Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 09.05.2018; Aktenzeichen 599 StVK 868/11 Bwh 1) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 9. Mai 2018 aufgehoben.
2. Die Bewährungszeit wird um ein Jahr auf insgesamt sechs Jahre und sechs Monate verlängert.
3. Der Antrag der Staatsanwaltschaft München I, die durch Beschluss des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 13. Januar 2012 gewährte Reststrafenaussetzung zur Bewährung zu widerrufen, wird zurückgewiesen.
4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Beschwerdeführer insoweit entstandenen notwendigen Auslagen hat die Landeskasse Berlin zu tragen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht München verurteilte den Beschwerdeführer am 21. Juni 2005, rechtskräftig seit demselben Tag, wegen Diebstahls in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Hausfriedensbruch, wegen vorsätzlicher Körperverletzung und wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung. Die Strafaussetzung wurde widerrufen. Nach Vollstreckung von zwei Dritteln der Gesamtfreiheitsstrafe hat das Landgericht Berlin - Strafvollstreckungskammer - die Reststrafe mit Beschluss vom 13. Januar 2012, rechtskräftig seit dem 21. Januar 2012, ab dem 18. Januar 2012 (TE) auf drei Jahre - mithin bis zum 20. Januar 2015 - zur Bewährung ausgesetzt.
In der Folgezeit beging der Beschwerdeführer weitere Straftaten, die zu erneuten Verurteilungen und nachfolgend jeweils auf Antrag der Staatsanwaltschaft München I zu Verlängerungen der Bewährungszeit sowie schließlich zum Widerruf der Strafaussetzung führten:
1. Das Amtsgericht Tiergarten - 241 Ds 52/13 - verurteilte ihn am 19. April 2013, rechtskräftig seit dem 27. April 2013, wegen Erschleichens von Leistungen (Tatzeit: 21. Mai 2012) zu einer Geldstrafe von 75 Tagessätzen.
Das Landgericht Berlin - Strafvollstreckungskammer - verlängerte daraufhin mit Beschluss vom 6. Januar 2014 die durch den eingangs genannten Beschluss festgesetzte Bewährungszeit um ein Jahr.
2. Am 8. Juli 2014, rechtskräftig seit dem 16. Juli 2014, verhängte das Amtsgericht Tiergarten - 210 Ds 501/14 - gegen den Beschwerdeführer wegen Erschleichens von Leistungen (Tatzeit: 25. Oktober 2013) eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen.
Diese Verurteilung nahm die Strafvollstreckungskammer zum Anlass, die Bewährungszeit mit Beschluss vom 22. April 2016 erneut um ein Jahr zu verlängern.
3. Das Amtsgericht Tiergarten - 431 Ds 167/15 Jug - verurteilte den Beschwerdeführer ferner am 24. August 2016, rechtskräftig seit dem 15. September 2016, wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten, deren Vollstreckung auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer und die damalige Mitangeklagte T. am 30. April 2015 in einer öffentlichen Grünanlage körperliche Intimitäten ausgetauscht und billigend in Kauf genommen hatten, dass sie dabei von zwei nur wenige Meter entfernt sitzenden Mädchen im Alter von zwölf und dreizehn Jahren beobachtet wurden.
Die Strafvollstreckungskammer verlängerte im Hinblick auf diese Straftat die Bewährungszeit mit Beschluss vom 1. März 2017 um ein Jahr und sechs Monate. Ferner unterstellte sie den Verurteilten für die Dauer der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung des zuständigen hauptamtlichen Bewährungshelfers und wies ihn an, sich einmal monatlich bei dem Bewährungshelfer zu den von diesem zu bestimmenden Zeitpunkten zu melden und ihm jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes unverzüglich mitzuteilen.
4. Am 13. Februar 2018 verhängte das Amtsgericht Tiergarten - 244 Ds 138/17 - gegen den Beschwerdeführer wegen Diebstahls in drei Fällen eine Gesamtgeldstrafe von 70 Tagessätzen. Der Beschwerdeführer hatte am 24. Februar 2017 Pomade (Verkaufspreis: 1,65 Euro) und am 27. Februar 2017 zunächst Schuhcreme (Verkaufspreis: 0,49 Euro) und anschließend in einem anderen Geschäft ein Parfüm (Verkaufspreis: 8,95 Euro) entwendet.
Daraufhin hat die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 9. Mai 2018 die Aussetzung der Reststrafe aus dem Beschluss vom 13. Januar 2012 widerrufen. Der Widerruf wurde auf die am 30. April 2015 sowie 24. und 27. Februar 2017 begangenen Taten gestützt.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Verurteilte mit seiner sofortigen Beschwerde. Er trägt mit näherer Begründung vor, seine Lebenssituation habe sich inzwischen stabilisiert, da er seit dem 1. Mai 2017 durch die Z. gGmbH betreut werde. Wegen der Einzelheiten verweist der Senat auf die Schreiben des Beschwerdeführers vom 18. Mai 2018 und 28. Juni 2018 sowie die von ihm eingereichten Unterlagen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 453 Abs. 2 Satz 3, 311 Abs. 2 StPO) und begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Verlängerung der Bewährungszeit.
1. Allerdings sind die formellen Voraussetzunge...