Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen (530) 231 Js 847/16 KLs (39/16)) |
Tenor
Die einstweilige Unterbringung des Angeklagten dauert fort.
Bis zum Urteil, längstens bis zum 1. Februar 2017, wird die Unterbringungsprüfung dem Landgericht Berlin übertragen.
Gründe
I.
Die Staatsanwaltschaft Berlin wirft dem Angeklagten mit der am 10. März 2016 beim Amtsgericht Tiergarten in Berlin eingegangenen Anklage vom 8. März 2016 vor, am 24. Februar 2016 gegen 21.00 Uhr in die in der S.-straße in Berlin gelegenen Büroräume der Fa. S.T.S. GmbH widerrechtlich eingedrungen zu sein, indem er die Eingangstür der im dortigen dritten Obergeschoss befindlichen Räume durch "Falledrücken" mit Hilfe eines Küchenmessers mit sieben Zentimeter langer Klinge, das er dabei hatte, geöffnet zu haben. Sodann habe er die Büroräume nach werthaltigen Gegenständen durchsucht und eine fremde EC-Karte, Bargeld in Höhe von insgesamt 695,00 Euro, zwei Mobiltelefone sowie zwei Schlüssel an sich genommen und alles in eine mitgeführte Tasche sowie seine Kleidung gesteckt, um diese Sachen und das Geld, worauf er keinen durchsetzbaren rechtlichen Anspruch hatte, für sich zu verwenden; Vergehen strafbar gemäß §§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB.
Der Angeklagte wurde noch am Tattag am Tatort vorläufig festgenommen - ohne Widerstand zu leisten - und befand sich zunächst seit dem 25. Februar 2016 aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin von diesem Tage - 385 Gs 59/16 -, der auf den oben beschriebenen Sachverhalt gestützt war, in Untersuchungshaft. Am 14. April 2016 veranlasste die Vorsitzende des Schöffengerichts die Begutachtung des Angeklagten hinsichtlich seiner Schuldfähigkeit, nachdem dieser im Haftprüfungstermin vom 13. April 2016 u.a. angegeben hatte, dass er "außer mit Jesus Christus" mit niemandem reden wolle. In einem ersten vorläufigen Gutachten vom 19. Mai 2016 kam die Sachverständige H. zu dem Ergebnis, dass der Angeklagte u.a. an einer paranoiden Schizophrenie leide. Ihm fehle sowohl jede Krankheits- als auch Behandlungseinsicht. Zur Tatzeit sei ihm trotz erhaltener Unrechtseinsicht "mit hoher Wahrscheinlichkeit ein realitätsgerechtes Handeln nicht möglich gewesen".
Daraufhin erließ das Schöffengericht am 3. Juni 2016 den derzeit vollzogenen Unterbringungsbefehl ([241] 231 Js 847/16 Ls - [4/16]) und hob den Haftbefehl auf. Mit Beschluss vom selben Tage legte das Schöffengericht die Sache dem Landgericht Berlin gemäß § 209 StPO zur Entscheidung über eine mögliche Übernahme vor. Durch Beschluss vom 14. Juni 2016 lehnte die 23. Strafkammer des Landgerichts die Übernahme ab, weil aus ihrer Sicht die dem Angeklagten aktuell zur Last gelegte Tat die Erheblichkeitsschwelle des § 63 StGB (n.F.) nicht erreicht.
Mit Beschluss vom 13. Juli 2016 eröffnete das Schöffengericht daraufhin das Hauptverfahren und ließ die Anklage zur Hauptverhandlung zu. Zum Ende der Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht am 2. September 2016 verwies es die Sache durch Beschluss gemäß § 270 StPO an die große Strafkammer des Landgerichts, weil es die Voraussetzungen einer Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB für gegeben erachtete und ihm für deren Anordnung die sachliche Zuständigkeit fehlt (§ 74 Abs. 1 Satz 2 GVG).
Mit Verfügung vom selben Tage leitete die Vorsitzende die vorliegenden Doppelbände dem Senat zur Unterbringungsprüfung gemäß §§ 126a Abs. 2 Satz 2, 122 Abs. 1 StPO zu. Der Vorsitzende der für die Hauptverhandlung vor dem Landgericht Berlin zuständigen 30. Strafkammer hat auf telefonische Nachfrage mitgeteilt, dass die Kammer die Sache im Hinblick auf ihre Auslastung mit Haftsachen voraussichtlich nicht vor dem 12. oder 13. Januar 2017 wird verhandeln können.
Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die Anklage der Staatsanwaltschaft Berlin und den Unterbringungsbefehl des Amtsgerichts Tiergarten.
II.
1. Es sind weiter dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass der Angeklagte die ihm zur Last gelegte rechtswidrige Tat im Zustand der erheblich verminderten (§ 21 StGB) oder sogar aufgehobenen (§ 20 StGB) Schuldfähigkeit begangen hat.
a) Der Angeklagte ist der ihm zur Last gelegten Tat aufgrund der im Unterbringungsbefehl und der Anklage genannten Beweismittel - namentlich seiner geständigen Einlassung - dringend verdächtig.
b) Es sind zudem dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass gemäß § 63 StGB die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus, gegebenenfalls neben einer Strafe, angeordnet werden wird (§ 126a Abs. 1 StPO).
Die medizinische Sachverständige Frau H. hat sowohl in ihrem zweiten vorläufigen forensisch-psychiatrischen Gutachten vom 15. August 2016 als auch in ihrem mündlichen Gutachten in der Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht am 2. September 2016 dargelegt, dass bei dem Angeklagten seit etwa 2012/2013 eine paranoide Schizophrenie mit der Ausprägung eines religiösen Wahns vorliege, die "sehr wahrscheinlich" (so das schriftliche Gutachten)...