Entscheidungsstichwort (Thema)

Identität von Beschwer und Rechtsmittelwert bei Auskunftsverpflichtung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist die weitere Beschwerde in Wohnungseigentumssachen ohne Rücksicht auf die Beschwer zulässig (BGHZ 119, 216 = NJW 1992, 3305); kann die dritte Instanz die Wertfestsetzung zweiter Instanz von Amts wegen ändern (§ 31 I 2 KostO), wegen der Unzulässigkeit der Erstbeschwerde nicht aber für die erste Instanz (Senat ZMR 1999, 659).

2. Bemisst sich die Beschwer für den unterlegenen Antragsgegner nach dem Aufwand für die Auskunftserteilung oder Rechnungslegung, so richtet sich danach auch der Geschäftswert in der Rechtsmittelinstanz (vgl. für den Berufungswert BGH NJW 1997, 2528).

 

Normenkette

WEG § 45 Abs. 1, § 48 Abs. 3; KostO § 31 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 4/200)

AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 70 II 517/99)

 

Tenor

Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen. Außergerichtliche Kosten dritter Instanz sind nicht zu erstatten.

In Änderung des angefochtenen Beschlusses wird der Geschäftswert zweiter Instanz auf 1.000,00 DM festgesetzt. Der Geschäftswert dritter Instanz beträgt ebenfalls 1.000,00 DM.

 

Gründe

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin war vor der ohne Anwaltszwang wirksamen Rechtsmittelrücknahme nach §§ 27, 29 FGG zulässig, auch wenn die Vermögenswerte Beschwer des § 45 Abs. 1 WEG durch den angefochtenen Beschluss nicht erreicht ist. Denn es entspricht einem allgemeinen Verfahrensgrundsatz der streitigen und freiwilligen Gerichtsbarkeit, dass ein weiteres Rechtsmittel ohne Rücksicht auf den Beschwerdewert stets dann zulässig ist, wenn das erste Rechtsmittel als unzulässig verworfen worden ist (BGHZ 119, 216 = NJW 1992, 3305 = WE 1993, 49).

Es entspricht billigem Ermessen, dass die Antragsgegnerin, nachdem sie ihre weitere Beschwerde mit Schriftsatz vom 20. Juli 2000 zurückgenommen hat, die Gerichtskosten dritter Instanz trägt (§ 47 Satz 1 WEG). Es besteht aber auch für die dritte Instanz keine Veranlassung, die Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen (§ 47 Satz 2 WEG). Eine Änderung der gleichlautenden Kostenentscheidung des Landgerichts ist nach der zutreffenden Verwerfung der Erstbeschwerde nicht angezeigt.

Wegen der Unzulässigkeit der Erstbeschwerde kann weder die Kostenentscheidung erster Instanz noch deren Geschäftswertfestsetzung von Amts wegen nach § 31 Abs. 1 KostO geändert werden, weil dies ein zulässiges Rechtsmittel voraussetzt, was bei der Erstbeschwerde nicht gegeben ist (Hartmann, Kostengesetze, 29. Aufl., KostO § 31 Rdn. 32 unter Hinweis auf Senat ZMR 1999, 659). Auch die dritte Instanz kann insoweit nicht mehr Befugnisse haben als die zweite Instanz.

Wegen der Zulässigkeit der weiteren Beschwerde ohne Rücksicht auf die Beschwer besteht allerdings für das Kammergericht die Möglichkeit, von Amts wegen auch die Festsetzung des Geschäftswertes zweiter Instanz zu ändern, wenn dies geboten ist. Der Hinweis auf den Regelwert nach § 30 Abs. 2 KostO ist nicht überzeugend. Die Grundsätze für die Wertfestsetzung, die etwa im Beschlussanfechtungsverfahren gelten (wonach der Geschäftswert sich auch in zweiter Instanz an dem Interesse aller Wohnungseigentümer an dem Bestand des Eigentümerbeschlusses orientiert, die Vermögenswerte Beschwer des in erster Instanz unterlegenen Antragstellers sich jedoch nur nach den finanziellen Auswirkungen des Eigentümerbeschlusses auf ihn richtet), können im Falle der Auskunftsklage nicht angewandt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH bemisst sich der Wert der Beschwer für das Rechtsmittel der zur Auskunftserteilung (oder Rechnungslegung) verurteilten Partei nach ihrem Interesse, die Auskunft (Rechnungslegung) nicht vornehmen zu müssen. Nach dieser Beschwer ist auch der Rechtsmittelwert zu bestimmen, das heißt auch der Gebührenstreitwert zweiter Instanz liegt nicht höher (vgl. BGH NJW 1997, 2528). Es besteht kein Anlass, dies im Wohnungseigentumsverfahren anders zu beurteilen. Zur Klarstellung sei aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Senat für den Fall des Beschlussanfechtungsverfahrens an der Divergenz zwischen dem Geschäftswert und der Vermögenswerten Beschwer des in erster Instanz unterlegenen Antragstellers festhält.

Die Festsetzung des Geschäftswerts zweiter und dritter Instanz beruht auf § 48 Abs. 3 WEG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 547000

NZM 2001, 714

ZMR 2000, 860

OLGR Düsseldorf 2001, 84

OLGR Frankfurt 2001, 84

OLGR Hamm 2001, 84

OLGR Köln 2001, 84

WuM 2001, 49

ZWE 2001, 32

IPuR 2000, 36

KG-Report 2001, 219

KG-Report 2001, 84

NJOZ 2001, 2128

OLGR----- 2001, 84

OLGR-BHS 2001, 84

OLGR-CBO 2001, 84

OLGR-KSZ 2001, 84

OLGR-KS 2001, 84

OLGR-MBN 2001, 84

OLGR-NBL 2001, 84

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