Normenkette

BGB §§ 134, 138, 242; GBO §§ 13, 18-19; WEG § 5 Abs. 4, §§ 8, 25 Abs. 2 S. 1

 

Tenor

Eine Regelung in der Gemeinschaftsordnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft, wonach diejenigen, denen ein Miteigentumsanteil gemeinschaftlich zusteht, zur Bestellung eines Bevollmächtigten verpflichtet sind und ihr Stimmrecht bis dahin ruht, ist nicht offensichtlich unwirksam oder unbeachtlich. Das Grundbuchamt kann sie im Rahmen des Vollzugs eines Antrags auf Aufteilung eines Grundstücks in Wohnungseigentum nicht beanstanden. Dies gilt nicht für eine Regelung, die das Stimm- und Teilnahmerecht in der Eigentümerversammlung von der Eigentümerstellung im Zeitpunkt der Ladung abhängig macht.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, eine Zwischenverfügung nach Maßgabe der nachfolgenden Gründe zu erlassen.

 

Gründe

1. Die Beschwerde ist zulässig, § 71 Abs. 1 GBO, und führt in der Sache zu einem vorläufigen Erfolg.

a) Hat das Grundbuchamt durch Zwischenverfügung Gelegenheit zur Hebung eines einer beantragten Eintragung entgegenstehenden Hindernisses gegeben, ist der Antrag nach Ablauf der von dem Grundbuchamt gesetzten Frist zurückzuweisen, wenn nicht inzwischen die Hebung des Hindernisses nachgewiesen ist, § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, S. 2 GBO. Vorliegend hatte das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung vom 19. August 2016 auf zahlreiche Eintragungshindernisse hingewiesen, deren Hebung die Beteiligte auch nach wiederholter Fristverlängerung nicht nachgewiesen hatte. Danach war die Zurückweisung des Antrags vom 5. August 2016 zunächst nicht zu beanstanden.

b) Die Beschwerde kann auf neue Tatsachen und Beweise gestützt werden, § 74 GBO. Auch dies hat das Grundbuchamt im Rahmen der von ihm geprüften Abhilfe gem. § 75 GBO zutreffend erkannt und wegen der mit der Beschwerde eingereichten Unterlagen die Beanstandungen aus der Zwischenverfügung vom 19. August 2016 weitgehend für erledigt erachtet. Gleichwohl hat es sich an der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und dem Vollzug des Antrags auf Aufteilung des Grundstücks in Wohnungs- und Teileigentumsrechte im Grundbuch gehindert gesehen, weil die Beteiligte - was zutrifft - das unter Ziffer 8 der Zwischenverfügung aufgeführte Eintragungshindernis nicht beseitigt hat. Dies beanstandet die Beteiligte zu Recht, weil die Zwischenverfügung insoweit nicht veranlasst war. Das zu Ziffer 8 aufgeführte Eintragungshindernis besteht nicht.

aa) Das Grundbuchamt darf eine gem. §§ 19 GBO, 8, 5 Abs. 4 WEG zur Eintragung bewilligte Bestimmung der Gemeinschaftsordnung nur beanstanden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass das Grundbuch durch die Eintragung unrichtig würde, weil die Bestimmung unwirksam oder unbeachtlich ist (Senat, Beschluss vom 20. September 2016 - 1 W 93/16 - ZWE 2017, 403; OLG Hamm, MittBayNot 2018, 22; Hügel/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 7, Rdn. 55; Demharter, GBO, 30. Aufl., Anhang zu § 3, Rdn. 25). Als Prüfungsmaßstab kommen dabei die §§ 134, 138 BGB sowie § 242 BGB in Betracht (BGH, NJW 2011, 679, 680). Ob die Regelungen in § 17 Ziff. 17.1 der zur Eintragung beantragten Gemeinschaftsordnung hiergegen verstoßen, ist nicht offensichtlich.

bb) Allerdings gehört das Stimmrecht der Wohnungseigentümer zum Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte, das nur ausnahmsweise und lediglich unter eng begrenzten Voraussetzungen eingeschränkt werden darf (BGH, NZM 2014, 275, 276; NJW 2011, 679, 681). Ein allgemeiner Ausschluss des Wohnungseigentümers vom Stimmrecht verbietet sich ohnehin (BGH, NJW 2002, 1647, 1651; BGHZ 99, 90, 95).

Dieses Stimmrecht wird durch die von dem Grundbuchamt beanstandete Regelung betroffen. Sie verpflichtet diejenigen, denen ein Miteigentumsanteil gemeinschaftlich zusteht, zur Bestellung eines Bevollmächtigten und ordnet das Ruhen des Stimmrechts bis dahin an. Das ist aber nicht ohne weiteres zu beanstanden. Das Stimmrecht von Mitberechtigten an einem Wohnungseigentum unterscheidet sich schon von Gesetzes wegen von dem eines Alleinberechtigten.

(1) Steht ein Wohnungseigentum mehreren gemeinschaftlich zu, so können Sie das Stimmrecht nur einheitlich ausüben, § 25 Abs. 2 S. 2 WEG. Der Vorschrift liegt der Gedanke zu Grunde, dass bei mitberechtigten Eigentümern an einem Wohnungseigentum eine übereinstimmende Interessenlage besteht und deshalb eine einheitliche Stimmausübung sachgerecht ist (BGH, NJW 2002, 1647, 1650). Infolgedessen entfällt das Stimmrecht von Mitberechtigten, wenn sie sich nicht über die Ausübung ihrer gemeinsamen Stimme einigen können (OLG Rostock, Beschluss vom 12. September 2005 - 7 W 43/03 - juris; Hügel/Elzer, a.a.O., § 25, Rdn. 8; Schultzky, in: Jennißen, WEG, 5. Aufl. 2017, § 25, Rdn. 31). Darüber hinaus sollen die anderen Wohnungseigentümer durch § 25 Abs. 2 S. 1 WEG vor divergierenden Stimmabgaben geschützt und im Interesse der Rechtsklarheit ein problemloser Versammlungsablauf gewährleistet werden (Merle, in: Bärmann, WEG, 13. Aufl. § 25, Rdn. 47; Hügel/Elzer, a.a.O., § 25, Rdn. 6; Schultzky, in: Jennißen, WEG, 5. Auf...

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