Leitsatz (amtlich)
1. Die Bestimmung der Tilgungsfristen für die bis zum 30. April 2014 vorgenommenen Eintragungen im Fahreignungsregister (für sog. Altfälle) richtet sich nach § 65 Abs. 3 StVG i.V.m. § 29 Abs. 1 a.F. StVG.
2. Eintragungen im Fahreignungsregister nach § 65 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 StVG, die nach § 29 Abs. 1 Nr. 2a, Nr. 3 a.F. StVG einer zehnjährigen Tilgungsfrist unterliegen, dürfen nach § 29 Abs. 8 Satz 2 a.F. StVG bereits nach Ablauf einer Tilgungsfrist von fünf Jahren in einem Bußgeldverfahren wegen Führens eines Kraftfahrzeuges unter der Wirkung von Cannabis nach § 24a Abs. 2 StVG bei der Rechtsfolgenentscheidung nicht mehr berücksichtigt werden.
Normenkette
StVG § 24a Abs. 2; StVG a.F. § 29 Abs. 1 Nrn. 2a, 3, Abs. 8 S. 2; StVG § 65 Abs. 3 Nr. 2 S. 1
Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 20.11.2015; Aktenzeichen 317 OWi 1163/15) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 20. November 2015 mit der Maßgabe abgeändert, dass die Geldbuße auf 500 Euro und die Dauer des Fahrverbotes auf einen Monat herabgesetzt wird.
Der Betroffene hat die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen zu tragen; jedoch wird die Gebühr für das Rechtsbeschwerdeverfahren um 2/3 ermäßigt. In diesem Maße fallen die notwendigen Auslagen des Betroffenen im Rechtsbeschwerdeverfahren der Landeskasse zur Last.
Die Paragraphenkette der angewendeten Vorschriften wird wie folgt korrigiert:
§§ 24a Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 3, 1 Abs. 1 und 2, 4 Abs. 3 BKatV mit Anlage I lfd. Nr. 242, § 17 OWiG.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Tiergarten hat den Betroffenen wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeuges unter der Wirkung des berauschenden Mittels Cannabis gemäß § 24a (ergänzt: Abs. 2 und 3 StVG i.V.m. §§ 1 Abs. 1 und 2, 4 Abs. 3 BKatV mit Anlage I, lfd. Nr. 242.2) zu einer Geldbuße von 1200 Euro verurteilt, ein dreimonatiges Fahrverbot festgesetzt und eine Wirksamkeitsbestimmung unter Zubilligung des Erstverbüßerprivilegs nach § 25 Abs.2a StVG getroffen.
Dagegen richtet sich die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt, eine Aufklärungsrüge sowie die allgemeine Sachrüge erhebt.
Das Amtsgericht hat demnach rechtskräftig festgestellt:
"Der Betroffene befuhr am 10. Juni 2015 um 19.00 Uhr mit seinem Fahrzeug, amtliches Kennzeichen B - MK 1359, den Straupitzer Steig in 13435 Berlin, obwohl er unter der Wirkung von Cannabis stand, was er hätte erkennen können und müssen. Eine dem Betroffenen am Tatabend entnommene Blutprobe wies 1,7 ng/ml THC, 20 ng/ml THC-Carbonsäure als Hauptmetabolit des THC und 1,1, ng/ml 11-Hydroxy-THC, ein weiterer Metabolit des THC, auf. Der Betroffene, der noch im Fahrzeug einen Joint rauchte, als er von der Polizei angehalten wurde, hatte zuvor einen Freund besucht und auch in dessen Wohnung mit diesem gemeinsam Cannabis geraucht. Da das Fahrzeug des Betroffenen ordnungswidrig abgestellt war, wollte er es im Rahmen der tatgegenständlichen Fahrt umparken".
II.
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerde hat aus dem Tenor ersichtlichem Umfang Erfolg.
1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 OWiG zulässig.
a) Der fehlende ausdrückliche Rechtsbeschwerdeantrag steht der Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht entgegen, weil es ausreichend ist, wenn aus dem Inhalt der Beschwerdegründung das Ziel der Rechtsbeschwerde eindeutig zu entnehmen ist (vgl. Senat, Beschlüsse vom 28. April 2015 - 3 Ws (B) 183/15 - und 5. März 2011 - 3 Ws (B) 131/12 -). Dies ist vorliegend der Fall. Der Beschuldigte erstrebt das Herabsetzen der Geldbuße und eine zeitliche Reduzierung des Fahrverbotes. Soweit der Verteidiger mit Schriftsatz vom 8. Februar 2016 das Stellen des Rechtsbeschwerdeantrages nachgeholt hat, ist dies unbeachtlich, weil dieser Vortrag erst nach Ablauf der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist nach §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 345 Abs. 1 Satz 1 StPO erfolgt ist. Nach Verstreichen dieser Frist sind Rechtsausführungen, aber nicht neuer Tatsachenvortrag zu beachten.
Im Übrigen lässt das Erheben der allgemeinen Sachrüge erkennen, das das gesamte Urteil zur Überprüfung gestellt wird, wobei der Betroffene ausdrücklich das Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat.
b) Die Beschränkung der Rechtsbeschwerde ist zulässig.
Wie im Strafverfahren ist auch im Rechtsbeschwerdeverfahren nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz eine Beschränkung möglich, wenn der angefochtene Teil losgelöst und selbstständig von dem nicht angefochtenen Teil der Entscheidung beurteilt werden kann (vgl. Seitz in Göhler, Ordnungswidrigkeitengesetz, 16. Aufl. 2012, § 79 Rn. 32).
Die Beschränkung bezieht sich auf den Rechtsfolgenausspruch. Dieser kann losgelöst von den den Schuldspruch nach § 24a Abs. 2 und 3 StVG tragenden Feststellungen des Amtsgerichts beurteilt werden. Auch sind die Feststellungen ausreichend für die vom Senat zu treffende Entscheidung über die...