Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 18.01.1999; Aktenzeichen 85 T 158/99 WEG) |
AG Berlin-Wedding (Aktenzeichen 70 II 57/98 WEG) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 18. Januar 1999 – 85 T 158/99 WEG – wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 20.000,00 DM.
Gründe
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin ist nach §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig. Sie ist jedoch in der Sache nicht gerechtfertigt. Einen Rechtsfehler, auf dem das Rechtsmittel mit Erfolg allein gestützt werden kann (§ 27 FGG), weist der angefochtene Beschluss nicht auf.
Rechtlich einwandfrei führt das Landgericht aus, dass dem Antragsteller gegen die Antragsgegnerin aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG ein Anspruch auf Beseitigung der an der Ostseite des Gebäudes errichteten Treppenanlage sowie aus den §§ 823 Abs. 1, 249 Satz 1 BGB ein Anspruch auf Wiederherstellung der an der Ostfassade befindlichen Balkonbrüstungsmauer in dem früheren Zustand zusteht.
Die Feststellungen, auf denen die Entscheidung des Landgerichts beruhen, sind entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Der Verzicht auf die Vernehmung der geladenen und zum Verhandlungstermin am 18. Januar 2000 erschienenen Zeugen ist verfahrensfehlerfrei. Entgegen der Rechtsansicht der Antragsgegnerin war insoweit ein vorheriger rechtlicher Hinweis durch das Landgericht nicht erforderlich. Die Ladung der Zeugen zum Termin erfolgte vorsorglich gemäß § 273 ZPO durch den Berichterstatter und nicht im Beschlusswege durch die Zivilkammer. Bereits aus diesem Umstand war für die Antragsgegnerin erkennbar, dass die Vernehmung der geladenen Zeugen von einer Beratung des gesamten Spruchkörpers abhängig war.
Eine Überraschungsentscheidung im Sinne einer Entscheidung unter Verstoß gegen das rechtliche Gehör ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass das Landgericht der Antragsgegnerin keine Gelegenheit gegeben hat, den Vortrag zu vertiefen, dass dem Antragsteller die beabsichtigten Baumaßnahmen bereits vor deren Beginn bekannt gegeben worden seien. Wie sich aus der Begründung des Beschlusses des Landgerichts ergibt, hat es diesen Sachvortrag als rechtlich nicht erheblich gewürdigt, so dass eine weitere Substantiierung zu keiner Änderung der angefochtenen Entscheidung geführt hätte.
Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht insoweit ausgeführt, dass unabhängig von einer Kenntnis die Erklärung vom 10. April 1984 gegenüber dem Antragsteller als Rechtsnachfolger keine Bindungswirkung entfalte, da eine entsprechende Vereinbarung gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur dann wirkt, wenn sie gemäß § 10 Abs. 2 WEG als Inhalt des Sondereigentums in das Grundbuch eingetragen wurde.
Ausnahmsweise ist gemäß § 10 Abs. 3 WEG die Eintragung in das Grundbuch nicht erforderlich, wenn ein entsprechender Beschluss der Wohnungseigentümer gemäß § 23 WEG zustande gekommen ist. Insoweit hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass ein Beschluss der Wohnungseigentümer nicht vorliegt. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist durch den Teilungsvertrag nach § 3 Abs. 1 WEG vom 1. Februar 1984 erst mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher und der Eintragung der Wohnungseigentümer in die Wohnungsgrundbücher am 23. Mai 1984 entstanden. Bei der Erklärung vom 10. Mai 1984 handelt es sich daher nicht um eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer sondern um eine Vereinbarung der Bruchteilseigentümer. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass eine Bindungswirkung der schriftlichen Erklärung nicht über die Rechtsfigur der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft angenommen werden kann, da eine werdende Gemeinschaft bei der Begründung von Wohnungseigentum durch einen Teilungsvertrag nach § 3 Abs. 1 WEG vor der Anlegung der Wohnungsgrundbücher nicht zur Entstehung gelangt (BayObLG in NJW-RR 1992, 597, 598; KG in NJW-RR 1986, 1274).
Ausnahmsweise bedarf eine bauliche Maßnahme keines förmlichen Beschlusses, wenn die Zustimmung sämtlicher betroffener Wohnungseigentümer vorliegt (vgl. OLG Hamm in NJW-RR 1991, 910). Entgegen der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin sind diese Voraussetzungen hier nicht gegeben, da es sich bei der Erklärung vom 10. Mai 1984 um die Zustimmung der Bruchteilseigentümerin und nicht um die Zustimmung eines Wohnungseigentümers gehandelt hat.
Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht festgestellt, dass der Beseitigungsanspruch nicht verwirkt ist. Eine Verwirkung ergibt sich entgegen der Rechtsansicht der Antragsgegnerin nicht daraus, dass sie aufgrund der Vereinbarung mit der vormaligen Bruchteilseigentümerin darauf vertraut hat, dass sie die Maßnahme durchführen dürfe. Dieser Vertrauenstatbestand besteht nur im Verhältnis zwischen den damaligen Bruchteilseigentümern, wirkt jedoch nicht gegenüber einem Sonderrechtsnachfolger. Ein ...