Leitsatz (amtlich)
1. Zur Bejahung eines Idealvereins (§ 21 BGB) reicht es nicht aus, dass ein Zweck verfolgt wird, der ideeller Natur ist. Durch die Inanspruchnahme von staatlichen Subventionen oder Fördermitteln sowie der entgeltlichen Anbietung von Leistungen kann ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb entstehen.
2. Ein planmäßiger, auf Dauer angelegter Betrieb von Filmvorführungen/Festivals gegen Entgelt ist unternehmerische Betätigung, selbst wenn nur ein kostendeckender Betrieb gewollt ist.
3. Ob der Betrieb unter das sog. Nebenzweckprivileg fällt hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere ob diese Tätigkeit hinter die übrigen nichtwirtschaftlichen Aktivitäten des Vereins wesentlich zurücktritt.
Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Beschluss vom 28.09.2010; Aktenzeichen 95 AR 354/10 B) |
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten vom 24.10.2010 gegen den Beschluss des AG Charlottenburg vom 28.9.2010 wird nach einem Wert von 3.000 EUR zurückgewiesen.
Gründe
A. Der Beteiligte meldete im Frühjahr 2010 seine Gründung beim AG Charlottenburg zum Vereinsregister an. Nach der Gründungssatzung soll Zweck sein, den internationalen Comedyfilm bekannt zu machen und insbesondere zu zeigen, wie sich internationale Filme persiflierend mit politischen, gesellschaftlichen oder alltäglichen Fragestellungen auseinander setzen. Dadurch soll auf Probleme und deren Lösungen aufmerksam gemacht und interkulturelle Verständigung gefördert werden. Dieser Zweck soll insbesondere verwirklicht werden durch Durchführung regelmäßiger Filmvorführungen und ein jährliches Filmfestival.
In einer Zwischenverfügung vom 7.6.2010 bat das AG Charlottenburg um nähere Auskünfte zu den geplanten Vorhaben. Mit undatiertem Schreiben wies der Beteiligte darauf hin, dass die Vereinsmitglieder gemeinsam Comedyfilme sichten wollen, um diese anschließend unter den Aspekten von Unterhaltungswert und Qualität zu besprechen. Filme, die für besonders sehenswert gehalten würden, sollten in Zusammenarbeit mit der. -Kinogruppe einer breiten Öffentlichkeit in den Komischen Filmnächten und während des ... Festivals zugänglich gemacht werden. Die Einnahmen aus diesen Veranstaltungen sollen dem Verein ermöglichen, seinen Aktivitäten nachzugehen und die nächste Präsentation von Filmen zu anzugehen.
Mit Beschluss vom 28.9.2010 hat das AG Charlottenburg die Anmeldung vom 9.4.2010 zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, bei dem Beteiligten handele es sich nicht um einen ideellen Verein. Er biete Filmvorführungen gegen Entgelt an. Auf das Nebenzweckprivileg könne er sich nicht berufen, weil er sich gerade nur aus jenen Filvorführungen finanziere.
Gegen den am 2.10.2010 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte mit am 27.10.2010 eingegangenem Schreiben Beschwerde eingelegt. Er beruft sich darauf, dass auch vergleichbare Vereine wie etwa der . . . . Hamburg im Vereinsregister eingetragen seien. Das AG Charlottenburg hat mit Beschluss vom 29.10.2010 der Beschwerde nicht abgeholfen.
B. Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
I) Die Beschwerde ist zwar zulässig. Sie ist nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft, gemäß §§ 63, 64 FamFG form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Der Beteiligte ist nach § 59 Abs. 1 FamFG auch beschwerdebefugt.
II) Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Die Anmeldung war entsprechend § 60 BGB zurückzuweisen, weil davon auszugehen ist, dass kein Idealverein (§ 21 BGB), sondern ein wirtschaftlicher Verein (§ 22 BGB) vorliegt (vgl. OLG Hamm Rpfleger 2008, 141/142 m.w.N.). Maßstab für die Beurteilung ist dabei nicht nur der Wortlaut der Satzung, sondern die tatsächlich ausgeübte bzw. beabsichtigte Tätigkeit (allg. Ansicht; vgl. nur KG NJW-RR 2005, 339/340, OLG Hamm, a.a.O., jeweils m.w.N.). Die Annahme eines Idealvereins ist in diesem Zusammenhang allerdings nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil der Verein irgend eine wirtschaftliche Betätigung vornimmt. Gemäß dem sog. Nebenzweckprivileg darf der Verein auch unternehmerische Tätigkeiten entfalten, soweit diese dem idealen Hauptzweck zu- und untergeordnet und Hilfsmittel zu dessen Erreichung sind (BGH NJW 1983, 569/571; KG, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O., m.w.N.).
Ob aber ein wirtschaftlicher Hauptzweck verfolgt wird, ist typologisch unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der §§ 21, 22 BGB zu ermitteln. Der Sinn und Zweck der §§ 21, 22 BGB ist es, aus Gründen der Sicherheit des Rechtsverkehrs, insbesondere des Gläubigerschutzes, Vereinigungen mit wirtschaftlicher Zielsetzung auf die dafür zur Verfügung stehenden handelsrechtlichen Formen zu verweisen und eine wirtschaftliche Betätigung von Idealvereinen zu verhindern, soweit diese den Rahmen des sog. Nebenzweckprivilegs überschreitet (vgl. BGH NJW 1986, 3201 [3202]). Eine wirtschaftliche Betätigung i.S.d. § 22 BGB liegt dabei vor, wenn der Verein am Markt gegenüber Dritten unternehmerisch tätig wird, für seine Mitglieder unternehmerische Teilfunktionen wahrnimmt oder allein gegenüber seinen Mitgliedern unternehmerisch auftritt.
Ist zweifelhaft,...