Entscheidungsstichwort (Thema)
zum Kopfstimmrecht von Rechtsgemeinschaften
Leitsatz (amtlich)
Steht ein Wohnungseigentum zwei Eigentümern je zur Hälfte zu, so verbleibt ihnen bei gesetzlichem Kopfstimmrecht auch dann eine Stimme, wenn ein Eigentümer, zugleich Alleineigentümer einer anderen Wohnung ist und von daher ein weiteres Stimmrecht hat.
Normenkette
WEG § 25 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 11.03.1988; Aktenzeichen 191 T 175/87 (WEG)) |
AG Berlin-Charlottenburg (Beschluss vom 15.07.1987; Aktenzeichen 70 II 477/86 (WEG)) |
Tenor
Auf die sofortige weitere Beschwerde wird der genannte Beschluß des Landgerichts Berlin aufgehoben.
Die Erstbeschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts Charlottenburg vom 15. Juli 1987 – 70 II 477/86 (WEG) – wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten aller drei Instanzen hat die Eigentümergemeinschaft (Verwaltungsvermögen) zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert wird auf 5.000,– DM festgesetzt.
Gründe
Der Antragsteller ist mit seiner Ehefrau zur Hälfte Miteigentümer der Wohnung Nr. 5, während die Wohnung Nr. 6 im Alleineigentum der Ehefrau des Antragstellers steht. Nach der Teilungserklärung steht jedem Wohnungseigentümer eine Stimme zu; dort ist ferner bestimmt, daß das Stimmrecht nur einheitlich ausgeübt werden kann, wenn ein Wohnungseigentum mehreren gemeinschaftlich zusteht. In der Eigentümerversammlung am 26. November 1986 wurde zu Tagesordnungspunkt 4 protokolliert, daß ein Beschluß, wonach der Verwalter angewiesen wird, durch einen vereidigten Sachverständigen eine Neuvermessung der Wohnraum- und Heizflächen vornehmen zu lassen, mit sechs Ja-Stimmen gegen fünf Nein-Stimmen angenommen worden sei. Der Verwalter lehnte die Berücksichtigung einer weiteren Nein-Stimme für die Ehefrau des Antragstellers, die dieser in der Versammlung mit Vollmacht vertrat, ab. Durch Beschluß vom 15. Juli 1987 hat das Amtsgericht Charlottenburg den Eigentümerbeschluß vom 26. November 1986 zu TOP 4 für ungültig erklärt, weil der Alleineigentümer der Wohnung Nr. 6 neben der Rechtsgemeinschaft, der die Wohnung Nr. 5 zusteht, ein Stimmrecht beanspruchen könne. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das Landgericht den amtsgerichtlichen Beschluß aufgehoben und den Beschlußanfechtungsantrag des Antragstellers zurückgewiesen, weil ein weiteres Stimmrecht der Ehefrau dem Grundsatz der einheitlichen Ausübung des Stimmrechts widersprechen würde. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.
Die nach §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist auch in der Sache gerechtfertigt. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts ist nicht rechtsfehlerfrei (§ 27 FGG).
Entgegen der vom Landgericht vertretenen Rechtsauffassung kann die Lösung des vorliegenden Falles nicht aus § 25 Abs. 2 Satz 2 WEG abgeleitet werden. Nach dieser Vorschrift können dann, wenn ein Wohnungseigentum mehreren gemeinschaftlich zusteht, diese das Stimmrecht nur einheitlich ausüben. Diese Bestimmung trifft aber nur die interne Regelung innerhalb eines Wohnungseigentumes, wenn dieses Wohnungseigentum mehreren in Rechtsgemeinschaft zusteht. Darüber hinaus ist diese Bestimmung lediglich dann von Bedeutung, wenn derselben Rechtsgemeinschaft mehrere Wohnungen in einer Wohnungseigentumsanlage zustehen. So verweist Weitnauer (WEG 6. Aufl., § 25 Rdnr. 7) auf den Fall, daß Eheleute zwei Wohnungen als Mitberechtigte haben und ihnen dann nur ein Stimmrecht zusteht. Der vorliegende Fall ist hingegen dadurch gekennzeichnet, daß es hier um zwei Wohneinheiten geht, hinsichtlich deren der Rechtsträger nicht identisch ist. Zu vergleichen sind damit generell die Fälle, in denen mehrere Wohnungen unterschiedlichen Rechtsgemeinschaften zustehen, mögen einzelne Beteiligte dieser Rechtsgemeinschaften auch personenidentisch sein. Bei fehlender Personenidentität von Wohnungseigentümern kann die Beschränkung des § 25 Abs. 2 Satz 1 WEG nicht eingreifen.
Die Bestimmung des § 25 Abs. 2 Satz 1 WEG stellt eine Ausnahmeregelung dar. Nach § 745 Abs. 1 Satz 2 BGB würde sich der Umfang des Stimmrechts der Miteigentümer nach der Größe ihres Anteils an der Gemeinschaft bestimmen; gleiches gilt für das Aktienrecht und auch nach § 47 GmbHG (vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG 6. Aufl., § 25 Rdnr. 11). Dagegen räumt § 25 Abs. 2 Satz 1 WEG ein Stimmrecht nach Köpfen ein, was bedeutet, daß jeder Wohnungseigentümer ungeachtet des Umfangs, der Größe oder des Wertes seines Anteils und ohne Rücksicht auf etwaige Sondernutzungsrecht nur eine Stimme hat, selbst dann, wenn er mehrere in sich und nach dem Grundbuch selbständige Wohnungseigentums- und Teileigentumsrechts eines Grundstücks in seiner Hand vereinigt. Die Begründung ist darin zu suchen, daß auch dem Wohnungseigentümer, der mehrere Einheiten oder besonders hochwertige Einheiten besitzt, nicht von vornherein ein Übergewicht, etwa gar eine absolute Majorität gegenüber den anderen Wohnungseigentümern verschafft werden soll (Bärmann/Pi...