Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermäßigung der gerichtlichen Verfahrensgebühr bei unterschiedlichem Prozessverhalten von Streitgenossen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ergeht nur gegen einen Teil der mehreren Beklagten insgesamt Anerkenntnisurteil, während das Verfahren gegen die übrigen Beklagten außerhalb von Ermäßigungstatbeständen gemäß Kostenverzeichnis (KV) Nr. 1202 (Nr. 1211 neuer Gliederung) beendet wird, so entsteht gegenüber den entsprechend ihrem Anerkenntnis verurteilten Beklagten lediglich die nach KV Nr. 1202 ermäßigte gerichtliche Verfahrensgebühr.

2. Soweit dies entgegen § 100 Abs. 3 ZPO bei der gerichtlichen Kostenentscheidung nicht berücksichtigt wird, können die Kosteninstanzen grundsätzlich eine so genannte Auslegungskorrektur vornehmen (Ergänzung zu Senat JurBüro 1977, 256).

 

Normenkette

GKG KV Nr. 1202 (Nr. 1211 neuer Gliederung); ZPO § 100 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 32 O 3/01)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird geändert, soweit es um die Festsetzung gegen die Beklagten zu 1) und 4) geht, und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Als von den Beklagten nach den vorläufig vollstreckbaren Urteilen des LG Berlin vom 16.3.2001 und 26.4.2001 an die Klägerin zu erstattende Kosten werden festgesetzt:

1. Die von den Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Anwaltskosten (3.707,50 DM) und Auslagen (19,60 DM) auf insgesamt 3.727,10 DM (in Worten: dreitausendsiebenhundertsiebenundzwanzig 10/100 Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen seit dem 10.5.2001, wovon zu erstatten haben:

a) Die Beklagten zu 1), 2), 3) und 4) als Gesamtschuldner 1.565,38 DM

b) die Beklagten zu 1), 2) und 3) als Gesamtschuldner weitere 596,34 DM

c) die Beklagte zu 1) allein weitere 1.565,38 DM,

2. die von den Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Gerichtskosten über die zu 1. genannten Beträge hinaus auf weitere 3.460 DM (in Worten: dreitausendvierhundertsechzig Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen seit dem 10.5.2001, wovon je nebst anteiliger Zinsen zu erstatten haben, bis dieser Gesamtbetrag erreicht ist:

a) die Beklagten zu 2) und 3) als Gesamtschuldner (wie insoweit unangefochten festgesetzt) 2.357,70 DM,

davon 895 DM in weiterer Gesamtschuldnerschaft mit der Beklagten zu 1),

b) die Beklagte zu 1) 1.355,00 DM,

und zwar bis dieser Betrag erreicht ist bis zu 895 DM als Gesamtschuldnerin mit den Beklagten zu 2) und 3) und bis zu 775 DM als Gesamtschuldnerin mit dem Beklagten zu 4),

c) der Beklagte zu 4) 775 DM,

und zwar als Gesamtschuldner mit der Beklagten zu 1), vgl. oben zu b).

Der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin vom 8.5.2001 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens bei einem Wert von 2.710 DM zu tragen.

 

Gründe

Die Klägerin erhob gegen die vier Beklagten Klage auf Verurteilung der Beklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldner zur Räumung von Gewerberäumen (festgesetzter Wert insoweit 83.728,80 DM) und der Beklagten zu 1) und 4) – dieser als Bürge – zur Zahlung von 60.769,60 DM. Die Klägerin zahlte die von ihr nach dem Gesamtwert von 144.498,40 DM erforderte gerichtliche Verfahrensgebühr gemäß KV Nr. 1201 (KV Nr. 1210 neuer Gliederung) zum GKG, Satz 3,0, i.H.v. 4.065 DM. Es erging Versäumnisteilurteil gegen die Beklagten zu 2) und 3) auf Räumung und i.Ü. aufgrund des Anerkenntnisses der Beklagten zu 1) und 4) gegen dieses Anerkenntnisteil- und Schlussurteil entsprechend den gegen sie gerichteten Klageanträgen.

Die Kostenentscheidung des Schlussurteils lautet:

„Die Beklagten zu 1), 2), 3) und 4) tragen die Kosten des Rechtsstreits zu 42 % wie Gesamtschuldner. In Höhe weiterer 16 % sind die Kosten von den Beklagten zu 1), 2) und 3) als Gesamtschuldnern zu tragen; i.Ü. fallen die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten zu 1) allein zur Last.”

Auf der Grundlage dieser Kostenentscheidung hat die Rechtspflegerin des LG u.a. die von der Klägerin gezahlten Gerichtskosten (4.065 DM) gegen die Beklagten zu 1) bis 4) als Gesamtschuldner zu 42 % mit 1.707,30 DM, gegen die Beklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldner zu weiteren 16 % mit 650,40 DM und gegen die Beklagte zu 1) allein zu weiteren 42 % mit 1.707,30 DM festgesetzt. Dagegen haben die Beklagten zu 1) und 4) sofortige Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen geltend gemacht, im Hinblick auf ihre Beteiligung am Rechtsstreit seien festsetzbare Gerichtskosten nur in Höhe einer nach KV Nr. 1202 (KV Nr. 1211 neuer Gliederung) ermäßigten Verfahrensgebühr, Satz 1,0 entstanden, da das gegen sie gerichtete Verfahren in vollem Umfang durch Anerkenntnisurteil beendet worden sei.

Die sofortige Beschwerde ist begründet. Der von den Beklagten zu 1) und 4) ggü. den festgesetzten Gerichtskosten erhobene Einwand, diese seien ihnen ggü. nur in geringerer Höhe entstanden, ist im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen (vgl. KG, Beschl. v. 27.5.1997 – 1 W 8000/96, KGReport Berlin 1997, 151 m.w.N.). Die Beklagten zu 1) und 4) machen im Grundsatz zutreffend geltend, dass im Umfang des gegen sie ergangenen Anerkenntnisteilurteils die Ermäßigungsvorsc...

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