Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 29.05.2013; Aktenzeichen 591 StVK 172/13 Vollz) |
Tenor
1. Dem Gefangenen wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwaltes X bewilligt (§§ 114, 115 ZPO, § 120 Abs. 2 StVollzG).
2. Der Antrag des Gefangenen vom 24. Juni 2013 auf Erlass einer einstweiligen Anordnung des Inhalts, ihm bis zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 29. Mai 2013 sofort (unbegleiteten) Ausgang zu gewähren, wird zurückgewiesen.
3. Der Antragsteller hat die Kosten des Antrages zu tragen.
Gründe
1. Dem Gefangenen war gemäß § 114 ZPO, § 120 Abs. 2 StVollzG für das Rechtsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des von ihm als Verfahrensbevollmächtigten gewünschten Rechtsanwalts X zu bewilligen, der mit der Beiordnung einverstanden ist. Der Antragsteller ist bedürftig (§ 120 Abs. 2 StVollzG, §§ 114, 115 ZPO), und er hat mit der Rechtsbeschwerde einen ordnungsgemäßen Antrag nach § 117 ZPO gestellt.
2. Die beabsichtigte Rechtsbeschwerde hat im Sinne von § 120 Abs. 2 StVollzG, § 114 ZPO auch ausreichende Aussicht auf (vorläufigen) Erfolg.
Der Beschluss genügt schon nicht den allgemeinen gesetzlichen Mindestanforderungen. Zum einen sind die tatsächlichen Feststellungen in dem Beschluss vom 29. Mai 2013 so unvollständig, dass sie keine ausreichende Grundlage für die dem Senat obliegende Prüfung bieten, ob die Strafvollstreckungskammer die hier in Betracht kommenden Rechtsnormen richtig angewendet hat (§ 116 Abs. 2 StVollzG). Zum anderen hat die Strafvollstreckungskammer den Anwendungsbereich des § 115 Abs. 1 Satz 4 StVollzG verkannt.
a) In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass die von den Strafvollstreckungskammern erlassenen Beschlüsse grundsätzlich die Anforderungen erfüllen müssen, die § 267 StPO an die Begründung strafrechtlicher Urteile stellt. Dementsprechend hat die Strafvollstreckungskammer die entscheidungserheblichen Tatsachen und rechtlichen Erwägungen so umfassend darzulegen, dass das Rechtsbeschwerdegericht die Entscheidung überprüfen kann (vgl. OLG Celle NStZ-RR 2005, 356; OLG Frankfurt am Main ZfStrVo 2001, 53; Senat NStZ-RR 2004, 255). Dem wird der angefochtene Beschluss nicht gerecht.
Die Maßstäbe, nach denen die Strafvollstreckungskammern die Versagung von Vollzugslockerungen zu überprüfen haben, waren wiederholt Gegenstand der obergerichtlichen Rechtsprechung. Es ist geklärt, dass der Vollzugbehörde bei der Einschätzung, ob im Einzelfall Flucht- oder Missbrauchsgefahr besteht (§ 11 Abs. 2 StVollzG), ein Beurteilungsspielraum zusteht, dessen Einhaltung gerichtlich nur nach den Maßstäben des § 115 Abs. 5 StVollzG überprüfbar ist. Hiernach haben sich die Gerichte auf die Prüfung zu beschränken, ob der Anstaltsleiter von einem zureffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, seiner Entscheidung den rechtlich richtig ausgelegten Begriff des Versagungsgrundes zugrunde gelegt hat und ob seine Beurteilung des Gefangenen vertretbar ist (vgl. Senat, Beschluss vom 19. April 2012 - 2 Ws 122/12 Vollz - mit weiteren Nachw.).
Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Strafvollstreckungskammer in Bezug auf die Ablehnung des Antrags auf unbegleiteten Ausgang und auf Urlaub, sowie auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Versagung des Ausgangs für den 7. März 2013 eine Mehrzahl von maßgeblichen Umständen nicht dargestellt, so dass der Senat noch nicht einmal ansatzweise beurteilen kann, ob das Landgericht die vorgenannten Anforderungen an die Versagung von Vollzugslockerungen ausreichend berücksichtigt hat.
Der verfahrensgegenständliche Beschluss erschöpft sich in der Angabe, der Antragsteller verbüße in der Justizvollzugsanstalt Tegel eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern; der restliche Tatbestand gibt lediglich streitiges Parteivorbringen und die gestellten Anträge wieder. Schon angesichts dessen wird der Beschluss mit Blick auf die vom Antragsteller angekündigte Rechtsbeschwerde aller Voraussicht nach keinen Bestand haben können.
b) Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass auch die nachfolgenden Entscheidungsgründe (II. des Beschlusses) unzureichend sind. Zwar ist es dem Gericht nach § 115 Abs. 1 Satz 4 StVollzG gestattet, von einer Darstellung der Entscheidungsgründe abzusehen, soweit es der Begründung der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt. Eine solche Bezugnahme setzt indes voraus, dass die Verständlichkeit aus sich heraus nicht in Frage gestellt und deutlich wird, dass sich das Gericht diese Überlegungen zu eigen macht (vgl. OLG Nürnberg ZfStrVo 2006, 122, 13; OLG Celle NStZ-RR, 356, 357; Senat Beschluss vom 27. November 2008 - 2 Ws 586/08 Vollz -). Liegen diese Voraussetzungen vor, erlaubt § 115 Abs. 1 Satz 4 StVollzG weiterhin nur eine Verweisung auf die Begründung der "angefochtenen Entscheidung". Eine - wie hier erfolgte - Bezugnahme auf eine spätere,...