Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 25.06.2013; Aktenzeichen (524) 275 Js 45/13 KLs (27/13)) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Angeklagten wird der Haftbefehl des Landgerichts Berlin vom 25. Juni 2013 aufgehoben.
Die Landeskasse Berlin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
Die Staatsanwaltschaft Berlin legt dem Angeklagten zur Last, im Zeitraum zwischen Februar 2009 und November 2012 zum Nachteil der am 14. Februar 2000 geborenen O M, der Tochter seiner damaligen Lebensgefährtin L M, in elf Fällen ein Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes verübt und dies in zwei weiteren Fällen versucht zu haben. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat auf die Anklageschriften vom 2. Januar 2013 (in dem inzwischen hinzu verbundenen Ausgangsverfahren 275 Js 5815/12) und vom 20. Juni 2013 (275 Js 45/13) Bezug.
Der Angeklagte befindet sich nach seiner vorläufigen Festnahme am 22. Dezember 2012 seit dem Folgetag ununterbrochen in Untersuchungshaft. Deren Grundlage war zunächst der Haftbefehl des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 23. Dezember 2012 - 384 Gs 304/12. Seit dem 8. Juli 2013 bildet der aus dem Entscheidungssatz ersichtliche Haftbefehl des Landgerichts die Haftgrundlage, nachdem der Senat im besonderen Haftprüfungsverfahren nach den §§ 121, 122 StPO mit Beschluss von diesem Tage - (4) 141 HEs 35/13 (16/13) -, auf dessen Gründe er ergänzend Bezug nimmt, den vorgenannten Haftbefehl des Amtsgerichts aufgehoben hatte.
Der Verfahrensgang gestaltete sich im Wesentlichen wie folgt: Am 22. Dezember 2012 kam es in den späten Abendstunden in der Wohnung der Zeugin L M zu einem Polizeieinsatz wegen häuslicher Gewalt, die der Angeklagte gegen seine Lebensgefährtin verübt haben soll. Anlässlich dieses Einsatzes wandte sich O M an eine Polizeibeamtin und erklärte, dass der Angeklagte sie seit etwa fünf Jahren in unregelmäßigen Abständen sexuell missbrauche. Sie habe ihn mehrmals oral befriedigen sollen und er habe mehrmals versucht, sie zum Geschlechtsverkehr zu zwingen, was ihm jedoch nicht gelungen sei. Die letzte sexuelle Tathandlung liege einen Monat zurück. Noch am 23. Dezember 2012 wurden die Kindesmutter sowie die Geschädigte polizeilich als Zeuginnen vernommen. Den Angaben des Mädchens entnahm die Vernehmungsbeamtin, dass es neben zwei zeitlich einzuordnenden Taten - an einem nicht näher bestimmten Tag in den Sommerferien 2012 soll der Angeklagte den Versuch eines Analverkehrs unternommen sowie an einem Freitag im November 2012 das Mädchen veranlasst zu haben, an ihm den Oralverkehr bis zum Samenerguss auszuüben, wobei er das Ejakulat mit einem Taschentuch aufgefangen habe, - zu weiteren etwa zehn Taten gekommen sei (u.a. mehrfacher Oralverkehr). Diese weiteren Taten wurden indessen nicht mehr erörtert, weil die Geschädigte nach gut zweistündiger Vernehmung müde und unaufmerksam geworden war. Der Angeklagte bestritt die Vorwürfe in seiner richterlichen Vernehmung am selben Tag.
Der Haftbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom 23. Dezember 2012 bezog sich lediglich auf die beiden in der Zeugenvernehmung konkretisierten Taten. Ohne die Zeugin O M erneut vernehmen zu lassen, fertigte die Staatsanwaltschaft im Verfahren 275 Js 5815/12 wegen dieser beiden Taten am 2. Januar 2013 sogleich eine Anklage, erhob diese am 5. Januar 2013 beim Amtsgericht Tiergarten - Jugendschöffengericht - und trennte das Verfahren hinsichtlich weiterer zehn Taten ab.
Mit Verfügung vom 4. Januar 2013 ordnete die Staatsanwaltschaft in dem abgetrennten Verfahren 275 Js 45/13 weitere Ermittlungen an, die das LKA Berlin in der Folgezeit wie folgt vornahm: Am 22. und 23. Januar 2013 fanden ausführliche Nachvernehmungen der Zeugin O M statt (Bl. 113 bis 172 Band I). Am 4. Februar 2013 wurde die (von der Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift später nur vorsorglich benannte) Zeugin D A und am 13. Februar 2013 in M. der Zeuge J W polizeilich vernommen. Mit diesen Vernehmungen lagen diejenigen Ermittlungsergebnisse vor, die die Staatsanwaltschaft - neben polizeilichen Zeugen sowie der Zeugin L M - ihrer Anklageschrift vom 20. Juni 2013 als tragend zugrunde gelegt hat. Auch nach dem Eingang des Berichts des LKA vom 20. März 2013, der auch Ermittlungen zu (weiteren) Zeugen vom Hörensagen zum Inhalt hatte und ankündigte, dass über die Vernehmung des Zeugen Malcolm Meckert nachberichtet werde (was am 28. März 2013 geschah), fand eine Förderung des vorliegenden Verfahrens bei der Staatsanwaltschaft zunächst nicht mehr statt.
Erst als am 20. Juni 2013 offenbar wurde, dass im Ausgangsverfahren die dort - zu spät - an diesem Tage durchgeführte Hauptverhandlung vom Jugendschöffengericht ausgesetzt werden würde, was seinen Grund in der monatelangen sachwidrigen Trennung der Verfahren und einer nicht genügenden Vorbereitung der Hauptverhandlung hatte, wurde die Anklageschrift noch an diesem Tag gefertigt. Am 25. Juni 2013 lag sie mit den Akten der Jugendkammer vor. Diese hat bereits am selben Tag einen Haftbefehl wegen der weiteren ...