Entscheidungsstichwort (Thema)

gefährliche Körperverletzung

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 22.09.2004; Aktenzeichen 541 StVK 434/04)

 

Tenor

Die Beschwerde der Rechtsanwältin Dagmar Krause-Dommnich, 10825 Berlin, Innsbrucker Straße 37, gegen den Beschluß des Vorsitzenden der Strafvollstreckungskammer 41 des Landgerichts Berlin vom 22. September 2004 wird verworfen.

Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei.

Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Durch Urteil des Landgerichts Berlin vom 09. August 1994 ist Ali Önner wegen einer im Zustand der Schuldunfähigkeit begangenen gefährlichen Körperverletzung und Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte nach § 63 StGB im Krankenhaus des Maßregelvollzuges untergebracht. Er leidet an einer paranoiden Schizophrenie. Bei den durch § 67 e Abs. 2 StGB gebotenen jährlichen Überprüfungen der Fortdauer der Maßregel nimmt seit 1995 die Rechtsanwältin Krause-Dommnich seine Interessen als Pflichtverteidigerin wahr. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Senats (u.a. in NStZ-RR 2002, 63), nach der die Beiordnung eines Verteidigers im Vollstreckungsverfahren nicht über den jeweiligen Abschnitt dieses Verfahrens fortwirkt, wird Rechtsanwältin Krause-Dommnich für das Überprüfungsverfahren jährlich erneut beigeordnet.

Am 17. Juni 2004 beraumte der Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer 41 einen Termin für die Anhörung des Untergebrachten im Überprüfungsverfahren auf den 21. Juli 2004 an. Er ordnete die Ladung der Rechtsanwältin Krause-Dommnich an und ließ ihrer Ladung Ablichtungen aus dem Vollstreckungsband, insbesondere die acht Seiten lange Stellungnahme des Krankenhauses des Maßregelvollzuges zur Fortdauer der Unterbringung vom 01. Juni 2004 beifügen. Die Ladung enthielt zudem den Zusatz: „Die erneute Beiordnung wird in der üblichen Weise im Termin vorgenommen werden, notfalls außerhalb eines solchen.” Im Anhörungstermin am 21. Juli 2004 ordnete der Vorsitzende die Rechtsanwältin entsprechend § 140 Abs. 2 StPO dem Untergebrachten für den laufenden Verfahrensabschnitt bei. Die Strafvollstreckungskammer beschloß am selben Tage die Fortdauer der Unterbringung.

Mit Schriftsatz vom 22. Juli 2004 hat Rechtsanwältin Krause-Dommnich für das Überprüfungsverfahren gemäß §§ 97, 91 BRAGO eine Gebühr von 100,00 Euro sowie die Kostenpauschale (§ 26 BRAGO) und die Mehrwertsteuer geltend gemacht und beantragt, ihre Vergütung auf 133,40 Euro festzusetzen. Diesen Antrag hat sie am 27. Juli 2004 zurückgenommen und stattdessen die Festsetzung einer Gebühr nach Nr. 4201 VV RVG und der Kostenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG nebst Mehrwertsteuer, insgesamt 371,20 Euro beantragt. Die Rechtspflegerin des Landgerichts hat mit Beschluß vom 11. August 2004 die Vergütung entsprechend dem ursprünglichen Antrag auf 133,40 Euro festgesetzt und den weitergehenden Antrag zurückgewiesen. Mit dem Beschluß vom 22. September 2004 hat der Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer. 41 die Erinnerung der Rechtsanwältin zurückgewiesen. Die Beschwerde der Rechtsanwältin ist zulässig. Sie überschreitet insbesondere auch die seit dem 01. Juli 2004 geltende Wertgrenze des § 304 Abs. 3 StPO von 200,00 Euro. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Ob der Vergütungsanspruch der Beschwerdeführerin nach den Vorschriften der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte oder nach denjenigen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes festzusetzen ist, richtet sich nach der aus Anlaß des Inkrafttretens des RVG erlassenen Übergangsvorschrift des § 61 dieses Gesetzes. Gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG ist die BRAGO weiter anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG vor dem 01. Juli 2004 erteilt oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt gerichtlich bestellt oder beigeordnet worden ist. Nach dieser Vorschrift hängt die Entscheidung über die Beschwerde allein davon ab, zu welchem Zeitpunkt die Beschwerdeführerin dem Untergebrachten beigeordnet worden ist. Denn ein Auftrag im Sinne von § 61 Abs. 1 Satz 1. RVG ist ihr nicht erteilt worden. Ihre Ladung zum Anhörungstermin stellt keine Auftragserteilung dar. Im Strafverfahren einschließlich des Vollstreckungsverfahrens kann ein Rechtsanwalt für den Beschuldigten bzw. den Verurteilten nur als Wahlverteidiger (§ 137 StPO) oder als gerichtlich bestellter Verteidiger (§ 141 StPO) tätig werden. Die Hinzuziehung eines Verteidigers durch das Gericht im Wege der Erteilung eines Auftrags gemäß oder entsprechend §§ 662 ff. BGB ist dem Strafverfahrensrecht fremd. Dementsprechend erlangt ein Rechtsanwalt nicht schon dadurch die Stellung eines Verteidigers, daß er im Einverständnis mit dem Gericht mit dem Verfahren in irgend einer Weise „befaßt” wird, solange es an der Erteilung eines Wahlmandats oder einer Beiordnung fehlt. Eine abweichende Auffassung hat der Senat auch nicht in seinem Beschluß vom 20. Februar 2003 – 5 Ws 45/03 – vertreten. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Verfahren, das die Auslegung des § 134 Abs. 1 Satz 1 BRAGO betraf, war...

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