Leitsatz (amtlich)
Der Leistungsausschluss des § 5 Nr. 1 lit. g) MB/KK 94 für eine durch Pflegebedürftigkeit oder Verwahrung bedingte Unterbringung gilt auch für die Unterbringung im Maßregelvollzug nach § 63 StGB.
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 19.04.2013; Aktenzeichen 9 O 510/12) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 19.4.2013 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG Aachen - 9 O 510/12 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung seitens der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin unterhält bei der Beklagten eine private Krankheitskostenversicherung. Mitversichert ist ihr Sohn U; für diesen besteht u.a. eine Krankenhaustagegeldversicherung mit einem Ersatzkrankenhaustagegeld von 50, - EUR kalendertäglich. Dem Versicherungsvertrag liegen die MB/KK 94 zugrunde. In deren § 5 heißt es:
"1. Keine Leistungspflicht besteht
...
g) für eine durch Pflegebedürftigkeit oder Verwahrung bedingte Unterbringung."
U befand sich seit dem 19.4.2007 aufgrund des Beschlusses des AG Düren vom Vortag zunächst einstweilig sowie vom 4.12.2007 bis zum 11.4.2012 aufgrund des Urteils des LG Aachen vom 4.12.2007 - 68 Kls 26/07 - im Maßregelvollzug in einem psychiatrischen Krankenhaus, nachdem er seine damalige Freundin im Zustand der Schuldunfähigkeit tätlich angegriffen hatte.
Die Klägerin begehrt Ersatzkrankenhaustagegeld für 1.820 Tage i.H.v. insgesamt 91.000, - EUR. Sie hat erstinstanzlich vorgetragen: Der stationäre Aufenthalt ihres Sohnes sei eine medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlung im Sinne der Versicherungsbedingungen gewesen. Dem stehe nicht entgegen, dass es sich um eine Sicherungsverwahrung im Maßregelvollzug gehandelt habe, da eine solche gerade die Behandlungsbedürftigkeit des Betroffenen voraussetze. Der Leistungsausschluss des § 5 Nr. 1 lit. g) MB/KK 94 greife nicht ein. Die Ansprüche seien auch nicht verjährt. Sie habe diese am 10.4.2007 telefonisch bei der Beklagten angemeldet. Ihr sei jedoch mitgeteilt worden, dass sie sich nach Beendigung des stationären Aufenthaltes wieder melden solle, erst dann könne endgültig abgerechnet werden.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 91.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.6.2012 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat eingewandt: Es liege kein Versicherungsfall vor, da die Unterbringung im Maßregelvollzug nicht der Heilbehandlung, sondern dem Schutz der Allgemeinheit vor der Begehung von Straftaten diene. Darüber hinaus bestehe ein Anspruch auf Krankenhaustagegeld nach den Tarifbedingungen nur dann, wenn für die Kosten der stationären Heilbehandlung kein Ersatz beansprucht werde; Wahlleistungen seien jedoch nicht in Anspruch genommen worden. Jedenfalls sei ihre Leistungspflicht nach § 5 Ziff. 1 lit. g) MB/KK 94 ausgeschlossen. Hinsichtlich der Ansprüche für die Jahre 2007 bis 2009 hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die bedingungsgemäßen Voraussetzungen für einen Krankenhaustagegeldanspruch lägen nicht vor. Der Aufenthalt in der psychiatrischen Klinik sei nicht medizinisch indiziert gewesen, sondern habe auf dem Strafurteil beruht. Jedenfalls sei aber die Leistungspflicht der Beklagten nach § 5 Nr. 1 lit. g) der AVB ausgeschlossen. Der Begriff der Verwahrung umfasse jede Unterbringung, die nach der vorsätzlichen Begehung einer Straftat staatlich angeordnet werde.
Gegen dieses, ihren Prozessbevollmächtigten am 22.4.2013 zugestellte Urteil richtet sich die am 17.5.2013 eingelegte und mit einem am 21.6.2013 eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung der Klägerin, mit der diese ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt. Sie macht geltend: Die medizinische Indikation des stationären Aufenthaltes entfalle nicht deswegen, weil dieser gerichtlich angeordnet worden sei. Die Leistungspflicht der Beklagten sei auch nicht nach § 5 Nr. 1 lit. g) MB/KK 94 ausgeschlossen. Eine durch Pflegebedürftigkeit oder Verwahrung bedingte Unterbringung liege nicht vor. Hierunter seien nur die Fälle zu subsumieren, in denen Heilbehandlungs- oder Therapiemöglichkeiten nicht bestehen würden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an sie 91.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.6.2012 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zu...