Leitsatz (amtlich)
Die Erledigungserklärung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses, das heißt des Eintritts der Rechtshängigkeit; bloße Anhängigkeit genügt nicht.
Erklären die Parteien trotz fehlender ordnungsgemäßer Klagezustellung die Sache übereinstimmend für erledigt, ist die zustimmende Erklärung des Beklagten in der Regel als ein solcher - konkludenter - Verzicht anzusehen.
§ 5 Abs. 2 COVMG ("kann der Vorstand") setzt eine Entscheidung des Vorstands voraus, die Mitgliederversammlung abweichend von § 32 Abs. 1 Satz 1 BGB auf der Grundlage des § 5 Abs. 2 COVMG durchzuführen. Für eine derartige Entscheidung ist gemäß § 28 BGB ein Beschluss des Vorstands notwendig.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 19.08.2022; Aktenzeichen 25 O 52/22) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 19.08.2022, Az. 25 O 52/22, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
4. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 3.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer begehrt die Abänderung eines Kostenbeschlusses gem. § 91a ZPO.
Mit Schriftsatz vom 28.09.2021 erhob die Klägerin gegen den Beklagten Klage, mit der festgestellt werden sollte, dass die Wahl verschiedener Personen zum Vorsitzenden, zu stellvertretenden Vorsitzenden, zur Schatzmeisterin sowie zu Kassenprüfern des Beklagten im Rahmen einer online durchgeführten Versammlung des Beklagten am 22.09.2021 jeweils unwirksam und die Klägerin weiterhin Schatzmeisterin sei.
Die Klage ist in der Folge nicht förmlich zugestellt worden, vielmehr hat der Beklagte erst durch die Zustellung eines zwischenzeitlich am 23.12.2021 ergangenen Versäumnisurteils von der Klage erfahren. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 03.01.2022 Einspruch eingelegt, Einsicht in die Gerichtsakte genommen und eine ordnungsgemäße Klagezustellung gerügt.
Mit Schriftsatz vom 06.07.2022 teilte die Klägerin mit, dass zwischenzeitlich Neuwahlen zum Vorstand des Beklagten stattgefunden hätten, und erklärte den Rechtstreit in der Hauptsache für erledigt. Der Beklagte bestätigte die Neuwahlen und erklärte mit Schriftsatz vom 11.07.2022 ebenfalls die Erledigung des Rechtstreits in der Hauptsache.
Mit hier angegriffenem Beschluss vom 19.08.2022 erlegte das Landgericht dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auf. Der Beschluss wurde dem Beklagten am 23.08.2022 zugestellt. Dagegen legte er mit Schriftsatz vom 05.09.2022 sofortige Beschwerde ein, mit der er beantragt, die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin aufzuerlegen. Das Landgericht half der Beschwerde mit Beschluss vom 22.09.2022 nicht ab und verfügte die Vorlage der Akten an das Kammergericht zur Entscheidung über die Beschwerde.
II. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 19.08.2022 ist gem. §§ 91a Abs. 2 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Senat entscheidet durch den Einzelrichter, weil der angefochtene Beschluss des Landgerichtes von einem Einzelrichter erlassen wurde (§ 568 S. 1 ZPO).
Die sofortige Beschwerde des Beklagten hat keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden.
1. Die Voraussetzungen für eine Kostenentscheidung auf der Grundlage von § 91a ZPO liegen vor. Die Parteien haben den Rechtstreit übereinstimmend wirksam in der Hauptsache für erledigt erklärt.
a) Die Erledigungserklärung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses, das heißt des Eintritts der Rechtshängigkeit; bloße Anhängigkeit genügt nicht (OLG München, Beschluss vom 7. Juli 2017 - 13 W 941/17 - juris Rn. 11; OLG Brandenburg, Beschluss vom 2. August 2000 - 9 WF 90/00 - juris Rn. 8; Althammer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022, § 91a Rn. 17 m.w.N. auch zur Gegenauffassung; Smid/Hartmann in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl., § 91a Rn. 75).
Hier ist die Klage dem Beklagten nicht ordnungsgemäß zugestellt worden, vielmehr hat er erst durch Übersendung des Versäumnisurteils und die nachfolgende Einsicht in die Gerichtsakte Kenntnis von der Klage erlangt.
Indes kann gemäß § 295 Abs. 1 ZPO die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verhandlung, die auf Grund des betreffenden Verfahrens stattgefunden hat oder in der darauf Bezug genommen ist, den Mangel nicht gerügt hat, obgleich sie erschienen und ihr der Mangel bekannt war oder bekannt sein musste. Zu den im Regelfall verzichtbaren Rügen gehören Beanstandungen hinsichtlich der Zustellung der Klageschrift (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 1983 - IVb ZB 29/82 - juris Rn. 9; Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022, § 295 Rn. 3).
Erklären die Parteien trotz fehlender ordnungsgemäßer Klagezustellung die Sache übereinstimmend für...