Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentum: Bindende Zustimmung des Verwalters zu einer baulichen Veränderung durch Unterzeichnung eines öffentlich-rechtlichen Bauantrages

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Teilungserklärung kann wirksam vorsehen, daß zur Umgestaltung des im Dachgeschoß befindlichen Teileigentums in Wohnungseigentum nur die Zustimmung des Verwalters, nicht aber die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer erforderlich ist.

2. In der Unterzeichnung eines öffentlich-rechtlichen Bauantrages, dem die Bauzeichnungen beigefügt sind, kann die privatrechtliche Zustimmung zu den beantragten baulichen Veränderungen liegen.

 

Normenkette

WEG § 22 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 14.02.1997; Aktenzeichen 84 T 424/96)

AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 70 II 122/96 WEG)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde der. Antragsteller gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin vom 14. Februar 1997 – 84 T 424/96 – wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller haben die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 40.000,– DM.

 

Gründe

Die Antragsgegner sind Eigentümer der mit einem Ausbaurecht verbundenen Teileigentumseinheiten im Dachgeschoß der Wohnungseigentumsanlage. Sie haben anläßlich des Dachgeschoßausbaus je eine Dachterrasse errichtet. Die Teilungserklärung bestimmt in § 3 Nr. 3 ausdrücklich, daß für bauliche Veränderungen zur Umgestaltung des im Dachgeschoß belegenen Teileigentums in Wohnungseigentum „… nicht die Zustimmung anderer Wohnungseigentümer und Teileigentümer erforderlich (ist), sondern nur die Zustimmung des Verwalters …”. Die ehemalige Verwalterin hat den Bauantrag, dem alle Zeichnungen beilagen, unterschrieben und den Antragsgegnern übersandt. Die Antragsteller beantragen, daß die Antragsgegner die Dachterrassen als nicht genehmigte bauliche Veränderung entfernen. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 1. Oktober 1996 die Anträge zurückgewiesen. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 14. Februar 1997 die sofortige Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.

Das Rechtsmittel ist unbegründet; denn die Entscheidung des Landgerichts ist frei von Rechtsfehlern.

Als Anspruchsgrundlage kommt – wie das Landgericht zutreffend erwogen hat – nur der Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB in Betracht Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht entschieden, daß die Dachterrassen, deren Beseitigung die Antragsteller verlangen, eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG darstellen. Denn die Antragsgegner haben mit ihrer Errichtung dauerhaft und tiefgreifend in den konstruktiven Bestand und auch in die äußere Gestaltung des Daches eingegriffen und damit die Rechte aller Wohnungseigentümer beeinträchtigt. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht jedoch auch entschieden, daß die Wohnungseigentümer diese Beeinträchtigung dulden müssen, weil die Verwalterin die Baumaßnahmen nach § 3 Nr. 3 der Teilungserklärung wirksam genehmigt hat.

1. Die zitierte Vorschrift der Teilungserklärung bestimmt ausdrücklich, daß bauliche Veränderungen, die die Eigentümer der im Dachgeschoß belegenen Teileigentumseinheit zur Umgestaltung in Wohnungseigentum vornehmen wollen, nur der Zustimmung des Verwalters bedürfen. Diese Vorschrift ist wirksam; denn § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG, der grundsätzlich die Zustimmung aller Wohnungseigentümer zu einer solchen Baumaßnahme vorschreibt, kann durch die Teilungserklärung auch in der Weise abbedungen werden, daß die Zustimmung des Verwalters erforderlich ist (OLG Frankfurt OLGZ 1984, 60; Merle in Bärmann/Pick/Merle. WEG 7. Aufl., Rdnr. 244; Lüke in Weitnauer, 8. Aufl., Rdnr. 2 je zu § 22 WEG). Ist das – wie hier – geschehen, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob die Verwalterzustimmung zusätzlich zur Zustimmung der Wohnungseigentümer treten oder diese verdrängen soll. Grundsätzlich ist anzunehmen, daß die Verwalterzustimmung die Verwaltungsbefugnis der Wohnungseigentümer (§ 21 Abs. 4 WEG) für diese Zustimmung nicht verdrängen soll (BGH NJW 1996, 1216, 1217 = WE 1996, 265, 266, BayObLG WE 1992, 195, 196; Senatsbeschluß vom 10.07.1991 – 24 W 6574/90 – in WE 1991, 328 betr. die Verwaltergenehmigung zu einer freiberuflichen und gewerblichen Tätigkeit). – Das Landgericht (BA S. 8) hat § 3 Nr. 3 der Teilungserklärung jedoch zutreffend dahin ausgelegt, daß im vorliegenden Fall der Sondereigentümer, dem das Ausbaurecht zusteht, sich darauf beschränken kann, nur die Zustimmung des Verwalters einzuholen. Das ergibt schon der klare Wortlaut der zitierten Bestimmung des § 3 Nr. 3 der Teilungserklärung; denn dort heißt es ausdrücklich, daß zu den hier in Rede stehenden baulichen Veränderungen „… nicht die Zustimmung anderer Wohnungs- oder Teileigentümer, sondern nur die Zustimmung des Verwalters …” erforderlich ist. Ähnlich bestimmt § 3 Nr. 1 der Teilungserklärung für die erforderliche Zusti...

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