Leitsatz (amtlich)
Mit Beendigung des Mietvertrages endet auch die Pflicht des Vermieters zur Gebrauchsüberlassung gem. § 535 Abs. 1 BGB. Bei der Prüfung der Frage, ob der Vermieter gleichwohl nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB zur Versorgungsleistung verpflichtet ist, ist das Interesse des Mieters an der Aufrechterhaltung des Mietgebrauchs gegenüber dem Interesse des Vermieters an der Einstellung der Versorgungsleistungen abzuwägen. Unerheblich ist dabei das Interesse des Vermieters auf Räumung.
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 12 O 471/10) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat folgt den in jeder Hinsicht zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet worden sind. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
I. Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall.
Der Senat geht mit dem LG davon aus, dass dahingestellt bleiben kann, ob das Mietverhältnis zwischen den Parteien aufgrund Zeitablaufs oder aufgrund einer der zahlreich erklärten Kündigungen des Verfügungsbeklagten beendet worden ist. Zwar endet mit einer Beendigung des Mietvertrages auch die Pflicht des Vermieters zur Gebrauchsüberlassung gem. § 535 Abs. 1 BGB, aber selbst wenn der Verfügungsbeklagte aufgrund Beendigung des Mietverhältnisses nicht mehr zur Gebrauchsüberlassung verpflichtet sein sollte, so wäre er gleichwohl gegenüber der Verfügungsklägerin nach Treu und Glauben zur Erbringung der Versorgungsleistungen, insbesondere der Wasserversorgung verpflichtet. Diese nachvertragliche Verpflichtung ergibt sich im vorliegenden Fall aus den besonderen Belangen der Verfügungsklägerin, die entsprechend der vertraglichen Vereinbarung in den Mieträumen ein Friseurgeschäft betreibt. Da ein Friseurgeschäft ohne Wasser nicht betrieben werden kann, droht der Verfügungsklägerin bei fehlender Wasserversorgung ein besonders hoher Schaden. Die Verfügungsklägerin hat durch Vorlage der eidesstattlichen Versicherung des Herrn A.W. vom 1.10.2010 glaubhaft gemacht, dass der weit überwiegende Anteil der von der Verfügungsklägerin angebotenen Dienstleistungen ohne Wasser nicht erbracht werden kann, so dass der Laden mangels Wasserversorgung geschlossen werden müsste und erhebliche Umsatzeinbußen entstünden. Eine über die Vertragsbeendigung hinausgehende Versorgungsverpflichtung würde zwar allein den Interessen der Verfügungsklägerin dienen. Die trotz beendeten Vertrages aus Treu und Glauben nach § 242 BGB herzuleitende Verpflichtung zur Wasserversorgung ist hier jedoch dadurch gerechtfertigt, dass sie den berechtigten Interessen des Verfügungsbeklagten nicht in einer Weise zuwiderläuft, die ihm die weitere Leistung unzumutbar macht (vgl. insoweit BGH, BGHZ 180, 300).
Vorliegend verkennt der Verfügungsbeklagte, dass bei der erforderlichen Interessenabwägung nicht das Interesses an der Aufrechterhaltung des Gebrauchs gegenüber dem Interesse auf Räumung, sondern vielmehr das Interesse der Verfügungsklägerin an der Aufrechterhaltung der Wasserversorgung gegenüber dem Interesse des Verfügungsbeklagten an der Einstellung der Versorgungsleistungen abzuwägen ist. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist nach der Rechtsprechung des BGH (BGH, a.a.O.), der sich der Senat anschließt, insbesondere auch darauf abzustellen, ob dem Vermieter durch die Aufrechterhaltung der Versorgungsleistung trotz Vertragsbeendigung ein - weiterer - Schaden entsteht. Das LG hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass dem Verfügungsbeklagten durch die Aufrechterhaltung der Wasserversorgung kein - weiterer - Schaden entsteht, da die Verfügungsklägerin aktuell keinen Mietrückstand hat und weder Betriebskostenabrechnungen oder Vorschüsse offen sind. Soweit der Verfügungsbeklagte vorträgt, die Verfügungsklägerin habe den Mietzins für den Monat Oktober 2010 nicht ausgeglichen, hat diese durch Vorlage von Kontoausdrucken im Termin am 18.11.2010 glaubhaft gemacht, dass sie die Miete für den Monat Oktober 2010 am 1.10.2010 auf das Konto des Verfügungsbeklagten überwiesen hat und dass dieser am 6.10.2010 den überwiesenen Betrag an die Verfügungsklägerin mit dem Vermerk "Zurückbuchung da Vertragsende 30.9.2010" zurück überwiesen hat. Der Verfügungsbeklagte befindet sich bezüglich der Miete für den Monat Oktober 2010 gem. § 293 BGB in Annahmeverzug. Die Miete für den Monat November 2010 ist zwar erst am 11.11.2010 und damit verspätet auf dem Konto des Verfügungsbeklagten eingegangen. Der hierdurch bedingte Zinsverlust ist allerdings nicht so erheblich, als dass davon ausgegangen werden müsste, dass dies den Interessen des Verfügungsbeklagten in einer Weise zuwider läuft, dass ihm hierdurch die weit...