Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 22.04.2005; Aktenzeichen 541 StVK 997/04 Vollz)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Leiters der Justizvollzugsanstalt Tegel wird der Beschluß des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 22. April 2005 (nicht: 2004) - mit Ausnahme der Bestimmung des Streitwerts - aufgehoben.

Der Antrag des Gefangenen vom 9. Dezember 2004, "den Antragsgegner im Wege eines Vornahmeantrages zu verpflichten, den Antragsteller in Sachen Selbstbeschäftigung unverzüglich neu zu bescheiden", wird als unzulässig zurückgewiesen.

Der Gefangene hat die Kosten des gerichtlichen Verfahrens zu tragen.

 

Gründe

Der Antragsteller verbüßte bis zum 20. Februar 2005 eine Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt Tegel. Seitdem wird dort die Sicherungsverwahrung vollzogen. In dem durch seinen Antrag vom 21. November 2003 eingeleiteten Verfahren 541 StVK (Vollz) 990/03 hatte die Strafvollstreckungskammer mit Beschluß vom 16. August 2004 den Leiter der Justizvollzugsanstalt Tegel verpflichtet, das von ihm zuvor abgelehnte Begehren des Gefangenen auf Genehmigung der Selbstbeschäftigung zur Fertigstellung mehrerer Bücher neu zu bescheiden. Der Leiter der Justizvollzugsanstalt focht diesen Beschluß zunächst mit der Rechtsbeschwerde an, nahm diese aber am 30. November 2004 zurück, so daß die Entscheidung des Landgerichts am 1. Dezember 2004 Rechtskraft erlangte.

Mit dem Antrag vom 9. Dezember 2004 begehrte der Gefangene daraufhin, ihn "in Sachen Selbstbeschäftigung" unverzüglich zu bescheiden. Der Teilanstaltsleiter beschied den Beschwerdeführer am 14. Dezember 2004, er entspreche dem Antrag auf Selbstbeschäftigung "grundsätzlich", müsse aber noch prüfen, ob der Gefangene hieraus ein Entgelt erzielen könne.

Am 27. Januar 2005 fand ein Orts- und Anhörungstermin in der Justizvollzugsanstalt Tegel statt, an dem der Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer, der Gefangene, dessen Verteidiger und der Teilanstaltsleiter III teilnahmen. Gegenstände der Erörterung waren die Habe des Gefangenen in der Hauskammer, sein Haftraum, die Selbstbeschäftigung und die bislang versagte Erlaubnis, einen Computer zu benutzen.

Zur Selbstbeschäftigung erklärte der Teilanstaltsleiter, der Gefangene müsse noch Unterlagen zur Tätigkeit, zum Arbeitgeber und zum erwarteten Honorar einreichen. Danach werde sein Antrag wohlwollend geprüft werden.

Am 1. Februar 2005 übersandte die Strafvollstreckungskammer der Anstaltsleitung, dem Verteidiger und dem Gefangenen jeweils eine Abschrift des Vermerks über den Orts- und Anhörungstermin. Das an die Anstalt gerichtete Anschreiben enthielt den Zusatz: "Ich bitte um Mitteilung des Sachstandes insbesondere hinsichtlich des Haftraums und der Hauskammer." Das an den Gefangenen gerichtete Anschreiben hingegen enthielt folgenden Zusatz: "Ich bitte um Mitteilung des Sachstandes insbesondere hinsichtlich des Haftraums und der Hauskammer und der Selbstbeschäftigung" (Unterstreichung durch den Senat).

Daraufhin schrieb der inzwischen in die Sicherungsverwahrung überführte Antragsteller am 23. Februar 2005, die Selbstbeschäftigung sei trotz unverzüglicher Vorlage der Honorar- bzw. Gewinnbescheinigung nicht umgesetzt worden.

Die Justizvollzugsanstalt nahm in dieser Sache zu dem Terminsvermerk keine Stellung; das Schreiben des Gefangenen erhielt sie nicht.

Am 22. April 2004 beschloß die Strafvollstreckungskammer, die Justizvollzugsanstalt zu verpflichten, den Antragsteller neu zu bescheiden. Dabei blieb ihr verborgen, daß die Vollzugsbehörde den Antrag bereits am 9. März 2005 abgelehnt hatte, was inzwischen Gegenstand des mit Beschluß vom 18. Juli 2005 im ersten Rechtszug abgeschlossenen Verfahrens 541 StVK (Vollz) 201/05 geworden ist.

Mit der Rechtsbeschwerde beanstandet der Leiter der Justizvollzugsanstalt Tegel die Verletzung von Verfahrensvorschriften und des sachlichen Rechts. Mit der Verfahrensrüge behauptet er eine Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahrens. Dem Schreiben der Kammer vom 1. Februar 2005 einschließlich des beigefügten Terminsvermerks sei nicht zu entnehmen gewesen, daß eine Stellungnahme der Anstalt zu diesem Thema erwartet werde. Mit den als Sachrüge zu wertenden Ausführungen (§ 120 Abs. 1 StVollzG, § 300 StPO) rügt er im wesentlichen, die Kammer habe den Rechtsstreit zu unrecht nicht für erledigt erklärt. Das Verfahren habe sich zunächst durch den Bescheid vom 14. Dezember 2004 und spätestens durch den von der Kammer übersehenen Bescheid vom 9. März 2005 erledigt. Erwüchse der Beschluß in Rechtskraft, müßte die Vollzugsbehörde in derselben Sache zwei selbständig anfechtbare Maßnahmen erlassen.

Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg. Der Senat läßt es zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu (§ 116 Abs. 1 StVollzG); denn die Handhabung der Strafvollstreckungskammer führt zu der Unzuträglichkeit, daß die Justizvollzugsanstalt verpflichtet würde, über denselben Streitgegenstand zweimal zu entscheiden.

I.

Verfahrensrüge

Die Verfahrensrüge könnte unerörtert bleiben, ...

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