Gründe

In dem Strafverfahren gegen die heranwachsenden Angeklagten B. und Y. sowie die erwachsenen Angeklagten R. und E. hat das Landgericht Berlin - Jugendkammer -, nachdem es das Hauptverfahren mit der Maßgabe, daß sie des gemeinschaftlichen Mordes und der gemeinschaftlich gefährlichen Körperverletzung in sechs Fällen hinreichend verdächtig sind, eröffnet hatte, am 6. Juli 1994 die Zeugin H. als Nebenklägerin zugelassen. Unter Zulassung des Antrages im Sicherungsverfahren gegen den wegen dieser Taten gesondert verfolgten Beschuldigten S. zur Hauptverhandlung hat dieselbe Jugendkammer am 25. Juli 1994 das Verfahren zu dem gegen die vier Angeklagten gerichteten Strafverfahren verbunden. Gegen sie findet zur Zeit die Hauptverhandlung statt, in der sie gegen die Zulassung der Geschädigten als Nebenklägerin Beschwerden eingelegt haben. Der Angeklagte E. ist inzwischen freigesprochen worden; das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die nach § 304 Abs. 1 StPO zulässigen Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

I. Der Zulässigkeit der Beschwerden steht § 305 Satz 1 StPO nicht entgegen. Diese Vorschrift schließt zwar die Anfechtung von Entscheidungen des erkennenden Gerichts, die der Urteilsfällung vorausgehen, aus, doch dient der Beschluß über die Zulassung als Nebenkläger nicht ausschließlich der Vorbereitung der Urteilsfällung, sondern entfaltet darüber hinaus eine selbständige prozessuale Wirkung dahingehend, ob der Nebenkläger Verfahrensbeteiligter wird oder bleibt (vgl. OLG Düsseldorf NJW 1982, 2566; Pelchen in KK, StPO 3. Aufl., § 396 Rdn. 11; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 41. Aufl., § 396 Rdn. 1).

Die Beschwerde des Angeklagten B. ist, weil das gegen ihn ergangene Urteil noch nicht rechtskräftig ist, weiterhin zulässig (Wendisch in Löwe-Rosenberg, StPO 24. Aufl., § 396 Rdn. 17).

II. Die Rechtsmittel sind unbegründet.

1. Zu Recht hat das Landgericht die Geschädigte als Nebenklägerin zugelassen. Die Voraussetzungen des § 395 Abs. 1 Nr. 1 c StPO sind erfüllt. Die von dem Landgericht zur Hauptverhandlung zugelassene Anklageschrift weist hinreichend aus, daß die Zeugin H. Geschädigte im Sinne dieser Vorschrift ist. Bei Heranwachsenden ist die Nebenklage nicht ausgeschlossen (§ 109 Abs. 2 JGG).

2. Das Landgericht hat zutreffend davon abgesehen, die Geschädigte auch in dem Sicherungsverfahren gegen den zur Tatzeit jugendlichen Beschuldigten als Nebenklägerin zuzulassen. Hierzu ist sie nicht berechtigt. Die Unzulässigkeit der Nebenklage folgt insoweit aus § 80 Abs. 3 JGG, so daß die Frage, ob die Geschädigte in dem Sicherungsverfahren (§ 413 ff StPO) auch nach Ausweitung der Befugnis zur Nebenklage durch das Opferschutzgesetz vom 18. Dezember 1986 anschlußberechtigt ist (vgl. BGH NStZ 1992, 30; OLG Hamm SV 1992, 460; a.A. KG, Beschluß vom 19. Oktober 1994 - 5 Ws 396/94), hier keiner Entscheidung bedarf.

3. Das Landgericht hat ebenfalls mit Recht den Zulassungsbeschluß nach der Verbindung des Strafverfahrens gegen die Angeklagten mit dem Sicherungsverfahren gegen den Beschuldigten nicht aufgehoben. Die Frage, ob die Unzulässigkeit der Nebenklage im Jugendverfahren den Ausschluß der Nebenklage in Verfahren, in denen - wie hier - neben einem Jugendlichen auch Heranwachsende oder Erwachsene angeklagt sind, insgesamt bewirkt, ist in der Rechtsprechung unterschiedlich behandelt worden. Das OLG Köln (NStZ 1994, 298 f) hat dies unter Hinweis auf § 80 Abs. 3 JGG ohne nähere Begründung bejaht. Demgegenüber hält das OLG Düsseldorf (NStZ 1994, 299) die Nebenklage nur gegen jugendliche Angeklagte für ausgeschlossen, gegen Heranwachsende und Erwachsene jedoch für zulässig. Es ist der Auffassung, daß bei verbundenen Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende oder Erwachsene die jeweiligen Verfahren selbständig bleiben, und zwar auch im Hinblick auf die prozessuale Rechtsstellung Dritter, und will den §§ 103, 104 JGG und §§ 109, 112 JGG entnehmen, daß die Nebenklage nur gegen Jugendliche, nicht aber gegen Heranwachsende und Erwachsene ausgeschlossen ist. Es meint, für eine Einschränkung der Anschlußberechtigung nach § 395 StPO gäbe es keine gesetzliche Grundlage. Auch das LG Duisburg (StV 1994, 606 f) hält die Nebenklage gegen Erwachsene und Heranwachsende für zulässig, folgert dies aber aus dem Fehlen einer den §§ 48 Abs. 3, 49 Abs. 2 JGG entsprechenden Regelung in § 80 Abs. 3 JGG und dem § 109 JGG.

In der Begründung differenzierend hält der Senat hier die Nebenklage in dem Strafverfahren gegen die heranwachsenden und erwachsenen Anklagten für zulässig, weil gegen den jugendlichen Beschuldigten im Jugendstrafverfahren das Sicherungsverfahren durchgeführt wird. Mit der hier nach § 237 StPO, §§ 103 Abs. 1, 122 Satz 1 JGG erfolgten Verbindung des Strafverfahrens mit dem Sicherungsverfahren wird eine nur lose Verfahrensverbindung hergestellt, bei der die Selbständigkeit der verbundenen Sachen gewahrt bleibt, so daß sie ihren eigenen Gesetzen folgen (vgl. BGH 19, 177, 182; Gollwitzer in Löwe-Rosenberg aaO, § 237 Rdn. 11 f). Das Jugendgerichtsges...

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