Entscheidungsstichwort (Thema)
Erwirken eines Versäumnisurteils, nach dem bereits in einem vorangegangenen Termin streitig verhandelt worden war
Normenkette
RVG-VV Nrn. 3104-3105
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 22.05.2008; Aktenzeichen 20 O 630/04) |
Tenor
Der Beschluss des LG Berlin vom 22.5.2008 wird aufgehoben.
Der Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin vom 7.4.2008 sowie der Antrag auf Nachfestsetzung vom 16.6.2008 werden zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von bis zu 600 EUR zu tragen.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Berlin vom 22.5.2008 ist begründet.
Zu Recht beanstandet die Klägerin die Festsetzung einer 0,5-Terminsgebühr gem. Nr. 3105 RVG-VV sowie einer Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 RVG-VV i.H.v. insgesamt 263 EUR als Kosten der Säumnis. Zwar hat das LG in dem Urteil vom 31.1.2008 der Klägerin gem. § 344 ZPO die Kosten der Säumnis im Termin vom 6.12.2005 auferlegt. Damit ist aber noch nichts darüber gesagt, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe zu erstattende Kosten der Säumnis entstanden sind. Die Kostenauferlegung gem. § 344 ZPO ist immer nötig, auch wenn der Anfall von Mehrkosten ungewiss ist. Ob tatsächlich Mehrkosten infolge der Säumnis entstanden sind, ist erst im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 104 ZPO zu ermitteln (Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 344 Rz. 2 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall sind der Klägerin aufgrund der Säumnis der Beklagten im Termin vom 6.12.2005 keine Mehrkosten entstanden. Die von der Klägerin im Nachfestsetzungsantrag vom 16.6.2008 geltend gemachte 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 RVG-VV ist auf der Klägerseite nicht erst aufgrund der Verhandlung im Termin vom 6.12.2005 entstanden, sondern aufgrund der Vertretung im Termin am 31.5.2005, in dem beide Parteien anwaltlich vertreten waren und streitig verhandelt haben. Bei diesen Kosten handelt es sich jedoch unzweifelhaft nicht um Kosten der Säumnis, zumal die Beklagten im Termin vom 31.5.2005 anwaltlich vertreten waren und zur Sache verhandelt haben. Durch die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 6.12.2005, in dem das Versäumnisurteil gegen die Beklagten ergangen war, ist auf der Klägerseite keine weitere Gebühr entstanden. Die zunächst im Kostenfestsetzungsantrag vom 7.4.2008 geltend gemachte 0,5-Terminsgebühr gem. Nr. 3105 RVG-VV ist in der höheren Terminsgebühr nach Nr. 3104 RVG-VV aufgegangen (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 18. Aufl., VV 3105 Rz. 56, 65; Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., 3105 VV Rz. 16; Hünnekens, Rpfleger 2004, 445, 451; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 344 Rz. 2). Nach dem Wegfall der Regelung des § 38 BRAGO, wonach das Verfahren über den Einspruch gegen ein Versäumnisurteil als besondere Angelegenheit galt, würde auch in dem Fall, in dem in einem ersten Termin nur eine 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3105 RVG-VV entstanden ist, im Fall einer streitigen Verhandlung über den Einspruch die im ersten Termin verdiente reduzierte Terminsgebühr in Wegfall geraten (Hartung/Römermann/Schons, a.a.O.). Im Ergebnis wird daher die Säumnis einer Partei im Termin nicht mehr durch den Anfall einer besonderen Gebühr kostenrechtlich sanktioniert (Hünnekens, a.a.O.). Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist daher begründet. Aus den gleichen Gründen ist der Antrag der Klägerin vom 16.6.2008, mit dem sie statt der ursprünglich beantragten 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3105 RVG-VV nunmehr eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 RVG-VV beansprucht, unbegründet. Die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Termin vom 6.12.2005 betrifft dieselbe Angelegenheit i.S.d. §§ 15, 16 RVG wie seine Tätigkeit im Termin vom 31.5.2005, die bereits zum Entstehen einer 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 RVG-VV geführt hatte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 2052729 |
JurBüro 2008, 647 |
ZAP 2009, 948 |
Rpfleger 2009, 51 |
AGS 2008, 591 |
RENOpraxis 2009, 216 |
RVGreport 2009, 17 |
VRR 2008, 403 |
OLGR-Ost 2008, 1007 |
RVG prof. 2009, 90 |