Leitsatz (amtlich)
1. Zur Bejahung eines Idealvereins (§ 21 BGB) reicht es nicht aus, dass ein Zweck verfolgt wird, der ideeller Natur ist. Durch die Inanspruchnahme von staatlichen Subventionen oder Fördermitteln sowie der entgeltlichen Anbietung von Leistungen kann ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb entstehen.
2. Ein planmäßiger, auf Dauer angelegter Betrieb von Kintergärten/Kindertagesstätten gegen Entgelt ist unternehmerische Betätigung, selbst wenn nur ein kostendeckender Betrieb gewollt ist.
3. Ob der Betrieb unter das sog. Nebenzweckprivileg fällt hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere ob diese Tätigkeit hinter die übrigen nichtwirtschaftlichen Aktivitäten des Vereins wesentlich zurücktritt.
Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Beschluss vom 26.07.2010; Aktenzeichen 95 AR 393/10 B) |
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten vom 18.8.2010 gegen den Beschluss des AG Charlottenburg vom 26.7.2010 wird nach einem Wert von 3.000 EUR zurückgewiesen.
Gründe
A. Im Mai 2010 meldet der Beteiligte die Eintragung seiner Gründungssatzung beim AG Charlottenburg an. Nach § 2 1. der Satzung ist Vereinszweck die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe. Der Zweck soll u.a. durch Gründung oder den Betrieb von Einrichtungen zur Tagesbetreuung von Kindern, Jugend- und Familienzentren erreicht werden. Mit Zwischenverfügung vom 9.6.2010 rügte das AG Charlottenburg, der Verein sei wegen des geplanten Betriebs von Betreuungszentren kein ideeller Verein. Darauf wurde § 2 1. der Satzung geändert. Dieser lautet nun dahin, dass der Satzungszweck insbesondere verwirklicht werden soll durch Unterhaltung von Kindergärten, Jugend- und Familienzentren sowie die Durchführung von Veranstaltungen zur Jugendbildung, Familienberatung und von Sportveranstaltungen.
Das AG Charlottenburg hat die geänderte Anmeldung mit Beschluss vom 26.7.2010 zurückgewiesen. Das AG geht immer noch von einem wirtschaftlichen Verein aus.
Gegen den Beschluss hat der Beteiligte mit am 19.8.2010 eingegangenem Schreiben Beschwerde eingelegt. Zur Begründung wird ausgeführt, man sei ein Trägerverein u.a. für Kindertagesstätten. In Berlin gebe es auch andere solcher Träger in der Rechtsverfassung eines eingetragenen Vereins. Der Umstand, dass die Leistungen der Kinderbetreuung nicht unentgeltlich erbracht werden, läge daran, dass dies nach § 1 Tagesbetreungskostenbeteiligungsgesetz so vorgesehen sei. Die staatlichen Fördergelder seien gleichfalls gesetzlich vorgesehen. Auch ein ehrenamtlicher Betrieb müsse wirtschaftlich arbeiten. Gewinnerzielung sei nicht geplant. Man dürfe schließlich nicht außer Acht lassen, dass der Betrieb von Kindergärten nur ein Teil der geplanten Vereinstätigkeit sei.
Das AG Charlottenburg hat der Beschwerde durch Beschluss vom 24.8.2010 nicht abgeholfen.
B. Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
I) Die Beschwerde ist zwar zulässig. Sie ist nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft, gemäß §§ 63, 64 FamFG form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Der Beteiligte ist nach § 59 Abs. 1 FamFG auch beschwerdebefugt.
II) Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Die Anmeldung war entsprechend § 60 BGB zurückzuweisen, weil davon auszugehen ist, dass kein Idealverein (§ 21 BGB), sondern ein wirtschaftlicher Verein (§ 22 BGB) vorliegt (vgl. OLG Hamm Rpfleger 2008, 141/142 m.w.N.). Maßstab für die Beurteilung ist dabei nicht nur der Wortlaut der Satzung, sondern die tatsächlich ausgeübte bzw. beabsichtigte Tätigkeit (allg. Ansicht; vgl. nur KG NJW-RR 2005, 339/340, OLG Hamm, a.a.O., jeweils m.w.N.). Die Annahme eines Idealvereins ist in diesem Zusammenhang allerdings nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil der Verein irgend eine wirtschaftliche Betätigung vornimmt. Gemäß dem sog. Nebenzweckprivileg darf der Verein auch unternehmerische Tätigkeiten entfalten, soweit diese dem idealen Hauptzweck zu- und untergeordnet und Hilfsmittel zu dessen Erreichung sind (BGH NJW 1983, 569/571; KG, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O., m.w.N.).
Ob aber ein wirtschaftlicher Hauptzweck verfolgt wird, ist typologisch unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der §§ 21, 22 BGB zu ermitteln. Der Sinn und Zweck der §§ 21, 22 BGB ist es, aus Gründen der Sicherheit des Rechtsverkehrs, insbesondere des Gläubigerschutzes, Vereinigungen mit wirtschaftlicher Zielsetzung auf die dafür zur Verfügung stehenden handelsrechtlichen Formen zu verweisen und eine wirtschaftliche Betätigung von Idealvereinen zu verhindern, soweit diese den Rahmen des sog. Nebenzweckprivilegs überschreitet (vgl. BGH NJW 1986, 3201 [3202]). Eine wirtschaftliche Betätigung i.S.d. § 22 BGB liegt dabei vor, wenn der Verein am Markt gegenüber Dritten unternehmerisch tätig wird, für seine Mitglieder unternehmerische Teilfunktionen wahrnimmt oder allein gegenüber seinen Mitgliedern unternehmerisch auftritt.
Ist zweifelhaft, ob die Eintragungsvoraussetzungen nach § 21 BGB gegeben sind, hat der anmeldende Vorstand gegenüber dem Registergericht eine Pflicht zur Darlegung aller Umstände, welche die insgesamt nichtwirtschaftliche Bet...