Entscheidungsstichwort (Thema)

Ruhezeitenregelung. Wohnungseigentumssache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Zuständigkeit der Eigentümergemeinschaft, eine Hausordnung zu beschließen, wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Gemeinschaftsordnung die Aufstellung einer Hausordnung durch den Verwalter vorsieht.

2. Regelmäßig ist davon auszugehen, daß die Wohnungseigentümer eine private Ruhezeitenregelung unbeschadet der öffentlich-rechtlichen Lärmbekämpfungsvorschriften treffen.

3. Der Anspruch eines Wohnungseigentümers auf Festlegung weitergehender Pflichten zur Rücksichtnahme, insbesondere zusätzlicher Ruhezeiten durch gerichtliche Entscheidung, setzt über das allgemeine Ruhebedürfnis hinaus besondere Gründe im Einzelfall voraus.

 

Normenkette

WEG § 15 Abs. 2, § 21 Abs. 5 Nr. 1

 

Beteiligte

4. die in dem angefochtenen Beschluß des Landgerichts Berlin vom 30. April – 85 T 306/90 – unter III. genannten Eigentümer

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Spandau (Aktenzeichen 70 II 155/89)

LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 306/90)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin … hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Geschäftswert für die dritte Instanz wird auf 6.700,– DM festgesetzt.

 

Gründe

In der Versammlung vom 23. Oktober 1989 haben die Wohnungseigentümer mehrheitlich u. a. beschlossen:

Zu

TOP

4:

„Eine Ruhezeit für freizeitbedingten Lärm und entsprechende Aktivitäten an jedem Tag ab 20.00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen zwischen 13.00 und 15.00 Uhr einzuführen. Besondere Feste sind von der Ruhezeitregelung ausgenommen.”

Zu

TOP

5:

„Es soll auf der Fläche der sogenannten Spielplatzvariante II vorübergehend eine Tischtennisplatte aufgestellt werden, über weitere Aufstellungen soll in der Frühjahrsversammlung 1990 beschlossen werden. Auf der Fläche der sogenannten Spielplatzvariante I werden ein Spielhaus und zwei kleine Sandkisten und in der Nähe eine Schaukel und Klettergerüst aufgestellt. Es sollen an geeigneter Stelle drei Sitzbänke und ein Tisch aufgestellt werden mit Kosten von ca. 2.200,– DM. Die bisherigen Aufwendungen für die Spielgeräte in Höhe von ca. 2.500,– DM sollen aus der Gemeinschaftskasse getragen werden. …”

Auf den rechtzeitigen Anfechtungsantrag u. a. der Antragstellerin zu 2. hat das Amtsgericht Spandau durch Beschluß vom 17. August 1990 die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 4 und 5 für unwirksam erklärt. Wenn wie hier nach § 3 Abs. 3 des „Gemeinschafts- und Verwaltungsvertrages” die Hausordnung von dem Verwalter aufzustellen ist, stehe den Wohnungseigentümern nicht mehr die Kompetenz zu, ihrerseits eine Hausordnung aufzustellen oder zu ändern, weil damit die dem Verwalter eingeräumte Kompetenz unterlaufen und dessen Verwaltungstätigkeit erschwert werden könne. Hinsichtlich der Anlegung des Spielplatzes entspräche es nur ordnungsmäßiger Verwaltung, ein vollständiges Konzept für die Anlage des Spielplatzes vorzulegen, weshalb Teilbeschlüsse nicht zulässig seien, wobei diese teilweise überdies zu unbestimmt seien.

Auf die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 3. hat das Landgericht durch Beschluß vom 30. April 1991 den amtsgerichtlichen Beschluß geändert und die Anfechtungsanträge zu TOP 4 und 5 zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte sofortige weitere Beschwerde bleibt erfolglos.

Das Rechtsmittel ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig. Insbesondere ist die Antragstellerin zu 2. durch die Aufhebung der von ihr erwirkten amtsgerichtlichen Entscheidung beschwert. Die sofortige weitere Beschwerde ist aber sachlich nicht gerechtfertigt, weil der angefochtene Beschluß rechtsfehlerfrei ist (§ 27 Abs. 1 FGG).

Rechtlich einwandfrei nimmt das Landgericht an, daß die Zuständigkeit der Eigentümergemeinschaft, eine Hausordnung zu beschließen, nicht dadurch ausgeschlossen wird, daß die Gemeinschaftsordnung die Aufstellung einer Hausordnung durch den Verwalter vorsieht. Die Aufstellung einer Hausordnung gehört nach § 21 Abs. 5 Nr. 1 WEG zu einer ordnungsmäßigen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechenden Verwaltung. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums steht nach § 21 Abs. 1 WEG den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu. Zwar macht die genannte Vorschrift eine Ausnahme, soweit nicht durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer etwas anderes bestimmt ist. Die Zuweisung der Kompetenz zum Aufstellen einer Hausordnung an den Verwalter in einer Gemeinschaftsordnung ist aber nicht dahin zu verstehen, daß die Wohnungseigentümer sich dieser Zuständigkeit entäußern. Die Kompetenz des Verwalters ist vielmehr lediglich im Sinne der Vorbereitung und Hilfestellung bezüglich der Zusammenfassung der Gebrauchs- und Verwaltungsregelungen, welche die Hausordnung darstellt, aufzufassen. Denn der Verwalter ist in erster Linie Sachwalter der Eigentümerinteressen. Er hat aber nicht den Wohnungseigentümern etwa gegen deren Mehrheitswillen Gebrauchs- und Verwaltungsregeln vorzuschreiben. Ein Hausordnungsmonopol müßte sich im übrigen ...

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