Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Aktenzeichen 171 F 262/19) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Mutter wird der Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 05. Februar 2019 - 171 F 262/19 - aufgehoben.
Für das Beschwerdeverfahren werden keine Gerichtskosten erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Mutter wird für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Sxxx beigeordnet.
Der Beschwerdewert wird auf 3.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Mutter richtet sich mit ihrer Beschwerde gegen den durch Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 05. Februar 2019 - 171 F 262/19 - erfolgten Entzug des Vertretungsrechts für ihre Kinder in den gerichtlichen Sorge- und Umgangsverfahren und die damit verbundene Anordnung einer Ergänzungspflegschaft.
Hinsichtlich des Sachverhalts wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das Amtsgericht hat seinen Beschluss damit begründet, dass der von der Mutter mit der Vertretung der Kinder beauftragte Rechtsanwalt Hxxx die Kindesinteressen nicht angemessen vertrete und die Verfahrensbeiständin seitens der Mutter keinen Kontakt zu den Kindern erhalte. Damit habe die Mutter eine angemessene Vertretung der Kindesinteressen faktisch unmöglich gemacht. Die Übertragung der verfahrensrechtlichen Vertretung auf einen Ergänzungspfleger sei geboten, um die Anhörung der Kinder und die Möglichkeit der Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens sicherzustellen.
Gegen den ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 11. Februar 2019 zugestellten Beschluss hat die Mutter am 01. März 2019 Beschwerde eingelegt. Sie hat ihr Rechtsmittel damit begründet, dass kein erheblicher Interessengegensatz vorliege und sie durch ihr Verhalten das Kindeswohl nicht gefährde. Ihre Ablehnung der Zusammenarbeit mit dem Verfahrensbeistand korrespondiere mit dessen Angebot an das Kammergericht, sich entpflichten zu lassen (Schreiben v. 20. Mai 2016 im Verfahren xxx). Im Sorgerechtsverfahren (xxx) sei der Verfahrensbeistand sogar erst bestellt worden, nachdem Rechtsanwalt Hxxx bei dem Familiengericht seine Vertretungsanzeige eingereicht habe. Das Familiengericht hätte einen Austausch der Person des Verfahrensbeistands erwägen müssen. Der Beschluss des Amtsgerichts beachte nicht das Gebot der Verhältnismäßigkeit von Eingriffen in das elterliche Sorgerecht.
Der Vater hat beantragt, die Beschwerde der Mutter zurückzuweisen. Der Beschluss sei zu Recht ergangen, das Rechtsmittel diene nur der Verzögerung jeglichen Umgangs des Vaters mit den Kindern.
Das Jugendamt hat in seiner Stellungnahme vom 08. April 2019 mitgeteilt, den Eingriff in die elterliche Sorge der Mutter für angemessen zu halten, da die Mutter dem Verfahrensbeistand den Zugang zu den Kindern verweigere und die familiengerichtlichen Entscheidungen in der Vergangenheit nicht gegriffen hätten.
II. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Mutter ist begründet.
Die Vertretung des Kindes als Muss-Beteiligten in kindschaftsrechtlichen Verfahren unterliegt grundsätzlich der unbeschränkten elterlichen Sorge. Insbesondere sind die Eltern nicht grundsätzlich nach §§ 1629 Abs. 2 Satz 3,1795 BGB von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen und bedarf es folglich regelmäßig keiner Bestellung eines Ergänzungspflegers (vgl. BGH, Beschluss vom 27.6.2018, XII ZB 46/18, juris Rn. 10).
1. Gemäß § 1796, 1629 Abs. 2, S. 3 BGB kann den Eltern die Vertretungsmacht im Einzelfall nur entzogen werden, wenn zwischen ihnen und dem Kind ein erheblicher Interessengegensatz in der Weise vorliegt, dass ein Interesse nur auf Kosten des anderen durchgesetzt werden kann.
a) Es kann hier jedoch dahingestellt bleiben, ob ein Interessengegensatz zwischen der Mutter und ihren Kindern vorliegt. Denn selbst wenn ein solcher ohne weiteres festgestellt werden könnte, würde dies allein noch nicht die Entziehung des Vertretungsrechts der Mutter für ihre Kinder in den Umgangs- bzw. Sorgerechtsverfahren rechtfertigen. Den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine wirksame Vertretung der Kindesinteressen bei Vorliegen eines erheblichen Gegensatzes zwischen den Interessen des Vertreters und des Vertretenen in Kindschaftsverfahren hat der Gesetzgeber durch das Institut des Verfahrensbeistands Genüge getan (vgl. BGH, a.a.O, Rn. 11 f.; Beschluss vom 7.9.2011, XII ZB 12/11 juris Rn. 20; Hamdan in Herberger/Martinek, jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 1629, Rn. 53).
Der Gesetzgeber hat in § 158 Abs. 2 Nr. 2 FamFG genau für den Fall, dass das Interesse des Kindes zu dem seines gesetzlichen Vertreters in erheblichem Gegensatz steht, die Bestellung eines Verfahrensbeistands vorgesehen, dessen originäre Aufgabe es ist, bei einem Interessenwiderspruch zwischen Eltern und Kind die Interessen des Kindes zu vertreten. Diese Vorschrift wäre weitgehend überflüssig, wenn in allen Fällen eines Interessengegensatzes bereits die Vertretung durch einen Ergänzungspfleger zu erfolgen hätte (BGH, a.a.O., Beschlu...