Leitsatz (amtlich)

Die Beschwerde gegen eine Kostenentscheidung ("isolierte Kostenbeschwerde") ist nach § 61 Abs. 1 FamFG nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 EUR übersteigt. Das gilt auch dann, wenn es sich bei der nicht angefochtenen Hauptsache um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit handelt.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 16.04.2010; Aktenzeichen 127 F 15235/09)

 

Tenor

Die Beschwerde der Mutter gegen den Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 16.4.2010 wird als unzulässig verworfen.

Die Mutter trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 300 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin hatte beim AG beantragt festzustellen, dass der Antragsgegner ihr Vater ist. Das AG hat ein Sachverständigengutachten eingeholt, das die Vaterschaft des Antragsgegners bestätigte. Daraufhin erkannte dieser die Vaterschaft außergerichtlich an. Mit Beschluss vom 16.4.2010, auf den verwiesen wird, hat das AG die gerichtlichen Kosten dem Antragsgegner und der Mutter jeweils zur Hälfte auferlegt und angeordnet, dass außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden. Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Mutter gegen die Kostenentscheidung, die sie für unbillig hält.

II. Die Beschwerde ist unzulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 EUR nicht übersteigt (§ 61 Abs. 1 FamFG) und das AG die Beschwerde nicht zugelassen hat (§ 61 Abs. 2 FamFG).

Es ist in Rechtsprechung und Literatur streitig, ob die Zulässigkeit einer Beschwerde nur gegen die Kostenentscheidung ("isolierte Kostenbeschwerde") gem. § 61 Abs. 1 FamFG eine Mindestbeschwer voraussetzt, wenn es sich bei der nicht angefochtenen Hauptsache um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit handelt. Nach dem Wortlaut von § 61 Abs. 1 FamFG ist die Beschwerde "in vermögensrechtlichen Angelegenheiten" nur zulässig, wenn der Wert des Beschwedegegenstandes 600 EUR übersteigt.

Eine Auffassung schließt aus dem genannten Wortlaut, dass eine isolierte Beschwerde gegen eine Kostenentscheidung dann ohne Mindestbeschwer zulässig ist, wenn Gegenstand der Hauptsache keine vermögensrechtliche Angelegenheit ist (OLG Nürnberg, Beschl. v. 7.12.2009 - 7 WF 1483/09, zitiert nach Juris; Prütting/Feskorn, FamFG, 1. Aufl. 2009, § 81 Rz. 33).

Demgegenüber wird überwiegend angenommen, dass eine isolierte Kostenbeschwerde immer nur dann zulässig ist, wenn der Beschwerdewert 600 EUR übersteigt, der Beschwerdewert also auch dann erreicht sein muss, wenn es sich in der Hauptsache um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit handelt (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.6.2010 - 16 WF 95/10, zitiert nach Juris; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 20.5.2010 - 5 WF 32/10, zitiert nach Juris; OLG Koblenz, Beschl. v. 10.5.2010 - 11 WF 300/10, zitiert nach Juris; OLG Oldenburg, Beschl. v. 26.2.2010 - 14 UF 175/09, zitiert nach Juris; OLG Stuttgart, Beschl. v. 21.1.2010 - 8 WF 14/10, zitiert nach Juris; OLG München MDR 2010, 714; OLG Hamburg FamRZ 2010, 665; OLG Stuttgart NJW 2010, 383 f.; Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 16. Aufl. 2009, § 61 Rz. 4).

Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Dem steht der Wortlaut von § 61 Abs. 1 FamFG nicht entgegen. Denn die Formulierung in § 61 Abs. 1 FamFG ist entweder so zu verstehen, dass eine Kostenbeschwerde eine Beschwerde in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit sein soll (so etwa OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.6.2010 - 16 WF 95/10, zitiert nach Juris; OLG München MDR 2010, 714) oder sie muss als Redaktionsversehen dahingehend korrigiert werden, dass der Beschwerdewert bei allen Kostenbeschwerden erreicht sein muss. Nur dieses Verständnis entspricht dem Willen des Gesetzgebers. Nach der Gesetzesbegründung soll "in vermögensrechtlichen Streitigkeiten und Kostenangelegenheiten die Beschwerde künftig statthaft sein, wenn der Beteiligte mit mehr als 600 EUR beschwert ist" (BT-Drucks. 16/6308, S. 167). Die Begründung lautet weiter: "Das Gesetz verzichtet auf eine Sonderregelung für die Anfechtbarkeit von Kosten- und Auslagenentscheidungen; auch für diese Entscheidungen ist ein Wert des Beschwerdegegenstandes von 600 EUR erforderlich. Diese Angleichung beruht auf der Erwägung, dass es keinen wesentlichen Unterschied für die Beschwer eines Beteiligten ausmacht, ob er sich gegen eine Kosten- oder Auslagenentscheidung oder aber gegen eine ihn wirtschaftlich belastende Entscheidung in der Hauptsache wendet" (BT-Drucks. 16/6308, 204). Diese Begründung kann nur so verstanden werden, dass alle (isolierten) Beschwerden gegen Kostenentscheidungen nur dann zulässig sein sollen, wenn der Beschwerdewert erreicht wird. Es ist auch kein sachlicher Grund erkennbar, weshalb sich die isolierte Anfechtbarkeit einer Kostenentscheidung danach richten sollte, ob die Hauptsache vermögensrechtlicher oder nicht vermögensrechtlicher Art ist. Denn die zum Nachteil eines Beteiligten ergangene Kostenentscheidung belastet diesen ausschließlich wirtschaftlich und unabhängig davon...

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