Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für teilweise Entziehung der elterlichen Sorge (hier: Vermögenssorge)
Normenkette
BGB §§ 1629, 1796
Verfahrensgang
AG Marburg (Entscheidung vom 02.10.2017; Aktenzeichen 70 F 733/17 EASO) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Kindesvaters wird der Beschluss des Amtsgerichts Marburg - Familiengericht - vom 2. Oktober 2017 aufgehoben.
Für das Beschwerdeverfahren werden keine Gerichtskosten erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Kindesvater wendet sich mit seiner Beschwerde dagegen, dass ihm das Familiengericht das Recht entzogen hat, vermögensrechtliche Ansprüche, insbesondere Unterhaltsansprüche, für die betroffenen Kinder gegen die Kindesmutter geltend zu machen.
Aus der zwischenzeitlich geschiedenen Ehe des Kindesvaters und der Kindesmutter sind sechs Kinder hervorgegangen, darunter die am XX.XX.2001 geborene A und die am XX.XX.2003 geborene B.
Durch Beschluss des 2. Familiensenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 7. März 2012 (2 UF 5/12) wurde die elterliche Sorge für A dem Kindesvater allein übertragen; in Bezug auf B wurde bestimmt, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht der Gesundheitssorge dem Kindesvater allein zusteht und dass es im Übrigen bei der gemeinsamen elterlichen Sorge verbleibt. Durch Beschluss des Amtsgerichts Marburg vom 15. April 2014 (...) wurde im Wege der einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht für A der Kindesmutter übertragen. Seit dem 31. Januar 2015 lebt A mit Billigung ihrer Mutter ebenso wie B im Haushalt des Kindesvaters.
Durch Beschluss des Amtsgerichts Marburg vom 27. November 2013 (...) wurde die Kindesmutter verpflichtet, für die betroffenen Kinder den Mindestunterhalt abzüglich des hälftigen Kindergelds zu zahlen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Kindesmutter hat der Senat durch Beschluss vom 29. April 2014 (7 UF 2/14) zurückgewiesen. In einem beim Amtsgericht Marburg anhängigen Verfahren (...) nehmen die durch ihren Vater gesetzlich vertretenen Kinder ihre Mutter auf Zahlung rückständigen Unterhalts in Anspruch; außerdem begehren sie die Feststellung, dass die Kindesmutter verpflichtet ist, ihnen und den Mitgliedern ihrer Bedarfsgemeinschaft in der Vergangenheit entstandene finanzielle Nachteile zu ersetzen. In einem weiteren vor dem Amtsgericht Marburg geführten Verfahren (...) verfolgen die durch ihren Vater gesetzlich vertretenen Kinder im Wege eines Stufenantrags weitergehende Unterhaltsansprüche gegen ihre Mutter. In diesem Verfahren ist die Kindesmutter durch Teilbeschluss des Familiengerichts vom 26. April 2017 dazu verpflichtet worden, Auskunft über die Einkommensverhältnisse ihres Ehemanns C zu erteilen, den sie am 29. Oktober 2010 geheiratet hat. Eine hiergegen gerichtete Beschwerde hat die Kindesmutter auf Anraten des Senats (7 UF 34/17) zurückgenommen.
Kurz nach Rückkehr der Kinder von einer zusammen mit ihrer Mutter unternommenen Reise nach Land1, bei der auch die laufenden Unterhaltsverfahren zur Sprache kamen, wandte sich A mit einem Schreiben vom 10. August 2017 (Blatt 1 der Akten) an die zuständige Familienrichterin. Darin beklagte sie sich darüber, dass sie durch die von ihrem Vater in ihrem Namen erhobenen Klagen in Streitereien zwischen ihren Eltern gerate. Dieses Schreiben hat das Familiengericht zum Anlass genommen, ein sorgerechtliches Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung einzuleiten.
Das Familiengericht hat einen Verfahrensbeistand für die betroffenen Kinder bestellt und die Beteiligten teils mehrfach angehört. Mit Beschluss vom 2. Oktober 2017 hat das Familiengericht im Wege der einstweiligen Anordnung dem Kindesvater das Recht entzogen, für A vermögensrechtliche Ansprüche, insbesondere Unterhaltsansprüche, gegen die Kindesmutter geltend zu machen; darüber hinaus hat es beiden Kindeseltern das Recht entzogen, für B Unterhaltsansprüche gegen den jeweils anderen Elternteil geltend zu machen; soweit den Kindeseltern das Vertretungsrecht entzogen wurde, hat das Familiengericht den Rechtsanwalt D als Ergänzungspfleger bestellt. Zur Begründung hat das Familiengericht ausgeführt: In Bezug auf die Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche bestehe ein erheblicher Gegensatz zwischen den Interessen der betroffenen Kinder einerseits und den Interessen des Kindesvaters andererseits, weshalb diesem insoweit gemäß §§ 1629 Abs. 2 Satz 3, 1796 BGB das Vertretungsrecht zu entziehen sei. Zum einen verfolge der Kindesvater auch eigene Vermögensinteressen, was sich daraus ergebe, dass er von der Kindesmutter den Ersatz finanzieller Nachteile der Bedarfsgemeinschaft verlange, zu der er selbst gehöre. Zum anderen hätten die betroffenen Kinder das dringende Interesse, nicht weiter in die Streitigkeiten ihrer Eltern verwickelt und insbesondere aus Unterhaltsverfahren herausgehalten zu werden, weshalb sie sich auch mehrfach dafür ausgesprochen hätten, dass ihre Unterhaltsansprüche...