Leitsatz (amtlich)
1. Wird gegen ein Versäumnisurteil Einspruch eingelegt und alsdann über die Hauptsache ein Vergleich geschlossen, so ist die Kostenentscheidung des Versäumnisurteils auch dann keine geeignete Grundlage der Kostenfestsetzung, wenn im Vergleich nur eine Bestimmung über die "weiteren Kosten des Rechtsstreits" und die Kosten des Vergleichs getroffen wird.
2. Der auf der Grundlage des Versäumnisurteils angebrachte Kostenfestsetzungsantrag wird mit dessen Abänderung durch den Vergleich hinfällig. Ist dennoch eine Festsetzung erfolgt und hat der Gegner Beschwerde eingelegt, so kann eine Festsetzung im Beschwerdeverfahren nicht im Wege des Postenaustausches auf der Grundlage der Kostenregelung des Vergleichs erfolgen, da es an einem wirksamen Antrag mangelt.
3. Ist im Prozessvergleich eine Bestimmung nur hinsichtlich der "weiteren Kosten" nach dem Erlass eines Versäumnisurteils getroffen worden, so können die "bis zum Erlass des Versäumnisurteils" entstandenen Kosten jedenfalls dann nicht entsprechend der Kostenentscheidung des Versäumnisurteils festgesetzt werden, wenn unter den Parteien streitig ist, welche Kosten hierunter fallen. Im Zweifel gilt die Regel des § 98 ZPO.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 13.05.2005; Aktenzeichen 19 O 1/05) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben, soweit er gegen den Beklagten zu 1) ergangen ist.
Der Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin vom 11.2.2005 wird, soweit er gegen den Beklagten zu 1) gerichtet ist, zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von 1.623,80 EUR zu tragen.
Gründe
I. Mit der vor dem LG Göttingen erhobenen Klage nahm die Klägerin die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung von 10.225,84 EUR in Anspruch. Der Beklagte zu 1) zeigte Verteidigungsbereitschaft an und rügte die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. Gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO wurde das LG Berlin zum zuständigen Gericht bestimmt. Dieses ordnete - erneut - das schriftliche Vorverfahren an und erließ am 8.2.2005 gegen beide Beklagten ein Versäumnisurteil, nach dessen Ziff. 2 die - zu 1) als Gesamtschuldner verurteilten - Beklagten die Kosten des Rechtsstreits zu tragen haben. Auf den rechtzeitig eingelegten Einspruch des Beklagten zu 1) beschloss das LG die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil gegen den Beklagten zu 1) ohne Sicherheitsleistung, da gegen ihn ein Versäumnisurteil nicht hätte ergehen dürfen.
Im Termin vor dem LG am 8.4.2005 schlossen die Klägerin und der Beklagte zu 1) einen Vergleich, nach dessen Ziff. 1-3 der Beklagte an die Klägerin zum Ausgleich der Klageforderung 5.100 EUR nebst Zinsen in näher bestimmten Raten zu zahlen hat. Ziff. 4 lautet:
Die weiteren Kosten des Rechtsstreits und die Kosten des Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben.
II. Mit dem Kostenfestsetzungsantrag vom 11.2.2005 hat die Klägerin beantragt, die Kosten aufgrund der Kostenentscheidung des Versäumnisurteils gegen die Beklagten festzusetzen, und mit Schriftsatz vom 9.5.2005 an die Erledigung dieses Antrags erinnert. Die Rechtspflegerin des LG hat den als Einzelrichter amtierenden Vorsitzenden um "kurze Klarstellung hinsichtlich der Kostenentscheidung im Vergleich vom 8.4.2005" gebeten. Dieser teilte mit, die Kostenentscheidung des Versäumnisurteils habe weiter Bestand, da die "Kostenentscheidung des Vergleichs" nur die "danach entstandenen weiteren Kosten des Rechtsstreits" betreffe.
Mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13.5.2005 hat das LG die Kosten gegen beide Beklagten als Gesamtschuldner festgesetzt, und zwar entsprechend dem Antrag der Klägerin nach einem Gegenstandswert von 10.225,84 EUR die 1,3-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 VV, eine 0,5-Terminsgebühr gem. Nr. 3104, 3105 VV sowie die von der Klägerin verauslagten Gerichtskosten nach KV 1210 GKG a.F.
Hiergegen wendet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 1), mit der dieser geltend macht, die Kosten des Versäumnisurteils seien ihm nicht aufzuerlegen, da dieses nicht in gesetzlicher Weise ergangen sei; hinsichtlich der Gerichtskosten sei vereinbart, diese gegeneinander aufzuheben, so dass eine Festsetzung zugunsten der Klägerin nicht erfolgen könne.
Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Eine Ermäßigung der Gerichtskosten nach KV 1211 GKG a.F. komme aufgrund des Versäumnisurteils nicht in Betracht. Ob dieses zu Recht ergangen sei, sei im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu prüfen. Das gelte auch für die im Kostenfestsetzungsantrag vom 11.2.2005 ausgewiesenen Anwaltsgebühren, die nach bindender Auskunft des Vorsitzenden von der Kostenentscheidung vom 8.2.2005 umfasst und daher den Beklagten aufzuerlegen seien.
III. Das zulässige Rechtsmittel hat in vollem Umfang Erfolg. Die beantragte Kostenfestsetzung durfte gegen den Beklagten zu 1) nicht ergehen.
1. Grundlage der Kostenfestsetzung ist nach § 103 Abs. 1 ZPO nur ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel. Das Versäumnisurteil vom 8.2.2005 war nach dem g...