Entscheidungsstichwort (Thema)
Computer in der Sicherungsverwahrung
Leitsatz (amtlich)
Zum Recht eines Sicherungsverwahrten auf Einbringung eines Computers.
Normenkette
StVollzG § 70
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 17.02.2014; Aktenzeichen 589 StVK 600/13 Vollz) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Sicherungsverwahrten gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 17. Februar 2014 wird auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen, soweit sie sich gegen die Zurückweisung der Untätigkeitsklage richtet.
Im Übrigen wird der angefochtene Beschluss aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung - auch über die insoweit entstandenen Kosten der Rechtsbeschwerde - an die Strafvollstreckungskammer zurückverwiesen.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer befindet sich als Sicherungsverwahrter in der Einrichtung für Sicherungsverwahrte der Justizvollzugsanstalt Tegel.
Mit seinem am 5. November 2013 als Vornahme- und zugleich Verpflichtungsantrag gestellten Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§§ 109 Abs. 1, 113 StVollzG) begehrte er, die Verpflichtung der Justizvollzugsanstalt Tegel auszusprechen, ihm die Einbringung eines handelsüblichen Computers nebst Zubehör und die uneingeschränkte Nutzung des Internets zu genehmigen. Zugleich beantragte er, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm einen Rechtsanwalt beizuordnen.
Die Strafvollstreckungskammer hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung und den Beiordnungsantrag mit Beschluss vom 17. Februar 2014 (als unbegründet) zurückgewiesen.
Mit der hiergegen erhobenen Rechtsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung formellen und materiellen Rechts und beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Berlin zurückzuverweisen. Er sieht durch die Entscheidung unter anderem seine Grundrechte aus Art. 2, 3, 5 und 12 GG sowie mehrere Bestimmungen des SVVollzG Bln verletzt.
II.
Die form- und fristgerecht (§ 118 StVollzG) eingelegte Rechtsbeschwerde erfüllt die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG. Sie hat mit der Sachrüge auch zum Teil Erfolg.
1. Soweit sie sich gegen die Zurückweisung der Untätigkeitsklage richtet, ist sie allerdings unbegründet und war deshalb insoweit auf Kosten des Beschwerdeführers (§ 121 Abs. 4 StVollzG, § 473 Abs. 1 StPO) zu verwerfen. Die Strafvollstreckungskammer hat den Vornahmeantrag zu Recht zurückgewiesen, da die Justizvollzugsanstalt den Antrag des Beschwerdeführers vom 31. Juli 2013 ausweislich der hierzu getroffenen Feststellungen bereits am 31. August 2013 mündlich (ablehnend) beschieden hat. Selbst nach dem Vortrag des Beschwerdeführers hat die Anstalt dessen Begehren mit Schreiben vom 19. Dezember 2013 (nochmals) abgelehnt.
2. Im Übrigen ist das Rechtsmittel zulässig und begründet.
a) Eine Rechtsbeschwerde ist nicht nur zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Sinne des § 116 Abs. 1 StVollzG, sondern auch dann zulässig, wenn die tatsächlichen Feststellungen oder rechtlichen Erwägungen der angefochtenen Entscheidung so unzureichend sind, dass das Beschwerdegericht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG nicht überprüfen kann (zu diesem Zulässigkeitsgrund vgl. OLG Koblenz ZfStrVo 1993, 116; NStE Nr. 3 zu § 116 StVollzG = NStZ 1988, 480; OLG Schleswig SchlHA 2002, 180; OLG Saarbrücken ZfStrVo 2004, 119; Calliess/Müller-Dietz, StVollzG 11. Aufl., § 116 Rdn. 3; Arloth, StVollzG 3. Aufl., § 116 Rdn. 4 mit weit. Nachweisen), jedoch das Vorliegen einer erörterungsbedürftigen Rechtsfrage naheliegt (vgl. OLG Hamm NJW 1978, 553; Senat ZfStrVo 2002, 248; Beschlüsse vom 7. November 2007 - 2/5 Ws 130/06 Vollz - und 27. September 2006 - 5 Ws 35/06 Vollz -) oder nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Strafvollstreckungskammer das sachliche Recht nicht richtig auf den ermittelten Sachverhalt angewendet hat und ihre Entscheidung darauf beruht (vgl. Senat ZfStrVo 2004, 307 = NStZ-RR 2004, 255; Beschlüsse vom 3. Juni 2011 - 2 Ws 18/11 Vollz -, 12. November 2008 - 2 Ws 512/08 Vollz - und 7. Oktober 2003 - 5 Ws 439/03 Vollz -).
In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist insoweit anerkannt, dass die von den Strafvollstreckungskammern erlassenen Beschlüsse grundsätzlich die Anforderungen erfüllen müssen, die § 267 StPO an die Begründung strafrechtlicher Urteile stellt. Dementsprechend hat die Strafvollstreckungskammer die entscheidungserheblichen Tatsachen und rechtlichen Erwägungen so umfassend darzulegen, dass das Rechtsbeschwerdegericht die Entscheidung überprüfen kann (vgl. OLG Celle NStZ-RR 2005, 356; OLG Frankfurt am Main ZfStrVo 2001, 53; Senat, Beschluss vom 15. Juli 2013 - 2 Ws 336/13 Vollz - juris; NStZ-RR 2004, 255). In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass die Strafvollstreckungskammer eine eigene Sachverhaltsdarstellung grundsätzlich nicht durch die Bezugnahme auf (streitiges) Parteivorbringen ersparen darf (vgl. Senat, Beschluss vom 15. Juli 2013 - 2 Ws 336/13 Vollz - juris).