Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergleich im Erbscheinsverfahren; Rechtsmitteleinlegung bei Verpflichtung, nicht gegen Erbschein vorzugehen
Leitsatz (amtlich)
1. Die von einem Beteiligten durch gerichtlichen Vergleich im Erbscheinsverfahren eingegangene Verpflichtung, gegen einen erteilten Erbschein nicht mehr durch Ausübung von Verfahrensrechten vorzugehen, erstreckt sich auf einen inhaltsgleichen Erbschein, an dessen Erteilung aus besonderen Gründen ein Rechtsschutzinteresse besteht (hier: BGH v. 24.1.2001 – IV ZB 24/00, BGHReport 2001, 330 = MDR 2001, 816).
2. Ein entgegen dieser Verpflichtung eingelegtes Rechtsmittel ist als unzulässig zu verwerfen.
Normenkette
BGB §§ 779, 2353; FGG § 19
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 21.11.2001; Aktenzeichen 87 T 185/01) |
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Aktenzeichen 62 VI 358/80) |
Tenor
1. Die weitere Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
Der Geschäftswert wird für das Verfahren der weiteren Beschwerde auf 3.000 Euro festgesetzt.
Die Beteiligte zu 2) hat der Beteiligten zu 1) die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
2. Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
1. Die weitere Beschwerde ist unzulässig. Zwar ist sie an sich gem. §§ 27, 29 FGG zulässig eingelegt mit dem Ziel der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, durch den der Beschluss des AG vom 24.10.1997 aufgehoben und das AG angewiesen worden ist, der Beteiligten zu 1) einen gegenständlich beschränkten Erbschein für im Beitrittsgebiet belegenes Grundvermögen, der sie als Alleinerbin – zu ergänzen: nach bürgerlichem Recht – ausweist, zu erteilen (vgl. Keidel/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 84 Rz. 3 m.w.N.). Auch die erforderliche Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 2) gem. § 20 Abs. 1 FGG ist gegeben. Durch den Inhalt eines Erbscheins in eigenen Rechten beeinträchtigt ist, wer das für einen anderen bescheinigte Erbrecht selbst in Anspruch nimmt, wobei für die Prüfung der Rechtsbeeinträchtigung die Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung zu unterstellen ist. Diese Voraussetzung ist vorliegend gegeben, da die von der Beteiligten zu 2) aufgrund des Testaments des Erblassers vom 4.7.1978 geltend gemachte erbrechtliche Stellung als Miterbin zur Hälfte in dem Erbschein nicht ausgewiesen wird (vgl. Keidel/Kahl, FGG, 15. Aufl., § 20 Rz. 18, 73 m.w.N.).
Das Rechtsmittel ist jedoch deshalb unzulässig, weil sich die Beteiligte zu 2) in dem im vorangegangenen Beschwerdeverfahren vor dem LG am 3.2.1981 geschlossenen Vergleich verpflichtet hat, den Bestand des der Beteiligten zu 1) erteilten Alleinerbscheins vom 26.9.1980 nicht mehr anzugreifen, diese Verpflichtung weiterhin wirksam ist und sich auf den im vorliegenden Verfahren beantragten Erbschein erstreckt.
a) Nach allgemeiner Auffassung ist ein gerichtlicher Vergleich in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zulässig, wenn und soweit der Gang des Verfahrens und das vom Vergleich betroffene Rechtsverhältnis der Dispositionsbefugnis der Vergleichsbeteiligten unterliegt, sie also nach materiellem Recht wirksam über den jeweiligen Verfahrensgegenstand verfügen können. Demgemäß ist für das Erbscheinsverfahren allgemein anerkannt, dass sich die Beteiligten mit materiell-rechtlich bindender Wirkung über die Ausübung von Verfahrensrechten, wie die Stellung und Rücknahme von Anträgen und Rechtsmitteln bzw. einen Verzicht auf solche, einigen können. Über die Erbenstellung selbst ist eine Einigung mit dinglicher Wirkung nicht möglich, da diese nur durch Gesetz oder durch eine (wirksame) letztwillige Verfügung begründet werden kann; nur über die Ausübung von die Erbfolge beeinflussenden Gestaltungsrechten wie die Ausschlagung der Erbschaft oder die Anfechtung von letztwilligen Verfügungen können sich die Beteiligten einigen (vgl. zu Vorstehendem BayObLGZ 1966, 233 [236]; BayObLG v. 4.1.1991 – BReg.1a Z 18/90, BayObLGZ 1991, 1 [6]; v. 14.7.1997 – 1Z BR 39/97, BayObLGZ 1997, 217 [220] = BayObLGReport 1997, 69 = MDR 1997, 1031 = ZEV 1997, 461 m. Anm. Ott; OLG Stuttgart v. 22.11.1983 – 8 W 328/83, MDR 1984, 403; Jansen, FGG, 2. Aufl., Vorbem. §§ 8–18 Rz. 80; Keidel/Meyer/Holz, FGG, 14.Aufl., Vorb. §§ 8–18 Rz. 24). Ein Auslegungsvertrag über die Gültigkeit oder die Auslegung einer letztwilligen Verfügung, durch den sich die Beteiligten schuldrechtlich verpflichten, einander so zu stellen, als sei die vereinbarte Auslegung zutreffend (vgl. BGH DNotZ 1987, 109 m. Anm. Cieslar = JR 1986, 373 m. Anm. Damrau = MittBayNot 1998, 365 m. Anm. Geimer), kann daher, auch wenn es sich um einen gerichtlichen Vergleich handelt, das Nachlassgericht nicht binden und seine Pflicht zur Prüfung und Ermittlung von Amts wegen (§§ 2358 BGB, 12 FGG) nicht beseitigen. Allenfalls kann ihm indizielle Wirkung zukommen, wenn nach den Umständen angenommen werden kann, dass die vereinbarte Auslegung dem Erblasserwillen entsp...