Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 7 O 290/16) |
Tenor
1. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Beklagten vom 04. September 2017 gegen das am 20. Juli 2017 verkündete Urteil der Zivilkammer 7 des Landgerichts Berlin gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, weil der Senat nach Vorberatung einstimmig der Auffassung ist, dass das Rechtsmittel in der Sache offensichtlich unbegründet ist (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger für das Berufungsver-fahren gegen den Räumungsausspruch im Urteil des Amtsgerichts Spandau vom 30. Juni 2016 (Az. 10 C 423/15) bedingungsgemäß Rechtsschutz zu gewähren hat.
Gemäß § 513 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beide Voraussetzungen liegen nicht vor, die Berufungsbegründung zeigt weder Fehler bei der Tatsachenfeststellung noch bei der Rechtsan-wendung auf.
a) Da der Kläger Rechtschutz für seine Berufung gegen das Räumungsurteil des Amtsgericht Spandau begehrt, kommt als maßgeblicher Rechtsverstoß im Sinne des § 4 (1) S. 1 c) der in den Rechtschutzversicherungsvertrag einbezogenen Allgemeinen Versicherungsbedin-gungen für die Rechtschutzversicherung (nachfolgend: ARB 2012) allein der Vorwurf in Betracht, der Kläger habe durch regelmäßiges Blasen eines Schofa-Horns nachhaltig den Hausfrieden gestört. Denn das Amtsgericht Spandau hatte den Räumungsausspruch im Urteil vom 30. Juni 2016 (Beiakte des AG Spandau zum Az. 10 C 423/15 Bd. I Bl. 32 ff) nicht auf Zahlungsverzug oder ständig unpünktliche Mietzahlungen, sondern ausschließlich darauf gestützt, dass das Mietverhältnis zwischen dem Kläger und seinem Vermieter durch die außerordentliche Kündigung des Vermieters vom 10.03.2016 (gemeint wohl 10.02.2016 (Beiakte Bd. I Bl. 54) oder 16.06.2016 (Beiakte Bd. II Bl. 28)) wirksam beendet worden ist. Das Amtsgericht hat dies damit begründet, dass der Kläger "nahezu täglich mindestens ein bis mehrmals in ein sog. Schofahorn" geblasen und dadurch nachhaltig den Hausfrieden im Sinne des § 569 Abs. 2 BGB gestört habe. Gegen dieses Urteil hat der Kläger mit am 27. Juli 2016 beim Landgericht Berlin eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 06. September 2016 dahingehend begründet, dass das Räumungsurteil ihn in seinem Grundrecht auf freie Religionsausübung (Art. 4 Abs. 2 GG) verletze und das Hornblasen unabhängig davon auch keinen schwerwiegenden Eingriff in den Hausfrieden darstelle, weil es sich -außerhalb der Ruhezeiten- im Rahmen der Hausordnung (Beiakte Bd. I Bl. 60) halte. Vor diesem Hintergrund vermochte die Begründung der Beklagten (Schreiben vom 15. Juli 2016, 26. Juli 2016 und 04. August 2016, eingereicht als Anlagen K 12 bis K 16), es bestehe wegen Vorvertraglichkeit im Sinne von § 4 (1) S. 2 und 3 ARB 2012 kein Rechtsschutzanspruch für ein Berufungsverfahren, weil dem Kläger vorgeworfen worden sei, dass er bereits seit Dezember 2012 die Miete unregelmäßig gezahlt habe, die Zurückweisung des Rechtsschutzbegehrens nicht zu rechtfertigen.
Aber auch in Bezug auf das tägliche Blasen des Schofa-Horns kann eine Vorvertraglichkeit im Sinne des § 4 (1) S. 2 und 3 ARB 2012 nicht festgestellt werden. Denn für die Beurteilung ist auf den Vortrag der Parteien im Ausgangsverfahren abzustellen. Dort hatte der Vermieter weder vorgetragen noch sein Kündigungsrecht darauf gestützt, dass der Kläger bereits seit dem 01. Januar 2013 täglich in das Schofa-Horn bläst. Insbesondere seinen Schriftsätzen vom 10. März 2016 (Beiakte Bd. I Bl. 133 ff) und vom 16. Juni 2016 (Beiakte Bd. II Bl. 26 ff) kann entnommen werden, dass der Vermieter seine Kündigungserklärungen vom 10.02.2016 (Beiakte Bd. I Bl. 54) und 16.06.2016 (Beiakte Bd. II Bl.28) auf einen vertragswidrigen Mietgebrauch durch Blasen des Schofa-Horns nach Zugang der Abmahnung, konkret im Zeitraum 20.02.2016 bis 16.06.2016, gestützt hat. Der Hinweis der Beklagten, dass bei mehreren, sich regelmäßig wiederholenden Verstößen gegen die Hausordnung im Rahmen des § 4 (1) S. 2 ARB 2012 für den Eintritt des Versicherungsfalls grundsätzlich auf den ersten Verstoß abzustellen ist, führt vorliegend zu keinem anderen Ergebnis. Denn auch auf dieser Grundlage kann -unterstellt, das Blasen des Horns war auch außerhalb der Ruhezeiten nicht von der Hausordnung gedeckt- eine Vorvertraglichkeit nicht festgestellt werden. Gerade wenn der Kläger sein Gebet von Mietbeginn an mit einem kurzen Blasen des Schofa-Horns verbunden hatte, durfte er, zumal der Vermieter im Räumungsprozess für die Zeit vor Zugang der Abmahnung vom 15. Oktober 2015 (Beiakte Bd. I Bl. 111/112) weder konkret ein Hornblasen außerhalb der Ruhezeiten noch eine vorangegangene frühere Beanstandung des Hornblasens innerhalb der Hausordnungszeiten behauptet hatte, bis zum Zugang der A...