehr in Betracht (vgl. OLG Brandenburg Beschl. v. 6.1.2012 - 13 WF 235/11 - bei Juris; vgl. auch Bay LSG Beschl. v. 24.2.2012 - L 16 SB 282/11 B - bei Juris, Tz. 11; vgl. OVG Mecklenburg- Vorpommern Beschluss vom 23.1.2012. 1 O 4/12 - bei Juris, Tz. 4 ff.). Einer solchen Beschwerde fehlt das Rechtsschutzbedürfnis (vgl. Zöller/Heßler, a.a.O., § 567 ZPO Rz. 21b). Der Gesetzgeber hat ausweislich seiner Gesetzesbegründung die konkret- präventive Beschleunigungswirkung der neu eingeführten Verzögerungsrüge als verfahrensrechtlich ausreichend betrachtet und von einer Beschwerdemöglichkeit für den Fall der Nichtabhilfe ausdrücklich abgesehen, um die Belastung für die Praxis begrenzt zu halten (vgl. Gesetzesbegründung BT- Drs. 17/3802, Seite 15,16). Mit dem neuen Entschädigungsanspruch werden die verschiedenen von der Rechtsprechung entwickelten Rechtsbehelfskonstruktionen (so auch die außerordentliche Beschwerde) grundsätzlich hinfällig, weil die Entschädigungsregelung das Rechtsschutzproblem bei überlanger Verfahrensdauer abschließend lösen soll. Dieser Rechtsschutz wird einheitlich und ausschließlich gewährt durch einen außerhalb des Ausgangsverfahrens zu verfolgenden Anspruch. Eine Regelungslücke als Analogievoraussetzung besteht nach dem In-Kraft-Treten der Entschädigungsregelung nicht mehr (vgl. Gesetzesbegründung BT- Drs. 17/3802, Seite 16).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Wertfestsetzung aus § 3 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 2952785 |
ZAP 2012, 841 |