Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung von Krankenversicherung und Pflegeversicherung
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 02.04.2002; Aktenzeichen 7 O 596/01) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 19.4.2002 gegen den Beschluss des LG Berlin vom 2.4.2002 wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die gem. §§ 127 Abs. 2 S. 2 und 3, 567 ff. ZPO n.F. zulässige sofortige Beschwerde, der das LG nicht abgeholfen hat, ist nicht begründet. Denn auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens ist die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage (§ 114 ZPO) zu verneinen.
Auszugehen ist dabei davon, dass die Zuständigkeit sowohl der gesetzlichen als auch der privaten Krankenversicherung immer dann endete, wenn es bei einem Krankheitsprozess nichts mehr zu heilen bzw. zu bessern gab, d.h., in beiden Versicherungsarten bestand keine Leistungspflicht für Unterbringung und Betreuung, soweit sie nur noch eine Pflege zum Inhalt hatten (vgl. Bach/Moser, Private Krankenversicherung, 3. Aufl., S. 517). Während die MB/KK 66 noch die Kosten einer Behandlung oder Unterbringung, die „durch Siechtum, Pflege und Verwahrung” bedingt ist, von der Erstattung ausschlossen, sprechen die MB/KK seit 1976 umfassend von einer „durch Pflegebedürftigkeit oder Verwahrung bedingten Unterbringung”; Sinn und Zweck der Regelung bestehen darin, die durch die dauerhafte Hilflosigkeit eines pflegebedürftigen Kranken entstehenden Unterbringungskosten vom Versicherungsschutz der Krankenversicherung auszunehmen; die zugrunde liegende Krankheit muss in ein Stadium getreten sein, in dem Behandlungs- und/oder Unterbringungsmaßnahmen nicht mehr das Ziel einer Verbesserung und Heilung verfolgen, sondern durch Pflegebedürftigkeit oder Verwahrungsmaßnahmen bedingt sind (vgl. Bach/Moser, Private Krankenversicherung, 3. Aufl., § 5 MB/KK Rz. 58). Hieran hat sich durch die vorliegend Vertragsinhalt gewordenen MB/KK 94 nichts geändert, da auch nach § 5 Abs. 1 Buchst. h) MB/KK keine Leistungspflicht für eine durch Pflegebedürftigkeit oder Verwahrung bedingte Unterbringung besteht. Bestand aber danach stets kein Krankenversicherungsschutz bei Pflegebedürftigkeit – die bei dem Antragsteller unstr. gegeben ist – braucht sich entgegen der Auffassung des Antragstellers das „Ausschließungsverhältnis” von Kranken- und Pflegeversicherung nicht unmittelbar aus den zwischen den Parteien vereinbarten MB/KK zu ergeben. Vielmehr ist durch die Schaffung der Pflegeversicherung als eines selbständigen Zweigs der Sozialversicherung –, und gleichstehend der privaten Pflegeversicherung – durch das Pflegeversicherungsgesetz vom 26.5.1994 (BGBl. I 1014, 2797) die Trennung der beiden „Versicherungssphären” gerade bestätigt worden. Da ferner die MB/KK 94 den §§ 178a ff. VVG Rechnung tragen (vgl. Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., MB/KK 94 vor § 1) und durch Letztere sichergestellt werden soll, dass die private Krankenversicherung ihrer komplementären und substitutiven Funktion zur gesetzlichen Krankenversicherung gerecht werden kann (vgl. Römer/Langheid, VVG, Rz. 1 vor §§ 178a ff.), kann nach alledem, was den von dem Antragsteller begehrten Versicherungsschutz anbelangt, auf die Abgrenzung zwischen gesetzlicher Krankenversicherung und sozialer Pflegeversicherung zurückgegriffen werden.
Danach fallen der Rollstuhl nebst Brustpelotte und die Sitzhose nicht in den Bereich der Krankenversicherung, sondern betreffen den Antragsteller als Pflegefall. Denn wie das BSG in seiner Entscheidung vom 10.2.2000 (abgedr. in BSGE Bd. 85, S. 287–293) überzeugend ausgeführt hat, ist ein Rollstuhl ein Gegenstand des Pflegebereichs, wenn er ausschließlich zur Verwendung auf dem Gelände des Pflegeheims einschl. der von dem Heimträger organisierten Ausfahrten bestimmt ist, wogegen ein Rollstuhl nur dann ein Gegenstand der Krankenversicherung ist, wenn er für die Teilnahme am öffentlichen Leben außerhalb der Heimsphäre verwendet werden soll. Dasselbe gilt bezüglich der ergänzenden Brustpelotte und der Sitzhose, sofern diese für Fahrten mit dem Rollstuhl zu benutzen sein sollte. Hier steht fest, dass der Antragsteller an Bewegungsunfähigkeit und Apathie leidet, und es ist nicht vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich, dass der angeschaffte Rollstuhl nebst Pelotte sowie die Sitzhose etwa für die von Verwandten oder außerhalb der Heimsphäre stehenden Hilfspersonen zu organisierenden Ausfahrten der Teilnahme am öffentlichen Leben dienen sollen oder überhaupt dienen können.
Die Inkontinenzartikel sind ebenfalls Pflegeartikel, da sie bei dem Antragsteller in erster Linie zwecks Pflege, nicht aber zur Verhinderung von Infektionserkrankungen eingesetzt werden. Die Verhütung weiterer Erkrankungen ist vielmehr nur eine Nebenwirkung.
Auch bei der künstlichen Ernährung, über die in der Beschwerdeschrift nichts weiter vorgetragen ist, ...